Angelique Kerber:"Ich werde einfach umfallen und schlafen"

Einen Tag nach ihrem Sieg bei den US Open spricht Angelique Kerber im Interview über die Nacht in Manhattan, ihr Glücksbringer-Kleid und erste Pläne für Zuhause.

Aufgezeichnet von Jürgen Schmieder, New York

Natürlich wird Angelique Kerber auch vor Unisphere platziert - dieser riesigen Stahl-Weltkugel, die sie anlässlich der Weltausstellung im Jahr 1964 im Corona Park von Flushing Meadows aufgestellt haben. Es ist nicht nur ziemlich anstrengend, die US Open zu gewinnen, es ist auch sehr stressig, all die Fotografenwünsche und Anfragen danach zu erfüllen. Kerber wechselt für verschiedene Fototermine die Kleider, sie lächelt tapfer und stellt sich dorthin, wo sie die erbarmungslosen Vermarkter dieses Turniers platzieren. Ihr Trainer Torben Beltz schießt ein paar Fotos mit Da-muss-man-durch-Gesichtsausdruck.

Später am Nachmittag sitzt sie im Spielergarten, gerade kommt Novak Djokovic auf die Anlage und bereitet sich auf sein Finale vor, sie hat ein bisschen Zeit für die deutschen Reporter.

Frage: Frau Kerber, wie war die Nacht?

Kerber: Sehr kurz, ich habe gerade mal zwei Stunden geschlafen. Es war aber sehr schön: Wir waren erst in einem schicken Restaurant und danach in einer Rooftop-Bar mit tollem Ausblick auf New York. Dort haben wir gemeinsam die letzten Wochen und auch diesen Samstag ein wenig Revue passieren lassen - und den Moment auch ein bisschen genossen.

Ging es Ihnen heute Morgen so schlecht wie nach der durchzechten Nacht in Melbourne?

Nein. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt. Ich habe Champagner getrunken und ein bisschen Wein. Keinen Schnaps diesmal.

Worüber haben Sie gesprochen?

Über die ganze Reise: erst Halbfinale in Montreal. Dann Drei-Tage-Flug nach Rio. Silbermedaille. Finale in Cincinnati - und jetzt das hier. Zweiter Grand-Slam-Titel. Nummer eins der Welt. Diese acht Wochen waren die erfolgreichste Zeit in meiner Karriere. Das muss ich nun erst einmal verarbeiten, das sind schon eine Menge Erinnerungen.

Gab es denn schon Zeit, darüber zu reflektieren?

Es war eher so, dass gestern alles abgefallen ist von mir. Die vergangenen Wochen waren sehr intensiv. Es gab immer wieder die Fragen nach der Weltrangliste und zu diesem Turnier. Ich war gesten einfach erleichtert. Auch wenn die Nacht nicht besonders lang war, bin ich heute morgen aufgewacht mit diesem wunderbaren Gefühl: Ich habe geschafft, was ich immer schaffen wollte. Es ist dann auch schön, mal ohne Schläger und ohne Tasche auf diese Anlage zu kommen. Ich werde auf jeden Fall noch ein paar Tage brauchen, bis ich das alles verarbeitet habe. Ich werde mein Handy auch erst wieder in die Hand nehmen, wenn ich ein bisschen Ruhe haben. Ich will die Nachrichten nicht schnell lesen und gar nicht wahrnehmen, sondern mir wirklich Zeit dafür nehmen und auch darauf antworten.

Sie mussten heute in zwei verschiedenen Kleidern posieren. Hatten Sie die dabei?

Das ist eine witzige Geschichte: Ich habe immer ein Kleid dabei für eine Spielerparty oder eine andere Veranstaltung. Vor dem Turnier in Melbourne hatte ich mir dort ein Kleid gekauft - und gewonnen. Jetzt bin ich hier alleine durch New York gelaufen und habe in Manhattan ein schönes Kleid entdeckt. Vielleicht sollte ich jetzt vor jedem Grand-Slam-Turnier durch die Stadt laufen und ein Kleid suchen - aber so was darf man auch nicht erzwingen.

Sie haben auch nicht mitbekommen, was in Deutschland los ist?

Nein, ich bin ins Bett gefallen - und um 7.30 Uhr hat schon wieder jemand an meine Tür geklopft. Meine Mutter sammelt das alles, von ihr habe ich gehört, dass schon ein bisschen was los ist.

Sie mussten gestern vier Stunden lang über die Anlage laufen, heute geht es weiter. Wird Ihnen das nicht zu viel?

Nein, ich wollte das genau so. Ich will nun alles hinter mich bringen - und dann nach Hause fahren und entspannen.

Was wird mit Ihnen passieren, wenn Sie ein paar Stunden für sich haben?

Ich werde einfach umfallen und schlafen.

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