ARD-Programm-Chef Struve:"Kofler war von Anfang an brüsk"

Günter Struve, 65, ist seit 14 Jahren Programmdirektor der ARD. Als junger Mann war er Redenschreiber für Willy Brandt, später Leiter des Inland-Referates im Auswärtigen Amt. Dass die ARD weiterhin über den Bundesliga-Fußball in der Samstag-Sportschau berichten darf, wird seinem Geschick zugeschrieben.

Interview: Christopher Keil

SZ: Herr Struve, die Entscheidung gegen den Pay-TV-Kanal Premiere wurde von der Deutschen Fußball- Liga auch damit begründet, dass die Sportschau als Plattform des Fußballs erhalten bleiben müsse. Fühlen Sie sich als Wahlsieger?

Struve, dpa

Günter Struve

(Foto: Foto: dpa)

Günter Struve: Jedenfalls hat die ARD als Rechte-Interessent eine bislang nicht gekannte Kampagne bei den Bundesligavereinen gemacht. Wir haben alle Klubs besucht, wir hatten Kontakt zu allen ihren Sponsoren, das war beispiellos.

SZ: Ihre Verhandlungsführerin Dagmar Brandenstein von der ARD-Sportrechte-Tochter SportA soll zuletzt mit Premiere-Boss Georg Kofler telefoniert haben, um ihn zur Abgabe einer seriösen Offerte für das Szenario "Sportschau und Pay-TV" zu bewegen.

Struve: Ich bin nicht über jedes Gespräch informiert, aber Herr Kofler war von Anfang an brüsk. Er wollte alles, nur die Sportschau nicht, was ich für seinen Grundirrtum halte. Das war schon der Grundirrtum von Leo Kirch: zu glauben, dass Pay-TV nur funktioniert, wenn die Free-TV-Auswertung erst mit großem zeitlichen Abstand möglich ist. Das ist unsinnig, weil die Abonnentenzahlen bei Premiere nach oben gegangen sind, seit wir die Sportschau erfolgreicher gestalten als Sat1 den Vorgänger ran. Der Zuschauer wird angefüttert mit Zusammenfassungen und bekommt Appetit auf Live. Diesen Hunger kann nur das Pay-TV stillen.

SZ: Spielen soziale Faktoren eine Rolle bei der Entscheidung, die Bundesliga im Free-TV nicht erst um 22Uhr auszustrahlen? Es ist von einer Dienstleistung für die Fans, auch den jungen, die Rede.

Struve: Eher spielt wohl der quantitative Faktor eine Rolle. Wir haben die Quote um ein Drittel auf durchschnittlich sechs Millionen Zuschauer steigern können. Dann haben wir allen klargemacht, dass, wenn eine Sportart im Pay-TV verschwindet, sie schnell die Massenbasis verlieren kann. Unser Beispiel war Eishockey. Eishockey interessierte vor zehn Jahren fast 20Prozent der Deutschen, 2004 waren es nur noch zehn Prozent.

SZ: Wie nachhaltig verändert sich die Ordnungsstruktur des deutschen TV-Marktes, wenn große Kabelnetzbetreiber beginnen, so wichtige Inhalte wie die Fußball-Bundesligarechte zu kaufen?

Struve: Falls es keine neuen Arrangements gibt...

SZ: ... Sie meinen Sublizenzierungen, wonach Premiere doch zum Zuge käme?

Struve: ...beispielsweise. Also falls nicht, war das heute ein Erdstoß. Allerdings, wenn ein Pay-TV-Anbieter sagt, ich will deine Sportschau nicht, ein anderer aber meint, uns stört deine Sportschau nicht, dann freuen wir uns über eine Auffächerung des Marktes.

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