Arjen Robben beim FC Bayern:Plötzlich ins Zentrum rotiert

Hertha BSC - FC Bayern München

Arjen Robben (li.) und Bastian Schweinsteiger: Gut gelaunt in Berlin

(Foto: dpa)

Den Ball eng am Fuß, kleine Trippelschritte, Schlenzer mit links: Beim Bayern-Sieg in Berlin gelingt Arjen Robben ein typisches Arjen-Robben-Tor. Der Holländer ist seit Wochen bester Münchner - neuerdings glänzt er sogar in ungewohnter Rolle.

Von Sebastian Fischer, Berlin

Überall auf der Welt ist dieser Trick mittlerweile bekannt, der eigentlich kein Trick ist, sondern nur eine Abfolge flüssiger Bewegungen. Kurze Ballberührungen mit dem linken Außenrist - tick, tick - Ausfallschritt rechts, Außenristberührung links, innen am Gegenspieler vorbei, Schlenzer mit links auf die lange Ecke, im Idealfall: Tor. Es ist das Markenzeichen eines glatzköpfigen Mannes, der sich auf dem Fußballfeld meist in eigenartigen und auf wundersame Weise schnellen Trippelschritten fortbewegt, denen in der Regel niemand folgen kann. Das Markenzeichen von Arjen Robben.

Diese Bewegung, diese Trippelschritte, dieser zwingende Torabschluss - all diese Eigenschaften waren bisher an eine Bedingung geknüpft. An die Bedingung, dass Arjen Robben, 30, geboren in Bedum in den Niederlanden, zu Weltruhm gekommen beim FC Bayern, auf dem rechten Flügel zuhause ist.

Doch am Samstag in Berlin beim Spiel gegen Hertha BSC war alles anders. Robben spielte nicht mehr auf dem rechten Flügel, sondern im zentralen offensiven Mittelfeld, hinter den Spitzen Robert Lewandowski und Thomas Müller. War er da nicht seiner größten Stärke beraubt? Es mag auch an der Zurückhaltung der Berliner Defensive gelegen haben, doch die Antwort war: nein. Arjen Robben ist nun bei Bedarf für den Tabellenführer das, was auf seinem Trikotrücken steht: ein "Zehner".

Bei Bedarf, dieser Zusatz ist jedoch wichtig. So ließen sich jedenfalls die Aussagen von Trainer Pep Guardiola nach dem am Ende recht glanzlosen 1:0-Sieg im Olympiastadion interpretieren. Guardiola hatte ja nicht nur Robben, sondern auch seinen Gegenpart der einstigen Münchner Flügelzange, Franck Ribéry, in die Mitte beordert. Ihm fehlen ja alle seine kreativen zentralen Mittelfeldspieler verletzt, Thiago, Philipp Lahm, David Alaba. Und Bastian Schweinsteiger ist noch nicht in der nötigen körperlichen Verfassung für einen Einsatz von Beginn an. "Die Spieler", sagte Guardiola, "müssen sich dem System anpassen."

In der ersten Halbzeit war Guardiola mit diesen Anpassungen noch zufrieden. In der zweiten Halbzeit nicht mehr, die Bewegungen wurden träge, die Pässe kamen nicht mehr so scharf, die Offensive erschlaffte. Ribéry wirkte mit zunehmender Spieldauer in der Mitte verloren, er passte sein Spiel kaum an, lief viel mit dem Ball, als wähnte er die Außenlinie noch an seiner Seite. Und Mario Götze wirkte verloren, weil nun Ribéry und Robben auch in der Mitte die Räume besetzten.

Robben funktioniert überall

Trotzdem war Robben der beste Spieler auf dem Platz. Das lag zum einen daran, dass er sich brav an die Vorgaben hielt. Zwar dribbelte er viel, wie auf der Außenbahn, doch er spielte auch kluge Pässe, in der ersten Hälfte lupfte er den Ball einmal per Direktabnahme auf Thomas Müller, in der zweiten Halbzeit bewies er Übersicht und setzte Lewandowski und Schweinsteiger in Szene. Es lag zum anderen aber auch daran, dass sein Spiel derzeit einfach überall zu funktionieren scheint. Der 30-Jährige ist seit Monaten in bestechender Form, an neun Münchner Bundesligatoren war er in dieser Saison direkt beteiligt.

Vor dem 1:0 (27. Minute) befand sich der Holländer bereits innen, in der Spielfeldmitte. Und trotzdem schaffte er es mit Hilfe einer Hackenvorlage von Thomas Müller, die Berliner Verteidiger mit dem alten Robben-Schlenker zu narren: Er zog Richtung Gehäuse, schlenzte, lange Ecke, Tor. "Die Zusammenarbeit war gut," sagte der Torschütze hinterher und grinste. "Wir sind flexibel", so seine kurze Analyse der Rochaden. Für die Niederlande hatte Robben bei der Weltmeisterschaft im Sommer eine ähnliche Rolle ausgefüllt, dort ging es immerhin bis ins Halbfinale.

Ob das Mittelfeld-Gebilde der Münchner eine Raute habe darstellen sollen, wollte noch jemand wissen. "So ungefähr", sagte Robben, er wusste ja auch, dass nicht alles funktioniert hatte und die Bayern in der zweiten Halbzeit uninspiriert aufgetreten waren. "Wir können nicht immer top spielen. Die zweite Halbzeit war nicht gut. Drei Punkte - und Schluss." So einfach ist das derzeit beim deutschen Meister, der dem Rest des Geschehens längst entschwebt ist.

Das beeindruckende - oder je nach Sichtweise das traurige - war diesmal, dass dem sonst so dominanten Ensemble Guardiolas eine recht herkömmliche Leistung zum Sieg genügte. Wenn die Mannschaft nicht im Kollektiv glänzt, reicht eben die Klasse Einzelner. Am Samstag war Robben dieser Einzelspieler. Und das, obwohl er auf ungewohntem Terrain unterwegs war. Oder vielleicht gerade deshalb? Robben lief am Samstagabend im Trippelschritt in Richtung Kabine. Die Nummer zehn auf seinem Rücken schien er dabei besonders stolz zu tragen.

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