Arsenal:Vertrauen in Wenger hat einen Tiefpunkt erreicht

Lesezeit: 2 min

Seit 1996 Trainer beim FC Arsenal: Arsène Wenger. (Foto: dpa)
  • Nach zwei Niederlagen in der Liga rettet sich Arsenal gegen Hull City irgenwie zu einem Sieg.
  • Viele Fans protestieren gegen den ewigen Trainer Arsène Wenger, doch der bestimmt selbst über seine Zukunft.
  • Die wird jedoch auch vom Champions-League-Achtelfinale gegen den FC Bayern abhängen.

Von Raphael Honigstein, London

"Es war heute ein Frage der Mathematik, nicht der Brillanz", fasste Arsène Wenger mit spitzem Lächeln das Geschehen zusammen. Das Offensivspiel seiner Elf war gegen Abstiegskandidat Hull City ab und an wie eine Straßenlampe mit Wackelkontakt nervös aufgeflackert, richtig hell wurde der düstere Samstagmittag davon nicht. Am Ende der Zitternummer ging aber wenigstens die Rechnung auf: Zwei Tore von Stürmer Alexis Sanchez und ein sauberer Kasten von Torwart Petr Cech ergaben in der Summe drei immens wichtige Punkte für das Rennen um die Champions-League-Plätze, aber vor allem gegen den allgemeinen Verdruss.

Zwei klägliche Liganiederlagen in Folge (1:3 gegen Chelsea, 1:2 gegen Watford) hatten vor dem 2:0 (1:0) über die Gäste aus der Provinz die Anhängerschaft der Gunners in Aufruhr versetzt. Von Protestplakaten gegen Wenger war die Rede, und von einem Mini-Boykott mit 10 000 leeren Plätzen im Stadion. Viele Fans wünschen sich nach 13 Jahren ohne Meistertitel eine Veränderung auf der Bank, das Vertrauen in den 67-jährigen Elsässer, seit 1997 im Amt, hat einen historischen Tiefpunkt erreicht.

Der Klubvorstand sieht sich erstmals nach möglichen Nachfolgern um - unter anderem stehen Thomas Tuchel (Dortmund) und Ralph Hasenhüttl (Leipzig) unter Beobachtung -, doch die Entscheidung über seinen Verbleib trifft allein Wenger. Ihm liegt das Angebot einer Vertragsverlängerung bis 2020 vor. Dem amerikanischen Arsenal-Besitzer Stan Kroenke ist Stabilität - sprich die ständige Teilnahme an der Champions League - wichtiger als Konkurrenzfähigkeit im Titelkampf, zudem erfreut er sich an Wengers vergleichsweise sparsamer Transferpolitik.

Zuletzt verfestigte sich der Eindruck, dem Franzosen könnten die Anfeindungen aus der Basis allmählich zu viel werden. "Er wirkte müde und meinte, seine Zeit würde dem Ende entgegen gehen", berichtete Ex-Arsenal-Torjäger Ian Wright, 53, nach einem gemeinsamen Essen mit Edelfans am Donnerstag der BBC. Wrights Einschätzung hatte interessanterweise einen beruhigenden Effekt auf das Publikum im Stadion. Denn anstelle von bitteren Ressentiments war nur die übliche, leicht verzweifelte Apathie zu orten.

"Wer zwei Mal verliert, muss mit einem Sturm rechnen"

Wenger hatte die Partie im Stadionheft als Charaktertest bezeichnet, "die Mannschaft kann zeigen, aus welchem Stoff sie gemacht ist", schrieb er, "wer zwei Mal verliert, muss mit einem Sturm rechnen".

So richtig wetterfest wirkte seine Mannschaft jedoch nicht. Im Mittelfeld klaffte ohne den gesperrten Schweizer Granit Xhaka ein riesiges Loch, Spielmacher Mesut Özil mühte sich energisch, aber vergebens, Effizienz in die planlosen Angriffsbemühungen zu bringen. Hull war allerdings nicht in der Lage, die Verunsicherung bei den Hausherren zu nutzen. Die Tore für das individuell zwei Klassen stärker besetzte Arsenal fielen so trotz aller Defizite zwangsläufig und glücklich. Stürmer Alexis Sanchez bekam beim 1:0 (34.) den Ball aus nächster Nähe an die Hand geschossen, Schiedsrichter Mark Clattenburg ließ auf Anweisung seines Assistenten das Tor zählen, entschuldigte sich aber nach Studium der Fernsehbilder bei Hull für seinen Fehler. In der Schlussminute war es Hull-Verteidiger Sam Clucas, der auf der Linie den Ball mit dem Arm spielte. Sanchez verwandelte den Strafstoß (90.), die Ausweitung der Krise war damit verhindert und Wengers Laune deutlich verbessert.

Er habe in all den Jahren noch nie drei Ligaspiele in Folge verloren, beschied er seinen Kritikern im Pressezimmer angriffslustig. Zudem habe sich Ian Wright geirrt: "Ich habe ihm nichts über meine Zukunft gesagt", stellte Wenger klar, "ich war vielleicht müde, aber nur, weil ich früh aufstehe. Ich freue mich jedoch, dass Sie sich so sehr um mich sorgen und mir eine Ruhepause verschaffen wollen."

Ob Wenger über den Sommer hinaus weiter macht, hängt auch vom Champions-League-Abschneiden ab. Arsenal schied sechs Mal in Serie im Achtelfinale aus, in dieser miesen Statistik liegt für Wenger die Chance, sich und den Fans mit einem Erfolg gegen Bayern zu beweisen, dass es nicht vorbei sein muss. Der Anfang vom Ende ist erst mal auf den Mittwoch in München vertagt.

© SZ vom 13.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Premier League
:FC Liverpool ist wieder da

Nach dem schlechtesten Jahresauftakt seit 20 Jahren gewinnt Liverpool wieder ein Spiel: Das Team von Jürgen Klopp tut sich gegen Topteams wie Tottenham einfach leichter.

Von Sven Haist

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: