Arjen Robben beim 0:1 in Dortmund:"Es ist peinlich"

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Beim Gegentor die Abseitsstellung von Robert Lewandowski aufgehoben, in der Schlussphase einen Elfmeter verschossen und über das leere Tor geschossen: Arjen Robben erlebt beim 0:1 des FC Bayern in Dortmund einen schrecklichen Abend.

Jürgen Schmieder, Dortmund

Sebastian Kehl ist ein diplomatischer und freundlicher Mensch. Das bewies der Kapitän von Borussia Dortmund nach der Partie gegen den FC Bayern, als er auf Arjen Robben angesprochen wurde. Er sagte: "Robben hat nicht unbedingt seinen besten Tag gehabt. Da hat es ganz gut ins Bild gepasst, dass er den Elfmeter dann auch noch verschießt."

Franz Beckenbauer fand freilich deutlichere Worte für die Szene fünf Minuten vor dem Ende des Spiels: "Bei mir als Trainer hätte Robben nicht geschossen. Es ist Gesetz im Fußball, dass der Gefoulte nicht schießt, aber vielleicht ist das Gesetz geändert worden oder noch nicht bis nach Holland durchgedrungen."

Der Dortmunder Torwart Roman Weidenfeller fand das alles nur fair: "Robben geht nur in diesen Zweikampf, um einen Elfmeter zu bekommen - dabei habe ich ihn nicht berührt. Es war nur gerecht, dass der Elfmeter nicht im Tor war."

Der 28-jährige Außenstürmer war der meistdiskutierte Akteur: Erst agierte er ebenso zögerlich, züchtig und zurückhaltend wie all seine Kollegen, dann verhielt er sich wie einige Mitspieler äußerst unglücklich beim Siegtreffer der Dortmunder - und während der dramatischen Schlussphase vergab er einen Elfmeter und drückte in der Nachspielzeit das Spielgerät aus vier Metern Entfernung über das Tor.

Es war kein guter Abend für Robben und den FC Bayern. Der Holländer möchte ja eine prägende Rolle spielen in diesem Verein. Eine Degradierung zum Ersatzspieler deutet sein Ego als "Todsünde", er sagte das kürzlich in einem Interview.

Eine Verlängerung des bis 2013 laufenden Vertrages macht er auch vom Respekt abhängig, der ihm entgegen gebracht wird. Er pflegt seine exponierte Stellung nicht nur selbst, er möchte auch, dass sie von allen anderen gepflegt wird.

Robben ist ein herausragender Fußballer, womöglich einer der besten Offensivakteure auf diesem Planeten. Er besitzt zudem eine Gabe, die sowohl Mitspieler als auch Gegner in den Wahnsinn treiben kann: Auch an einem schlechten Tag kann er sich retten, kann seine Mannschaft retten, kann eine Partie prägen.

Man möchte ihm bisweilen als Mitspieler nach dem zehnten erfolglosen Alleingang zurufen: "Hör' auf zu dribbeln und spiel' einfach ab!" Thomas Müller ist so ein Kollege, der das mitunter tut, auch Mario Gomez beschwert sich bisweilen noch auf dem Platz. Meist denkt in diesem Moment auch der Gegenspieler: "Den habe ich heute im Griff!" Genau dann jedoch schnappt sich Robben gewöhnlich den Ball, umdribbelt drei Gegner und schießt das entscheidende Tor.

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Jürgen Schmieder, Dortmund

An diesem Abend in Dortmund indes war es anders. Er prägte das Spiel, nur negativ: Robben erwischte einen schrecklichen Tag - eine Halbzeit lang sah es so aus, als würde er diese Partie nur als Zuschauer verfolgen wollen, der sich gelegentlich theatralisch auf den Rasen fallen lässt, um Gegner und Mitspieler in den Wahnsinn zu treiben.

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Andreas Burkert, Dortmund

Beim Gegentreffer verhinderte er durch spätes Hinausrücken die Abseitsstellung von Schütze Roman Lewandowski, er wirbelte lieber mit dem rechten Arm, um den Linienrichter zum Heben der Fahne zu ermutigen. Er wirbelte immer noch, als Lewandowski längst an der Eckfahne jubelte - dann stemmte er die Hände in die Hüften und musste von Torwart Manuel Neuer zum Gang zur Mittellinie aufgefordert werden.

Es wäre nun typisch für Robben gewesen, hätte er danach den Elfmeter provoziert, ihn verwandelt - und womöglich in der Nachspielzeit gar noch den Siegtreffer für die Münchner erzielt. Doch das passierte nicht. Robben vergab beide Gelegenheiten. "Das ist sehr bitter und sehr enttäuschend", sagte Robben nach der Partie, "ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es ist peinlich."

Solche Abende gibt es. Arjen Robben hat das schon einmal erlebt, beim WM-Finale 2010 gegen Spanien, als er an Iker Cassilas scheiterte. Die Szene würde ihn noch lange verfolgen, gab Robben in Interviews zu - doch er ist daran durchaus gewachsen und hat seitdem zahlreiche Partien positiv beeinflusst. Er möchte ein besonderer Fußballer sein, deshalb wird dieses seltene Scheitern besonders beachtet.

Trainer Jupp Heynckes sagte nach dem Spiel: "Wir dürfen jetzt nicht einem Spieler die Schuld zuweisen. Dass man einen Elfmeter verschießt oder eine Riesenchance vergibt, passiert eben im Fußball." Heynckes ist ein unter den Fußballtrainern herausragender Psychologe, er weiß, dass er den sensiblen Holländer nun schützen muss. Er weiß auch, dass er Robben in dieser Saison noch brauchen wird - womöglich genau in dem Moment, in dem Thomas Müller zu motzen beginnt und die Verteidiger von Real Madrid denken, dass sie Robben ganz gut im Griff haben.

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