AS Rom:Der Entfesselte

Champions League - Chelsea vs AS Roma

Edin Dzeko erzielte in London sein hundertstes Tor für die Roma. Das 99. - ebenfalls gegen den FC Chelsea - war sogar noch schöner.

(Foto: Eddie Keogh/Reuters)

Edin Dzeko erzielt sein 99. und 100. Tor für den AS Rom. Ersteres ist besonders schön, letzteres sehr wichtig, um aus einem 0:2-Rückstand beim FC Chelsea noch ein 3:3 zu machen.

Von Birgit Schönau

Lange nichts mehr vom AS Rom gehört, und wenn, dann nichts Gutes. Nach der historischen 1:7-Heimniederlage gegen den FC Bayern vor drei Jahren hatten die Römer sich im Folgejahr im Achtelfinale der Champions League verabschiedet. In der vergangenen Saison kam man in der Europa League auch nicht weiter. Es folgten der tränenreiche Abschied vom ewigen Kapitän Francesco Totti und das unterkühlte Lebewohl für Trainer Luciano Spalletti (jetzt Inter Mailand). Und nun dies: Gala-Abend an der Stamford Bridge, drei Tore gegen Gastgeber und Riesenfavorit Chelsea, zwei davon von Edin Dzeko, der mit seinen 31 Jahren im zweiten Angreifer-Frühling schwebt. In London erzielte der ehemalige Wolfsburger aus Bosnien seinen hundertsten Treffer für die Roma, auf zehn hat er es allein in dieser Saison gebracht.

Geradezu entfesselt wirkt der schüchterne Stoiker Dzeko, gegen Chelsea brachte er erst mit links einen Volleyschuss ins Netz (64.), dann einen Kopfball (70.). Und besiegelte damit zehn Minuten für die Ewigkeit. Zehn Minuten, in denen die Römer führten und davon träumen durften, eine Sensation zu vollbringen und in England zu siegen. Und das, nachdem Chelsea mit David Luiz (11.) und Eden Hazard (37.) in Führung gegangen war. 2:0, damit schien schon alles gesagt zu sein. Doch dann kam Aleksandar Kolarov (40.) und nach der Pause der Dzeko-Doppelpack. Gerettet wurde Chelsea wiederum von Hazard (74.).

Sechs Tore, ein Punkt für jeden. Chelsea bleibt die Gruppenführung, aber die Roma darf sich als Sieger fühlen. Einen Verlierer gab es auch, nämlich Antonio Conte, der expressis verbis alle Schuld auf sich nehmen wollte: "Ich habe das Taktiksystem geändert und alle zum Improvisieren gezwungen." Man kann sich ausmalen, wie sehr es den Perfektionisten Conte wurmt, von einem Nobody wie Eusebio Di Francesco vorgeführt zu werden. Der darf jetzt mit seiner Roma vom Achtelfinale träumen, zumal Atlético Madrid bei Karabach Agdam in Aserbaidschan nur 0:0 spielte. Diego Simeone kommt in diesem Champions-League-Herbst nicht weit mit seinem Nussknacker-Fußball.

Aber auch ein anderer ewiger Finalist stolpert gerade von einem Match zum nächsten: die Juventus aus Turin. Am Mittwoch war dort Sporting Lissabon zu Gast, was die Juve noch vor einem Jahr mit einem leichten Heben einer Augenbraue ausgestanden hätte. Nun aber schenkte nach zwölf Minuten Alex Sandro in Kooperation mit Gigi Buffon den Portugiesen die Führung. Da hub im Juventus Stadium das große Zittern und Haareraufen an. Ein Eigentor! Eine Katastrophe schien sich anzukündigen.

Doch ein Freistoß von Miralem Pjanic brachte den Gleichstand (29.). Und als dann nach der Pause sehr lange sehr viel Leerlauf kam, hatte Trainer Massimiliano Allegri endlich eine Eingebung, wechselte Douglas Costa ein, und siehe da: Kaum hatte der Zugang aus München den Ball, platzierte er eine freche, lange Flanke in den Strafraum, wo Mario Mandzukic stand. Der verwertete kernig zum 2:1. "In Turin lerne ich viel mehr Taktik als damals in München", bekannte Douglas Costa treuherzig. Apropos: Carlo Ancelotti war in London bei den Kollegen Conte und Di Francesco erschienen. Zur Nachhilfe.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: