Argentinien:Rücktritt vom Rücktritt

Lionel Messi

Der Rückkehrer: Lionel Messi, jetzt mit Bart, wird bald doch wieder im Trikot der argentinischen Nationalmannschaft auflaufen.

(Foto: Manu Fernandez/AP)

Lionel Messi spielt nun doch weiter für die argentinische Nationalmannschaft. In seiner ersten Amtshandlung ist dem neuen Nationaltrainer Edgardo Bauza bereits Besonderes gelungen - es ist nicht die einzige Überraaschung.

Von Javier Cáceres, Manchester

Am Donnerstag weilte der frisch ernannte argentinische Nationaltrainer Edgardo Bauza in Barcelona, es war seine erste Dienstreise. Sie hatte keinen anderen Zweck, als ein Gespräch mit dem Stürmer Lionel Messi zu führen - und ihn davon zu überzeugen, die vielleicht weitreichendste Entscheidung seiner Karriere zu revidieren. Seit dem Wochenende steht fest: Bauzas Mission war von Erfolg gekrönt.

Die Entscheidung, um die es ging, hatte Messi vor knapp 50 Tagen getroffen. Nach der Finalniederlage gegen Chile bei der Copa América in den USA erklärte er seinen Rücktritt von der Nationalelf. Mit nur 29 Jahren, nach 113 Länderspielen und drei verlorenen Endspielen in Serie: WM 2014, Copa América 2015, Copa América 2016. Messi selbst bestätigte den Rücktritt vom Rücktritt in einem Kommuniqué. Darin hieß es, dass ihm nach dem Finale von New Jersey viele Dinge durch den Kopf geschossen seien, darunter auch der Entschluss, nie wieder für Argentinien aufzulaufen. "Ich habe meine Entscheidung getroffen, meine Zeit in der Nationalmannschaft ist vorbei", hatte er selbst seinerzeit gesagt. Nun hat er es sich wieder anders überlegt.

Messi lenkt von zwei Überraschungen ab

Der Grund: "Ich liebe mein Land und dieses Trikot einfach zu sehr", erklärte Messi. "Ich sehe, dass es genug Probleme im argentinischen Fußball gibt, da will ich nicht noch eins schaffen", fügte er hinzu. Zeitgleich postete sein Vater ein Foto mit einem Messi-Trikot der argentinischen Nationalelf. "Wie schön es ist." Bauza berief Messi sogleich für die Anfang September anstehenden WM-Qualifikationsspiele gegen Uruguay und in Venezuela. Die Rückkehr Messis überlagerte zwei große Überraschungen: Bauza berief den früheren Bayern-Profi Martín Demichelis, der gerade von Espanyol Barcelona verpflichtet wurde und allein schon wegen seines Alters (35) als Streichkandidat galt. Zudem ließ Bauza den gerade für 90 Millionen Euro zu Juventus Turin gewechselten Stürmer Gonzalo Higuaín außen vor.

Die Entscheidung Messis, die Nationalmannschaft zu verlassen, war das Resultat einer stets angespannten Beziehung zu seinem Geburtsland gewesen. Oder genauer: seines Geburtslands zu ihm. Messi verließ Argentinien im Alter von 13 Jahren, um sich der Jugendabteilung des FC Barcelona anzuschließen, es fehlte ihm dadurch der Rückhalt des argentinischen Anhangs, der ihn nie aufwachsen sah, lieben lernte. Mochte der Zweifel auch noch so absurd sein: Immer wieder wurde von Fans und Medien infrage gestellt, ob Messi für Argentinien wirklich etwas empfinde. Unter anderem, weil er nie die Hymne mitsang. Dazu kam der erschlagende Vergleich mit Diego Armando Maradona, dem Kapitän der argentinischen Weltmeistermannschaft von 1986 - und das andauernde Pech in den Finalspielen. Vielleich seien er und die Nationalelf nicht füreinander geschaffen, argumentierte Messi, als er seinen nun revidierten Rücktritt erklärte.

Selbst Luis Enrique freut sich

Der zermürbende Cocktail aus persönlichen und kollektiven Stimmungen war aber nur ein Teil der Erklärungen dafür, dass Messi sich entschloss, der Nationalmannschaft den Rücken zu kehren. Der andere hatte viel mit dem Chaos zu tun, das im Verband herrscht. In den vergangenen Wochen war das besonders anschaulich zu begutachten. Nach dem Rücktritt von Gerardo Martino stand die argentinische Nationalelf wochenlang ohne Nationaltrainer da. Nach einem quälend langen Casting und Absagen von Trainern wie Diego Simeone (Atlético Madrid) oder Jorge Sampaoli (FC Sevilla) fiel die Wahl auf Bauza, der seinen Job beim FC Sao Paulo (Brasilien) aufgab. Er wurde am 5. August offiziell vorgestellt- und fand offenkundig den richtigen Ton, um Messi wieder von Nationalmannschaftsauftritten zu überzeugen.

Sein großes Ziel ist nun die Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Selbst beim FC Barcelona, wo Messi angestellt ist, gibt man sich erleichtert, obwohl er nun wieder die langen, transatlantischen Flüge in Kauf nimmt, um mit der Nationalelf zu spielen. "Dass Messi in der Nationalmannschaft Argentiniens bleibt, ist eine gute Nachricht für den Fußball", sagte Barcelonas Trainer Luis Enrique. Er weiß, dass Messi bei Laune sein muss, um zu brillieren.

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