Arsenal in der Champions League:Alexis sagt Arsenal wohl bald Adiós

  • Was wird beim FC Arsenal aus Stürmer Alexis Sanchez?
  • Vor dem Champions-League-Rückspiel gegen den FC Bayern sorgt der Chilene in London für Unruhe.
  • Vielleicht ist er einfach zu gut für Arsenals dysfunktionale Mannschaft.

Von Javier Cáceres

Manche Ideen sind so wunderbar, dass es ein Jammer ist, wenn sich jemand an ihrer Umsetzung versucht: jene Idee etwa, die nach dem 1:5 des FC Arsenal beim FC Bayern im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League entstand, in Chile, der Heimat von Alexis Sánchez. Erzürnte Sympathisanten von Alexis riefen zu einem "Nationalen Marsch" auf, um den Stürmer der Gunners zum Abschied aus London zu bewegen. "Wir Chilenen sind es leid, einen unserer Stars allein arbeiten zu sehen", hieß es in dem Aufruf, der in der virtuellen Welt die Unterstützung von 12 000 Menschen erhielt.

"Die Wahrheit ist, dass es uns einen Dreck interessiert, wo er spielt, wir wollen nur sehen, dass er mit zehn anderen kämpft, um Resultate zu erzielen. Nicht mehr allein." Die Geschichte machte nicht nur im langen Land, sondern weltweit Schlagzeilen, doch als der Termin der Demonstration da war, verloren sich nur eine Handvoll Alexis-Fans in Santiago, die ihr Idol öffentlich zum Abschied aus dem 11 600 Kilometer entfernten London bewegen wollten.

Andererseits: Wenn all die Geschichten stimmen, die kursieren, bedarf Alexis, wie er sich gerne nennen lässt, nicht mehr des Anstoßes der Massen, um dem FC Arsenal den Rücken zu kehren. Vor dem Rückspiel gegen die Bayern an diesem Dienstag saß er beim samstäglichen 1:3 gegen den FC Liverpool nur auf der Bank. Der Telegraph berichtete, dass die von Trainer Arsène Wenger angeführten taktischen Gründe ("Ich wollte mit zwei kopfballstarken Stürmern spielen") ein Rauchschleier waren, hinter dem ein Eklat verschwinden sollte. Angeblich hatte Alexis in der vergangenen Woche eine Trainingseinheit abgebrochen.

Champions League Achtelfinale – Rückspiele

Dienstag, 7. März, 20.45 Uhr

FC Arsenal - Bayern München Hinspiel: 1:5

SSC Neapel - Real Madrid 1:3

Mittwoch, 8. März, 20.45 Uhr

Bor. Dortmund - Benfica Lissabon ZDF / 0:1

FC Barcelona - Paris St. Germain 0:4

Dienstag, 14. März, 20.45 Uhr

Juventus Turin - FC Porto 2:0

Leicester City - FC Sevilla 1:2

Mittwoch, 15. März, 20.45 Uhr

AS Monaco - Manchester City 3:5

Atlético Madrid - Bayer 04 Leverkusen 4:2

Die weiteren Termine

Viertelfinale 11./12. bzw. 18./19. April (Auslosung am Freitag, den 17.30 Uhr in Nyon).

Halbfinale: 2./3. bzw. 9./10. Mai. Finale (in Cardiff/Wales): 3. Juni 2017.

Am Montag nannte Wenger die Berichte "komplett falsch"; zuvor hatte es beim öffentlichen Training einen nachgerade demonstrativen Handschlag zwischen Alexis und Wenger gegeben. In London gehen die Meinungen auseinander, ob der Stürmer in der vergangenen Woche tatsächlich wutentbrannt das Training verlassen hatte; als verbürgt aber gilt, dass sich Alexis, 28, massiv mit ein paar Mitspielern angelegt hat. Zu allem Überfluss zeigten Fernsehbilder, dass Alexis am Samstag die Führung des FC Liverpool auf der Bank mit einem maliziös wirkenden Lachen quittierte. Er selbst wurde in der zweiten Hälfte zwar eingewechselt -, aber zu spät, um dem Spiel noch eine Wendung zu geben. Der FC Liverpool verdrängte den FC Arsenal in der Tabelle von Platz vier.

Seit 2014 ist Alexis nun beim FC Arsenal, nach zuvor drei Spielzeiten beim FC Barcelona. Dass er die katalanische Hauptstadt damals verließ, hatte viel mit einem Wesenszug des Alexis zu tun, der auch jetzt bei seinem offenkundigen Zerwürfnis in London eine zentrale Rolle spielen dürfte: der Stolz. In Barcelona waren damals schon die Planstellen im Sturm außerordentlich exquisit besetzt - vor allem durch Lionel Messi - zudem holten die Katalanen den Brasilianer Neymar.

Alexis war bei Cobreloa, Colo Colo, River Plate Buenos Aires und Udinese das Wunderkind gewesen, "el Niño Maravilla", und wollte das auch bleiben. Er fühlt sich als ein Leader - in der chilenischen Nationalelf sowieso, die er zu zwei Copa-América-Titeln führte (2015/2016), aber auch in seinen Klubs. Er wollte eine Hauptdarsteller-Rolle ausfüllen, die ihm bei Barcelona niemand garantieren konnte, wohl aber Wenger, der ihm auch noch mehr Geld bot, als er in Barcelona verdiente: angeblich 150 000 Euro pro Woche.

Er ist kombinationsfreudiger geworden

In England hat Alexis seither 46 Tore in 91 Premier-League-Spielen erzielt; allein in dieser Saison war er an 37 Pflichtspieltoren direkt beteiligt, 20 davon schoss er selbst. Seine gesteigerte Produktivität ist auch darauf zurückzuführen, dass er seinem Hang zu epischen Solo-Improvisationen nicht mehr so häufig nachgibt wie zu Beginn seiner Karriere, er ist kombinationsfreudiger geworden.

In dieser für den FC Arsenal so wechselhaften Saison ist er der Einzige, der durchgehend gute Leistungen geliefert hat, und in London ist es längst Konsens, dass ein Adiós des Chilenen den Klub viel härter treffen würde als ein Abgang des ebenfalls umschwärmten deutschen Nationalspielers Mesut Özil. Dass Alexis geht, gilt inzwischen als höchstwahrscheinlich. Er hat offenkundig das Gefühl, in London zu stagnieren.

Mit dem FC Arsenal hat er nur einen FA-Cup gewonnen, im Sommer 2015. In der Retina der Arsenal-Fans hat sich eingebrannt, wie Alexis in München nach dem 1:5 auf dem Rasen der Arena saß - frustriert, enttäuscht, allein. "Wenn ich er wäre, würde ich auch gehen wollen", sagte die frühere Arsenal-Legende Ian Wright daraufhin dem Rundfunksender BBC.

Über einen Mangel an Interessenten kann sich Alexis Sánchez jedenfalls nicht beklagen. Mal wird der FC Bayern genannt - wo man mit Hochachtung über ihn spricht -, mal heißt es, den Chilenen ziehe es zurück nach Spanien, zum FC Sevilla, wo Chiles früherer Nationalcoach Jorge Sampaoli arbeitet, oder auch zu Atlético Madrid. Alexis ist aber auch bei seinem früheren Barça-Coach Pep Guardiola wohlgelitten, und der würde bei Manchester City gerne den Argentinier Sergio Agüero ersetzen. Am hartnäckigsten halten sich freilich die Gerüchte, wonach Paris St. Germain und Juventus Turin um Alexis buhlen.

Die Entscheidung über die Zukunft des Spielers obliege allein dem FC Arsenal, sagte Wenger am Montag, und verwies auf den bis 2018 datierten Vertrag des Chilenen. Doch Reisende lassen sich auch in London nicht aufhalten, erst recht nicht, wenn sie als Wunderkinder gelten.

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