Armin Veh beim 1. FC Köln:Kölner Kreativlösung

Armin Veh

Ich bin auch noch da: Bis zu seinem Engagement in Köln hat sich der ehemalige Meistertrainer Armin Veh, 56, als Fernseh-Experte in Erinnerung gehalten.

(Foto: Arne Dedert/dpa)
  • Der 1. FC Köln holt Armin Veh nicht als Trainer, aber als Sportchef.
  • Damit finden die Kölner eine kreative Lösung für die vakante Stelle von Jörg Schmadtke.
  • Veh besticht auch damit, dass er nicht Dietmar Beiersdorfer ist.

Von Philipp Selldorf, Köln

Nachdem Armin Veh Anfang März 2016 seine zweite Trainer-Mission bei Eintracht Frankfurt aus Mangel an Erfolg hatte beenden müssen, fasste er Entschlüsse für seinen weiteren Karriereweg. Zu einem Verein, bei dem er schon mal gearbeitet habe, werde er nicht mehr gehen, entschied er. Verständlich: Sowohl bei der Eintracht als auch in Augsburg und beim VfB Stuttgart (mit dem er 2007 Meister wurde) waren seine Comebacks nicht von Erfolg gekrönt. Zudem stellte Veh fest, dass ein Job als Feuerwehrmann ebenfalls nicht mehr infrage käme. "Abstiegskampf brauch' ich auch nimmer", sagte er im SZ-Interview. Interessieren würde ihn dagegen die Anstellung bei einem Klub "mit viel Potenzial, bei dem du mehr gewinnst als verlierst".

Jetzt wurde der 56 Jahre alte Fußballtrainer, der sich in der Zwischenzeit als TV-Experte in Erinnerung gehalten hatte, binnen weniger Tage mit Anfragen konfrontiert, die seine Prinzipien auf die Probe stellten. Mit dem 1. FC Köln wandte sich ein Klub an ihn, der zuletzt sehr viel häufiger verloren als gewonnen hatte. Und mit Borussia Dortmund meldete sich ein Interessent, der Veh zwar gefallen hätte, aber wenig schmeichelhafte Vorstellungen über den Umfang des Engagements hatte. Was tun?

Man hat Veh nicht überreden müssen - "er war richtig heiß"

Die Lösung des Dilemmas bringt ein überraschendes Ergebnis: Veh wird weder Trainer in Köln noch Trainer in Dortmund, in die Bundesliga kehrt er trotzdem zurück. Ab der kommenden Woche bezieht er im Geißbockheim das Büro, in dem bis vor sechs Wochen Jörg Schmadtke die Geschäfte des 1. FC Köln führte. Veh verlegt somit seinen Arbeitsplatz vom Fußballfeld an den Schreibtisch, weshalb es ihn auch überhaupt nicht stört, dass sein neuer Arbeitgeber so tief im Abstiegskampf steckt, wie man tiefer nicht stecken kann. Er unterzeichnete einen Vertrag bis Juni 2020.

Teilnehmer der Gespräche mit dem Anwärter berichten, es habe keiner Überredungskunst bedurft, um den erfahrenen Fußballmann in das Kölner Notstandsgebiet zu locken. "Veh war richtig heiß, diesen Job hat er sich gewünscht", erzählt ein Zeuge. Das Statement des neuen Managers in der Klubmitteilung dürfte der Sachlage entsprechen: Für das Projekt in Köln habe er sich "sofort begeistert", erklärte Veh, "ich sehe es als riesige Herausforderung und tolle Möglichkeit, in diesem faszinierenden Traditionsklub etwas zu bewegen". Seine erste Amtshandlung: Daumen drücken. Der 1. FC Köln tritt am Donnerstagabend (21 Uhr/Sport 1) zum Europa-League-Spiel bei Roter Stern Belgrad an. Ein Sieg brächte den Klub in die nächste Runde, allerdings muss der FC mit einer stark ersatzgeschwächten Mannschaft auskommen.

Beiersdorfer ruft Beunruhigung hervor

Die Kölner Verantwortlichen hoffen, dass sie durch die kreative Besetzung des seit sechs Wochen verwaisten Managerpostens etwas vom Druck der öffentlichen Meinung entlastet werden. Wegen der Entlassung des zuletzt zwar erfolglosen, aber dennoch extrem beliebten Cheftrainers Peter Stöger zogen sich das Präsidium und der verbliebene Finanzgeschäftsführer Alexander Wehrle den Zorn und die moralische Empörung der Gefolgschaft zu. Vehs Engagement ist der erste Schritt aus der Defensive; dem neuen Mann kommt dabei etwas zugute, für das er gar nichts kann: Veh ist nicht Dietmar Beiersdorfer. Dieser hatte, wie durch Indiskretionen bekannt wurde, ebenfalls auf der Kandidatenliste gestanden, was bei vielen FC-Sympathisanten Beunruhigung hervorrief.

Nicht, weil sie Beiersdorfer partout nicht leiden können, sondern, weil die Bilanz seiner jüngsten Tätigkeit beim Hamburger SV als abschreckend empfunden wurde. Beiersdorfer habe durch seine Kenntnisse vom Geschäft und sein Auftreten einen guten Eindruck hinterlassen, heißt es beim FC. Dennoch überwogen die Bedenken. Der Versuch, den früheren FC-Profi Horst Heldt zu gewinnen, scheiterte an dessen aktuellem Arbeitgeber Hannover 96. Vereinsoberhaupt Martin Kind verweigerte militant die Freigabe.

Köln will eine große Lösung in der Trainerfrage

Veh gehört nicht nur aufgrund seiner Lebensjahre der alten Fußballschule an, er ist mit seiner nonchalanten Art ein typischer Traditionsklubvertreter. Allerdings soll er nicht allein über die sportlichen Geschicke des FC entscheiden. Der Klub arbeitet daran, dem Manager einen fachlichen Unterbau zur Verfügung zu stellen, der den zeitgemäßen Erfordernissen standhält. Mindestens ein weiterer externer Experte soll als Sportdirektor verpflichtet werden. Die Zukunft des amtierenden Sportdirektors Jörg Jakobs, der kommissarisch die Lücke besetzt, die Schmadtke durch seinen abrupten Weggang hinterließ, ist noch ungeklärt. Erwünscht ist sein Bleiben allemal.

Viel Zeit zur Einarbeitung in die neue Materie bleibt dem neuen Manager nicht. Zwar äußerte sich Veh in den Interviews mit der Klubführung über den Interimstrainer Stefan Ruthenbeck ausgesprochen positiv. Doch bemüht sich der Klub weiterhin um eine große Lösung in der Trainerfrage. Markus Anfang, 43, Chefcoach des derzeitigen Zweitliga-Tabellenführers Holstein Kiel, wird nach wie vor als Kandidat gehandelt.

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