American Football:US-Footballer löst mit Sitzstreik Kontroverse aus

San Francisco 49ers' Kaepernick stands on the field before their NFL pre-season football game against Denver Broncos in San Francisco

"Ich werde nicht zeigen, dass ich stolz auf die Flagge eines Landes bin, das schwarze Menschen unterdrückt": Colin Kaepernick hat eine Debatte über Rassismus angestoßen.

(Foto: Stephen Lam/Reuters)

Colin Kaepernick weigert sich vor einem Football-Spiel, bei der Hymne aufzustehen - und sorgt im patriotischen US-Sport für eine Debatte.

Von Hubert Wetzel, Washington

Sport ist in Amerika eine patriotische Angelegenheit, und das gilt allemal für Football, die amerikanischste aller amerikanischen Sportarten. Vor jedem Spiel stehen Spieler und Zuschauer auf, legen die rechte Hand aufs Herz und lauschen der Nationalhymne. Insofern war es durchaus ein Akt der Rebellion, als Colin Kaepernick, Quarterback der San Francisco 49ers, sitzen blieb, als am Freitag vor einem Spiel gegen die Green Bay Packers die Hymne gespielt wurde.

Er habe so gegen die Polizeigewalt gegen Schwarze protestieren wollen, sagte Kaepernick. "Ich werde nicht aufstehen und zeigen, dass ich stolz auf die Flagge eines Landes bin, das schwarze Menschen unterdrückt. Da liegen Leichen auf den Straßen, und den Tätern passiert nichts." Flagge und Hymne stünden für Werte wie Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit, die in Amerika nicht für alle gälten.

Einige Reaktionen waren vorhersehbar. Wütende Fans verbrannten Trikots von Kaepernick, im Internet wurde er als Verräter beschimpft. Die Funktionärswelt reagierte freilich vorsichtiger. Ein Quarterback ist nicht irgendein beliebiger Spieler, den man abkanzeln könnte. Zugleich ist nach den vielen Fällen, in denen weiße Polizisten grundlos Schwarze erschossen haben, die Stimmung angeheizt.

Kaepernick weiß, was Rassismus bedeutet

Die Manager des Multimilliardengeschäfts Football wissen genau, dass 80 Prozent ihrer Spieler Schwarze sind, ebenso ein guter Teil der Fans. Sie durch eine Verurteilung von Kaepernick zu verprellen oder durch eine Bestrafung gar einen Aufstand von Spielern und Fans zu provozieren, wäre dumm. Sowohl die 49ers als auch die NFL, die National Football League, gaben daher nur vage Erklärungen ab. Spieler seien angehalten, während der Hymne zu stehen, aber es gebe keine Regel, die sie dazu verpflichte, hieß es.

Proteste schwarzer Athleten gegen Diskriminierung und Rassismus gab es in der Vergangenheit immer wieder. Muhammad Ali verweigerte in den Sechzigerjahren den Kriegsdienst. Die schwarzen Sprinter Tommie Smith und John Carlos erhoben bei den Olympischen Spielen 1968 die Fäuste zum Black-Panther-Gruß. Aber das ist Jahrzehnte her. Heute sind Sportstars in den USA eher Pop-Ikonen als politische Aktivisten.

Kaepernick, ein tiefgläubiger Christ, der sich Bibelverse auf seinen Wurfarm hat tätowieren lassen, weiß, was Rassismus bedeutet. Er hat einen schwarzen Vater und wurde als Kind von einem weißen Ehepaar adoptiert. Er habe immer gespürt, wie die Leute abfällig schauten, wenn er mit seinen Eltern unterwegs war, erzählte Kaepernick einmal.

Der 28-Jährige wuchs in Kalifornien auf und spielt als Schüler Baseball, Basketball und Football. In allen drei Sportarten war er herausragend. Der Baseball-Klub Chicago Cubs bot ihm nach der Schule einen Vertrag an, Kaepernick entschied sich aber für ein Football-Stipendium an der University of Nevada. 2011 verpflichten ihn die 49ers dann als Spielmacher. 2014 unterschrieb er einen neuen Sechsjahresvertrag, der ihm Berichten zufolge bis zu 154 Millionen einbringen könnte. Allerdings war er vergangene Saison lange verletzt. Es gibt daher Spekulationen, dass die 49ers jetzt die Gelegenheit nutzen könnten, ihn loszuwerden.

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