Armstrong-Rückkehr:"Die UCI ist ein mafiöser Klub"

Lance Armstrong startet 2009 sein Comeback - doch das stößt nicht überall auf Begeisterung. Selbst im neuen Rennstall gibt es einen Fahrer, der damit ein Problem hat.

Anti-Doping-Experte Werner Franke hat die bevorstehende Rückkehr des siebenmaligen Toursiegers Lance Armstrong scharf kritisiert. "Es gibt sechs positive Befunde von ihm. In jeder anderen Sportart wäre er gesperrt worden. Für mich ist er positiv. Er hat sich der Strafe entzogen", sagte der Molekularbiologe aus Heidelberg dem sid: "Die UCI ist ein mafiöser Klub. Es hat sich nachweislich nichts geändert. Der Ruf des Radsports ist noch weiter in den Keller gegangen."

Armstrong-Rückkehr: Wieder da, doch nicht bei allen erwünscht: Lance Armstrong startet im kommenden Jahr fürs Astana-Team.

Wieder da, doch nicht bei allen erwünscht: Lance Armstrong startet im kommenden Jahr fürs Astana-Team.

(Foto: Foto: dpa)

Auch die ARD fand zum Comeback des siebenmaligen Toursiegers kritische Worte. "Wir legen keinen großen Wert auf seine Rückkehr. Er ist ein Sportler der alten Zeit des Radsports. Wir hoffen, dass sich die Situation noch anders darstellen wird als es momentan aussieht", sagte ARD-Pressesprecher Peter Meyer dem sid.

Inwieweit die angekündigte Rückkehr Armstrongs Einfluss auf die Entscheidung der Intendanten hinsichtlich einer möglichen Fortführung der Tour-Berichterstattung hat, ließ Meyer offen. "Ich kann mir vorstellen, dass es mit in die Entscheidung einfließt. Aber alles andere wäre Kaffeesatzleserei", sagte Meyer: "Wir warten ab, wie sich die ASO (Tour-Veranstalter, d.Red.) bei diesem Thema positionieren wird."

Armstrongs Pläne bezüglich engmaschiger Dopingkontrollen während seines Comebacks im Profiradsport überzeugte nicht alle Kritiker des siebenmaligen Tour-Siegers. "So lange die Kontrollen nicht in einem offiziell akkreditierten Labor des Internationalen Olympischen Komitees oder der Wada analysiert werden, beweisen die angekündigten Tests nur wenig. Die einfache Tatsache, dass ein Wissenschaftler X sagen würde, Lance sei sauber, bedeutet nichts", sagte Richard Pound, der frühere Chef der Welt-Antidoping-Agentur.

Pound erneuert Zweifel

Der Kanadier bezog sich auf Armstrongs Äußerungen bei seiner Comeback-Pressekonferenz am Mittwoch in New York. Dabei hatte der Texaner erklärt, zusammen mit dem US-Antidoping-Experten Don Catlin "das fortschrittlichste Kontrollsystem" zum Nachweis regulär erbrachter Leistungen nutzen zu wollen.

Pound erneuerte außerdem seine persönlichen Zweifel an Armstrong und erinnerte an den Doping-Verdacht von 2005 gegen den Tour-Rekordsieger. Kurz nach Armstrongs Rücktritt hatte die französische Sportzeitung L'Equipe dem Amerikaner damals unter Berufung auf die Auswertung tiefgefrorener Proben von 1999 Epo-Doping vorgeworfen. Eine Untersuchungskommission des Weltverbandes UCI wies diese Anschuldigungen allerdings zurück.

"Wenn Armstrong denkt, dass sich durch seine Rückkehr alle dunklen Wolken verziehen, so wird er dennoch den gleichen Fragen wie damals begegnen. Die Fragezeichen sind immer noch da, und sein Comeback wirft mindestens so viele Fragen auf wie es beantwortet", sagte Pound: "Er muss immer noch erklären, warum sechs seiner Proben positiv auf Epo getestet werden konnten."

Was macht Contador?

Der spanische Radprofi Alberto Contador ließ offen, ob er nach dem Comeback von Lance Armstrong mit dem siebenmalige Tour-Sieger künftig bei Astana für eine Mannschaft fahren wird. "Ich will im kommenden Jahr um den Gewinn der Tour de France kämpfen, ob mit oder ohne Armstrong", sagte der Astana-Kapitän nach spanischen Presseberichten vom Donnerstag. "Wenn man mir bei dieser Zielsetzung Hindernisse in den Weg legt, werde ich mich anderweitig umschauen. Ich habe schon entsprechende Angebote bekommen." Der Gewinner des diesjährigen Giro d'Italia und der Vuelta de España schloss allerdings eine Zusammenarbeit mit dem 37-jährigen Texaner auch nicht grundsätzlich aus.

"Zuerst muss ich mit Astana-Teamchef Johan Bruyneel und mit Lance selbst sprechen und sehen, wie deren Pläne aussehen", sagte Contador dem Madrider Sportblatt Marca. "Die Leute erwarten jetzt, dass es Streit gibt. Aber ich habe nichts gegen Armstrong. Ihn bei uns im Astana-Team zu haben, würde mich zusätzlich motivieren." In anderen Sportarten sei es nicht ungewöhnlich, dass Mannschaften zwei oder drei Anführer hätten. Zuvor hatte Contador betont, er habe es verdient, bei Astana weiterhin Kapitän zu bleiben.

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