Arne Friedrich löst Vertrag auf:Nichts wie weg aus Wolfsburg

Einst hat Arne Friedrich zu den besten Abwehrspielern der Welt gehört. Mit dem Wechsel zum VfL Wolfsburg begann sein rasanter Abstieg. Dass Friedrich nun seinen Vertrag beim Bundesligisten auflöst, ist folgerichtig. Schuld daran hat auch sein aktueller Trainer Felix Magath.

Christof Kneer

Gerard Piqué? Ja, Piqué könnte besser gewesen sein, vielleicht. Carles Puyol? Er hat im Halbfinale das Siegtor gegen Deutschland gemacht, das ist ein Pluspunkt, gegen den man schwer ankommt, vielleicht muss man also fair sein und sagen: Okay, Puyol hat die Berufung ins All-Star-Team der WM 2010 verdient.

Aber sonst? Vidic, Terry, Lucio? Niemals! Cannavaro, Gallas, Heitinga? Lächerlich! Keiner von ihnen hatte eine Chance gegen diesen drahtigen, schnellen, kopfballbegabten, führungsstarken und torgefährlichen Verteidiger der deutschen Nationalelf. Keiner hatte eine Chance gegen Arne Friedrich.

Am Montag kam die Meldung, dass Arne Friedrich, 32, seinen Vertrag beim VfL Wolfsburg aufgelöst hat, mitten in der Saison. Das ist insofern eine Überraschung, weil man vergessen hatte, dass Friedrich überhaupt in Wolfsburg spielt. Er hat 15 Spiele bestritten für den VfL, verteilt auf 14 Monate, ansonsten ist er vor allem als Bandscheiben-Patient aufgefallen.

"Ich werde die nächsten Wochen nutzen, um gut zu überlegen, wie es weitergeht und welchen Weg ich einschlagen möchte", ließ Friedrich auf seiner Homepage mitteilen. Er bedaure diese Entscheidung, teilt Wolfsburgs Gebieter Felix Magath per Klubkommuniqué mit, "wir wünschen ihm für seine Zukunft alles Gute". Das Zweite (gute Wünsche) kann man Magath unter Umständen abnehmen, das erste (Bedauern) eher nicht. Magath kann mit Friedrich so viel anfangen wie Friedrich mit Magath.

So spektakulär Friedrichs Aufstieg vom notdürftig geduldeten Nationalspieler zum vortrefflichen WM-Spieler war, so spektakulär wirkt jetzt sein Sturz von der großen Bühne. Bei der WM schienen die schicksten Namen gerade schick genug für diesen lange als Biedermann verkannten Verteidiger, der es geschafft hatte, vor der WM mit Hertha BSC abzusteigen. Der FC Chelsea habe Interesse, hieß es, am Ende wurde es Wolfsburg. Er wolle mit dem VfL in die Champions League, sagte Friedrich, und keiner lachte. Alles erschien vorstellbar damals, so gut war er drauf.

Nach dem Wechsel hat er sich im Training gleich die Bandscheibe lädiert, er wurde operiert, fehlte ein halbes Jahr, kam zurück, spielte eher passabel als gut. In diesem Sommer zwang ihn der Rücken erneut zur Pause, er wurde nicht operiert, aber von einem Platz im Team war er zuletzt so weit entfernt wie der VfL von der Champions League.

Magaths Mitschuld

Im Moment kann keiner sagen, ob Friedrich überhaupt noch mal spielt, er hat das in seiner Erklärung demonstrativ offen gelassen. Er hat zuletzt wieder bei der U23 des VfL Wolfsburg trainiert, aber er ist noch nicht offiziell gesund geschrieben. Er könne niemanden ins Profitraining integrieren, der nicht alle Übungen mitmachen könne, meinte Magath kühl.

Vor ein paar Wochen hat er ohne Not mit einem möglichen Karriere-Ende seines Innenverteidigers spekuliert, und man kann sich vorstellen, wie sehr das seinem Innenverteidiger gefallen hat.

Arne Friedrich muss raus aus Wolfsburg, das ist die banale Wahrheit hinter dieser erstaunlichen Kündigung. Er hat nur Pech gehabt an diesem Ort, er ist nie warm geworden mit ihm, und weil er als Intimus des ehemals mächtigen Dieter Hoeneß gilt, hat ihm der aktuell mächtige Magath von Anfang an sein herzlichstes Misstrauen geschenkt.

Friedrich hat nun viel Zeit, um Körper und Geist zu stärken, in den großen Ligen gilt bis Januar ein Transferverbot. Es ist eine traurige Pointe dieser kuriosen Karriere, dass es Friedrich bei der EM 2012 wohl wieder nicht ins All-Star-Team schaffen wird. Diesmal aber, weil er bei dem Turnier gar nicht dabei ist.

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