Amin Younes bei der U-21-EM:Der die Verteidiger eindreht

Germany v Serbia - UEFA Under21 European Championship 2015

Gegen Serbien mit Problemen, gegen Dänemark stark: Amin Younes

(Foto: Bongarts/Getty Images)

U-21-EM als Werbebühne in eigener Sache: Tempodribbler Amin Younes galt einst als großes Talent, doch inzwischen vertraut ihm nur noch DFB-Trainer Hrubesch. Seine Zukunft ist auch nach dem großen Auftritt gegen Dänemark offen.

Von Matthias Schmid, Prag

Ángel Di María also. Kleiner geht es am Tag danach nicht. Amin Younes muss selbst lächeln, als er im Teamhotel die Aufforderung erhält, sich doch bitteschön mal mit dem argentinischen Nationalspieler von Manchester United zu vergleichen. "Ooch" stöhnt der deutsche U-21-Nationalspieler kurz auf, "das ist ein Superspieler". Aber vergleichen, nein, das wolle er sich mit dem Tempodribbler nicht. Schon allein weil Di María ein Linksfuß ist, Younes bevorzugt es, den Ball mit rechts zu streicheln.

Seit er beim 3:0-Sieg gegen Dänemark bei der Europameisterschaft in Tschechien die Auszeichnung zum "Man of the match" gewonnen hat, muss er jetzt mehr Fragen beantworten als ihm lieb sein dürfte. Amin Younes, in Düsseldorf als Sohn eines libanesischen Einwanderers geboren, steht nicht so gerne im Vordergrund, doch wenn er weiter auf großer Bühne so forsch vorspielt wie in Tschechien, dann muss er sich daran gewöhnen, dass sich die Menschen für ihn interessieren. Viele auch der neutralen Zuschauer im Prager Stadion Eden begannen am Samstagabend schon zu raunen, sobald er nur an den Ball kam, weil sie selbst gespannt waren, was er denn als Nächstes mit ihm anstellen werde.

Sie begleiteten seine Dribblings in Höchstgeschwindigkeit, seine irrwitzigen Übersteiger und Drehungen mit vielen Aahs und Oohs. Sein Mannschaftskollege Joshua Kimmich fand einen hübschen Vergleich für seine tollkühne Darbietung. "Amin hat den rechten Außenverteidiger der Dänen so eingedreht, dass der nicht mehr wusste wo vorne und hinten war. Der hat bestimmt danach ganz schlecht geschlafen."

Mit 18 schon in der Bundesliga

Plötzlich im Blickfeld einer größeren Öffentlichkeit zu stehen, ist für Younes keine neue Erfahrung. Vor drei Jahren debütierte er als 18-Jähriger bei Borussia Mönchengladbach in der ersten Liga. Er war ein Versprechen, jeder war sich sicher, dass dem 1,68 Meter kleinen Spieler eine große Karriere bevorsteht. Vor allem er selbst glaubte das. Doch mehr als 26 Bundesligaspiele stehen nicht in seiner Vita, er hat Gladbachs Trainer Lucien Favre nicht von sich überzeugen können, also ging er vergangenen Sommer zum 1. FC Kaiserslautern in die zweite Liga. Doch auch dort lief es nicht so, wie er es sich und auch die Gladbacher Verantwortlichen gewünscht hatten. Er spielte nur sieben Mal von Beginn, weil Trainer Kosta Runjaić vom Trainingseifer des Hochbegabten nicht sonderlich angetan war.

Younes braucht die U-21-EM deshalb auch als Werbebühne in eigener Sache, um auf sich aufmerksam zu machen, es geht um nichts anderes als um seine berufliche Zukunft. Läuft es schlecht, droht seine einst hoffnungsvolle Karriere in der Sackgasse zu enden. Er weiß noch immer nicht, für welchen Verein er nach der EM auflaufen wird. Vertraglich ist er bei Borussia Mönchengladbach bis Sommer 2016 gebunden. "Meine Situation ist aber noch unklar", sagt er selbst.

Umso mehr genießt er die Tage im Kreis der U-21-Nationalmannschaft. Hier wird er von allen respektiert, vor allem Trainer Horst Hrubesch ist einer seiner größeren Förderer. Er stand in den vergangenen eineinhalb Jahren fast bei jedem Länderspiel in der Startformation. Die beiden pflegen ein enges Verhältnis, mit dem 64-Jährigen telefoniert er regelmäßig, holt sich Tipps. "Amin kickt immer dann gut, wenn er einem Trainer vertrauen kann", sagt Hrubesch.

50 Jungs und nur ein Ball

Younes ist einer jener Instinktfußballer, nach denen auch Sportdirektor Hansi Flick für die A-Nationalmannschaft von Joachim Löw fahndet. Spieler, die die meist defensiven Abwehrreihen mit überraschenden Dribblings und Finten heraus- und letztlich überfordern können. Er profitiert dabei von den vielen Stunden, die er auf den Straßen seiner Heimatstadt mit seinen Kumpels verbracht hat. "Meistens hatten wir nur einen kaputten Ball und 50 Jungs", erzählt Younes: "Da musst du schon gewisse Feinheiten mit dem Ball drauf haben, um dann die Kugel zu verteidigen."

Bisweilen übertreibt er es mit seiner Verspieltheit, auch gegen Dänemark führten manche Aktionen zum Ballverlust. "Der Trainer fordert dann von mir Doppelpässe auf engstem Raum", sagt Younes. Einmal hätte einer von ihnen sogar zum dritten Tor von Kevin Volland geführt. Einer Aufforderung von Hrubesch war er aber nicht nachgekommen: Er schoss selbst kein Tor, obwohl Hrubesch das immer wieder eingefordert hatte. Am Dienstag im letzten Gruppenspiel gegen Tschechien will Amin Younes das nachholen. Zu Di María war ihm dann noch etwas eingefallen. Younes sagt leise: "Auch ich kann Spiele entscheiden."

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