AS Monaco in der Champions League:Gekauft für nur einen Euro

AS Monaco in der Champions League: Juwel im Fürstentum: Kylian Mbappé, 18, gilt als neues Wunderkind und soll schon 100 Millionen Euro wert sein. In Monaco stürmt er zusammen mit Kapitän Radamel Falcao (o.).

Juwel im Fürstentum: Kylian Mbappé, 18, gilt als neues Wunderkind und soll schon 100 Millionen Euro wert sein. In Monaco stürmt er zusammen mit Kapitän Radamel Falcao (o.).

(Foto: Valery Hache/AFP)
  • AS Monaco ist der Überraschungsgast im Halbfinale der Champions League.
  • Den Erfolg hat Besitzer Dmitrij Rybolowlew mit Geschäftssinn und viel Geld möglich gemacht.
  • Gegen Juventus Turin soll Superstürmer Kylian Mbappé wieder für Tore sorgen.

Von Oliver Meiler

Wenn Dmitrij Rybolowlew auf der Terrasse seines Penthouses im Palais "La Belle Epoque" in Monaco steht, der offenbar teuersten Wohnung der Welt, und wenn er dort geradeaus schaut, dann sieht er nur Meer. Liegt er am Schwimmbad, einem sogenannten "Infinity-Pool", wirkt es so, als liefe das Wasser des Bassins direkt über ins Wasser des Mittelmeers. Nahtlos, endlos, tief blau.

Dies ist eine hübsche Illusion, Superreichen vorbehalten. Und vielleicht kommt es dem russischen Multimilliardär so vor, als sei auch der Erfolg, den er nun im Fußball feiert, solch ein wahr gewordener Traum. Wobei man gleich anfügen muss, dass Dmitrij Rybolowlew aus Perm, 50 Jahre alt, nicht der Ruf nacheilt, ein besonders romantischer, verträumter Mensch zu sein - eher im Gegenteil. Seit 2011 ist er Besitzer und Präsident von AS Monaco, dem Halbfinalisten der Champions League und Gegner von Juventus Turin. In diesen fünfeinhalb Jahren führte er den Verein mit kalter Methodik und reichlich Geschäftssinn von ganz unten nach ganz oben. Fußball war ihm davor fremd gewesen.

Rybolowlew schlug zu, als der Verein am Boden lag. Abgestiegen in die Ligue 2, Frankreichs zweite Liga, und auch dort ans Tabellenende abgerutscht. Für einen symbolischen Euro gab es die Association Sportive zu kaufen, so aussichtslos war deren Lage. Fürst Albert II., selbst ein großer Sportfreund, gab die Kontrolle über den Klub erstmals in der Geschichte aus der Hand der Grimaldis und begnügte sich mit einem Drittel der Anteile. Das gab viel zu reden in Monaco. Es wurde auch spekuliert, Rybolowlew habe den Verein nur gekauft, weil er sich ausrechnete, dass man ihm dann den monegassischen Pass geben würde. Von dem versprach er sich offenbar mehr Schutz vor der Justiz, internationalen Steuerfahndern und vor einem eventuellen Rachegriff Wladimir Putins.

Monaco ist frisch, fröhlich, sympathisch

Es ist eine barocke Geschichte, die diesen diskreten Geschäftsmann mit der frischesten, fröhlichsten und wohl sympathischsten Mannschaft aus dem Quartett von Europas besten Fußballvereinen dieser Saison verbindet. Als Jugendlicher spielte Rybolowlew Eishockey, das war in Perm immer schon größer als Fußball. Seine Eltern waren Ärzte, Mittelschicht. Dmitrij studierte ebenfalls Medizin und spezialisierte sich auf Kardiologie. Praktizieren sollte er aber nie.

Es waren die Jahre des großen Wandels. Die Sowjetunion fiel auseinander, mit ihr kollabierte das alte System. Die Rybolowlews, Vater und Sohn, hatten mit einer Firma für elektromagnetische Behandlungen etwas Geld gemacht. Der Junior ersann für sich früh eine große Laufbahn und trachtete nach dem örtlichen Bergbaukonzern, der Uralkali, die mit Dünger handelt. Man erzählt sich, er habe den Mitarbeitern Wodka und Ladas gegen ihre Anteile geboten, bis er die Mehrheit an der Firma besaß.

Uralkali wurde zum Weltkonzern. Aus eigener Kraft habe er das geschafft, erzählt er, wenn er sich mit Journalisten unterhält, was selten passiert. Er mag es deshalb nicht, wenn man ihn einen Oligarchen nennt, einen Günstling des Systems. In der Heimat wurde er als "Kali-König" bekannt. Elf Monate saß er dort im Gefängnis, weil man ihn bezichtigte, den Mord an einem Geschäftsrivalen in Auftrag gegeben zu haben. Später wurde er vollständig entlastet, diese Erfahrung hat ihn gezeichnet. Für seine Freunde ist sie der ultimative Beleg dafür, dass er kein Oligarch ist.

AS Monaco in der Champions League: Adel verpflichtet: Klub-Besitzer Dmitrij Rybolowlew (links) beherbergt Fürst Albert von Monaco in seiner Loge.

Adel verpflichtet: Klub-Besitzer Dmitrij Rybolowlew (links) beherbergt Fürst Albert von Monaco in seiner Loge.

(Foto: Valéry Hache/AFP)

Mitte der Neunziger zog Rybolowlew mit seiner Frau nach Genf, um sich dem postsowjetischen Chaos und dessen Unwägbarkeiten zu entziehen. Auch Jelena, seine Frau, sollte bald weltberühmt werden, was dem Gatten nicht eben zum Ruhm gereichte. Er hatte sie an der Universität in Perm kennengelernt. Sie heirateten früh, bekamen zwei Töchter. Rybolowlew war oft weg von zu Hause, nicht nur beruflich. Während des langen Rosenkriegs räumte Rybolowlew ein, dass er wahrscheinlich "nicht der ideale Ehemann" gewesen sei. Sie nannte ihn einen "serienmäßigen Betrüger" und forderte die Hälfte des Vermögens, über vier Milliarden Euro. In erster Instanz bekam sie das Geld tatsächlich zugesprochen. In der Presse lief die Geschichte als "Jahrhundertscheidung". In zweiter Instanz wurde die Entschädigung auf 564 Millionen Euro reduziert. Die beiden einigten sich in einem Vergleich, über dessen genauen Inhalt nie etwas publik wurde.

2010 verkaufte Rybolowlew Uralkali. Angeblich hatte ihn Putin dazu gedrängt, ja gezwungen. Plötzlich war noch mehr Geld für Luxusimmobilien vorhanden. Rybolowlew kaufte unter anderem das Anwesen "Maison de l' Amitié" in Palm Beach, Florida. Für 95 Millionen Dollar, cash. Der Verkäufer hieß Donald Trump, und der posaunte danach: "It was a great deal." Er, Trump, sei nun mal super in Immobiliengeschäften. Nun, offenbar war Rybolowlew darin noch besser - Trump hatte sich nämlich 125 Millionen erhofft.

Russen erfreuen sich am Bling Bling

Zum Fußball kam Rybolowlew zufällig. Als Roman Abramowitsch, seinerseits ein lupenreiner Oligarch, 2003 den FC Chelsea gekauft hatte, reiste Rybolowlew nach London, um sich das mal anzuschauen. Er setzte sich nicht auf die Ehrentribüne an der Stamford Bridge, wie er es seinem Biografen Arnaud Ramsay erzählte, er stellte sich mitten in die Fans. Um die Emotionen zu spüren. Von da an habe er gewusst, dass auch er mal einen Verein besitzen würde. Er mietete sich eine Loge im Old Trafford und schaute sich Heimspiele von Manchester United an, um den Sport besser zu verstehen. So jedenfalls geht die Legende.

Als AS Monaco zum Verkauf stand, meldete er sich sofort. Monaco sei sein Traumland, sagte er dem Magazin Paris Match, er liebe das Klima an der Riviera, die gute Lebensqualität. Vielen reichen Russen geht es so. Der zwei Quadratkilometer kleine Flecken, 38 000 Einwohner, bietet überdurchschnittlich viel Bling-Bling und Status, Kasinos und Clubs und günstige Steuerverhältnisse. Doch seine frühere Frau habe sich immer gegen einen Umzug gesträubt. Nun war er ja frei, und Geld hatte er auch. Monaco holte Claudio Ranieri als Coach und einige Spieler, die heillos überqualifiziert waren für das Niveau der Ligue 2. Nach anderthalb Jahren stieg AS auf. Rybolowlew aber wollte viel mehr. Man stellte ihm den portugiesischen Spielervermittler Jorge Mendes vor, eine Art Castingdirektor des Fußballzirkus.

Champions League

Halbfinale - Hinspiele

Real Madrid - Atlético Madrid

AS Monaco - Juventus Turin Mi., 20.45 Rückspiele

Juventus Turin - AS Monaco Di., 9.5.

Atlético Madrid - Real Madrid Mi., 10.5. Finale: Samstag, 3. Juni, 20.45 Uhr in Cardiff.

Der sorgte gegen hohe Kommissionen und 130 Millionen Euro Transfergeld dafür, dass gleich fünf große Namen aus seinem Karteikasten nach Monaco wechselten: Moutinho, James Rodríguez, Carvalho, Fabinho und vor allem: Radamel Falcao. Man wunderte sich, warum der kolumbianische Mittelstürmer, um den damals alle großen Vereine Europas warben, ausgerechnet nach Monaco zog, wo durchschnittlich 7500 Zuschauer ins Stadion kommen. Ein Grund war wohl das hohe Nettosalär, in Monaco gibt es keine Einkommensteuer. Selbst über Cristiano Ronaldo, die Hauptaktie in Mendes' Portfolio, soll schon verhandelt worden sein.

Der schillernde Spieleragent Jorge Mendes

Die Geschäftsbeziehungen zwischen Rybolowlew und Mendes sind offenbar enger, als das Gesetz es vorsieht. Aus den "Football Leaks" ging hervor, dass die beiden auf Zypern heimlich einen Investmentfond mit dem schönen Namen Browsefish Limited unterhielten, in dem sie die Rechte an Spielern gebündelt hatten. So soll es schon vorgekommen sein, dass Rybolowlew beim Spielerkauf die Interessen unbotmäßig vermengte. Überhaupt scheint der Fußball-Mercato ein besonders interessantes Geschäft zu sein. In der relativ kurzen Ära Rybolowlew tätigte Monaco 197 Transfer- und Leihoperationen. Ein Wirbel ist das, ein ständiges Kommen und Gehen.

Seit zwei Jahren konzentriert sich Monaco nun auf die Förderung von jungen, talentierten Spielern, die eine Weile im europäischen Schaufenster ihre Kunststücke vorführen dürfen und dann teuer verkauft werden. Acht von elf Stammspielern sind unter 23 Jahre, für alle gibt es interessante Offerten. Unter ihnen: Kylian Mbappé, das neue Wunderkind. Der ist erst 18, aber schon 100 Millionen Euro wert. So geht die Rechnung jedes Klubbesitzers auf. Und weil Rybolowlew der Romantik ganz entsagt, lässt er auch die Lieblinge des Publikums locker ziehen und holt dann neue.

Bisher funktioniert das Modell, fußballerisch begeistert es sogar. Monaco steht kurz vor dem Gewinn der französischen Meisterschaft, es wäre der erste Titel seit 17 Jahren. Auf den monegassischen Pass wartet Rybolowlew aber noch immer. Der Fürst, hört man, habe nie verwunden, dass er seinen Verein diesem reichen und rätselhaften Russen verkaufen musste.

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