American Football:Löcher im Kader

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Verletzte prägen bislang die Saison in der NFL. Mehrere Teams müssen ihren Quarterback ersetzen - eine Chance für junge Spieler, sich zu profilieren.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Die Philadelphia Eagles werden in dieser Saison wohl nicht den Titel gewinnen. Das ist eine gewagte Prognose, gewiss, haben sich die Eagles doch am Sonntag mit einem 43:35 bei den Los Angeles Rams als erstes Team für die Ausscheidungsrunde der Footballliga NFL qualifiziert. Es ist dennoch eine seriöse Vorhersage, weil die Eagles bei diesem Erfolg Spielmacher Carson Wentz aufgrund eines Kreuzbandrisses verloren haben.

Die Eagles haben bislang die Wohlfühlgeschichte dieser Saison geliefert, sie haben elf von 13 Partien gewonnen und auf jede kritische Bemerkung der Experten eine bemerkenswerte Antwort gefunden. Doch auch ihnen stellt sich nun diese Aufgabe, die jeden NFL-Klub verzweifeln lässt: Ersetze den Quarterback kurz vor den Playoffs! Freilich werden bei so einer Gelegenheit immer die New England Patriots erwähnt, die 2001 Jungspund Tom Brady für den verletzten Drew Bledsoe aufs Feld schickten - und ein paar Wochen später den Super Bowl gewannen. Das war ein Wunder damals, so wie es nun ein Wunder wäre, würden die Eagles triumphieren.

Nick Foles soll bei den Eagles die Gegenwart retten

Football ist, obwohl jeder Verein 53 Akteure im Kader führen darf, wie kaum eine andere Sportart derart auf eine einzelne Position zugeschnitten, dass die Verletzung des Quarterbacks eine komplette Saison zunichte machen kann. Die Eagles wurden innerhalb weniger Sekunden vom Titelkandidaten zum Playoff-Außenseiter, wie die Indianapolis Colts (Bilanz: 3:10) und Houston Texans (4:9) nach den Verletzungen von Andrew Luck und Deshaun Watson kaum eine Chance auf die Ausscheidungsrunde hatten. Die Green Bay Packers (7:6) hoffen auf eine Rückkehr von Aaron Rodgers, um sich einen Playoff-Platz zu sichern.

Die Saison ist geprägt von Verletzungen bekannter Akteure. Die Arizona Cardinals (6:7) müssen seit Saisonbeginn auf Laufspieler David Johnson verzichten, die Texans auf Verteidiger J.J. Watt, die Seattle Seahawks (8:5) seit zwei Wochen auf Pass-Verhinderer Richard Sherman. Die Dallas Cowboys (7:6) fürchten um die Playoff-Teilnahme - nicht wegen einer Verletzung, sondern weil Running Back Ezekiel Elliott wegen häuslicher Gewalt für sechs Partien gesperrt wurde.

Beim Football passieren schlimme Verletzungen derart häufig, dass sie nicht selten über den Ausgang einer Spielzeit bestimmen. All die Ranglisten, die Experten und Fans vor Saisonbeginn so gerne erstellen, gelten nur bis zum ersten heftigen Zusammenstoß. Es geht in der NFL dann jedoch meist nicht mehr ums Durchhalten, ums Auf-die-Zähne-Beißen oder ums Trotz-Schmerzen-nicht-Aufgeben - sondern darum, wer am Ende genügend prägende Spieler übrig hat. Bei den Eagles wird nun kein unerfahrener Jungspund auf dem Feld stehen, sondern Nick Foles, der in Philadelphia vor ein paar Jahren als Hoffnung auf eine bessere Zukunft gegolten hatte und nach zwei Wanderjahren vor dieser Saison als Ersatzmann zurückkehrte. Er soll nun die Gegenwart retten, am Sonntag führte er die Eagles zum entscheidenden Field Goal. Grund genug für die Menschen in Philadelphia, doch auf ein Wunder zu hoffen.

© SZ vom 12.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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