American Football:Ungewollte Landpartie

Die Kirchdorf Wildcats können in die höchste Spielklasse aufsteigen. Die Gegner in der zweiten Liga würde das freuen, die in der ersten nicht.

Von Maximilian Länge

In Kirchdorf am Inn wird an diesem Samstag das Chaos ausbrechen - und schuld daran ist die Heilige Maria. Bloß, warum? Ein Blick zurück: American Football, Relegations-Hinspiel zwischen dem Letzten der German Football League (GFL) und dem Meister der GFL2 in Saarbrücken. 28:13 führten die Saarland Hurricanes am Samstag vor zwei Wochen, ehe die Kirchdorf Wildcats kurz vor Ende der Partie durch einen Pass von Spielmacher Jadrian Clark über 45 Meter zu Dylan Stepleton den Rückstand verkürzten. Hail Mary, also Ave Maria, nennt man im Football eine solche Aktion, den letzten verzweifelten Versuch, bei auslaufender Uhr noch zu punkten. Der Ball wird hoch und weit in die Luft geworfen, am Ende jubelt in der Endzone der Spieler, der am höchsten springt und dabei die Kontrolle über Körper und Ball behält. Oft ist das mit Chaos verbunden - und mit einer gehörigen Portion Zufall.

Für die Kirchdorfer zählt nicht, wie sie zum 21:28 gekommen sind. Wichtig ist den Verantwortlichen des Zweitliga-Meisters einzig die gute Ausgangslage vor dem Rückspiel am Samstag (15 Uhr): "Diesmal sind es nur sieben Punkte Rückstand", sagt Wildcats-Präsident Hans-Peter Klein. Die Betonung liegt auf diesmal. Es ist schon der dritte Anlauf des Vereins in der Relegation. 2003 und 2014 war die Lage bereits nach dem Hinspiel aussichtslos. 21:50 und 22:50 unterlag Kirchdorf den Erstligisten. Cheftrainer Christoph Riener ist zuversichtlich, dass sein Team die bessere Ausgangslage nutzen wird: "Wir haben in Saarbrücken eines der schlechtesten Spiele der Saison gezeigt und trotzdem nur knapp verloren." Nun will das Team mit seinem besten Spiel die Runde abschließen.

Kirchdorf Wildcats

Gefangen: Dylan Stepleton (l.) gibt Kirchdorf Hoffnung fürs Rückspiel.

Mit diesem Anspruch hoffen die Footballer aus der 5000-Einwohner-Gemeinde an der österreichischen Grenze, am Samstag erstmals die 1000-Zuschauer-Marke zu knacken. Problematisch: "Wenn 800 Fans kommen, ist bei uns Chaos", sagt Klein, die Infrastruktur sei einfach nicht vorhanden, es fehle schon alleine an Parkplätzen vor dem Stadion. "Dorf-Football in familiärer Stimmung" nennt er das, was über die Jahre zunächst im Nachbarstädtchen Simbach und dann nach dem Umzug ab 2004 in Kirchdorf entstanden ist.

Zur Football-Familie gehören auch die US-Spieler Clark und Stepleton sowie drei weitere Amerikaner. Riener sucht Jahr für Jahr ausländische Leistungsträger aus dem Mutterland der Sportart, die von der Einstellung her nach Kirchdorf passen. "Wir holen keine Großstadtkinder", sagt er. Der Kulturschock wäre wohl zu groß.

Ganz rund lief es zu Beginn der Saison aber auch mit den Kleinstadtkindern nicht. Nur zwei von fünf Partien hatten die Wildcats bis Ende Juni gewonnen. Doch die anschließende Reaktion zeigte: Die Mannschaft ist stabil. Sieben Siege in Serie brachten Kirchdorf die Meisterschaft.

Letzte Hürde sind am Wochenende im Relegations-Rückspiel die Saarland Hurricanes, der Letzte der höchsten deutschen Spielklasse. In die Saarländer setzen viele andere Erstligisten Hoffnungen, beim Hinspiel in Saarbrücken unterstützen die Spieler der Stuttgart Scorpions die Hurricanes. "In der GFL wollen sie uns scheinbar nicht", mutmaßt Riener. Der Grund ist die weite Anreise nach Niederbayern. In der GFL2 drückt den Wildcats wiederum jedes Team die Daumen, damit genau diese Reise künftig wegfällt. Sollten die Zweitligisten sich ob der spannenden Ausgangslage für einen spontanen Besuch an der Grenze zu Österreich entscheiden, wäre das Chaos im Stadion wohl kaum mehr in den Griff zu bekommen. Was hat sie nur angerichtet, die Heilige Maria.

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