American Football:Auch Deutsche unter den Kürzungsopfern

Kasim Edebali

Kasim Edebali reüssiert als einer der wenigen Deutschen in der NFL.

(Foto: dpa)

Der Football-Hype nimmt zu in Deutschland - aber deutsche Profis haben es in der neuen NFL-Saison schwer. Warum nur?

Von Christoph Leischwitz

Es war zuletzt schon fast zur Routine geworden, in der nordamerikanischen Football-Liga NFL auf einen deutschen Kollegen zu treffen. Mitte August posierten Kasim Edebali von den New Orleans Saints und Markus Kuhn von den New England Patriots im Rahmen eines Vorbereitungsspiels für gemeinsame Fotos, mit der schwarz-rot-goldenen Fahne in der Hand. "Eure Deutschen Jungs!", schrieb Edebali dazu auf seiner Facebook-Seite.

Doch zwischen Mitte August und Anfang September, wenn die Saison beginnt, kann viel passieren in der besten Football-Liga der Welt. Ein Wort bündelt die Ängste vieler Spieler: roster cut, Kaderkürzung. In jedem der 32 Franchise-Unternehmen dürfen letztlich nur 53 aktive Spieler auf der Liste stehen. Deshalb wird alljährlich, wenige Tage vor dem Saisonstart, noch einmal ein Viertel der Kunstrasen-Belegschaft gefeuert. Dieses Mal hat es auch einige der deutschen Jungs getroffen.

Zwei sind übrig geblieben: Der Hamburger Edebali, Defensive End der Saints, dürfte am kommenden Sonntag im Auftaktspiel gegen die Oakland Raiders zur Abwehr-Startelf gehören. Und vielleicht auch Mark Nzeocha aus Ansbach bei den Dallas Cowboys, der ebenfalls am Sonntag gegen die New York Giants in die Saison einsteigt.

Seit 2009 haben fünf Deutsche den Sprung in die NFL geschafft, und sie haben maßgeblichen Anteil daran, dass der NFL in der Heimat eine erhöhte Aufmerksamkeit zuteil wurde: Der Blocker Sebastian Vollmer hat mittlerweile mit den New England Patriots zwei Mal den Super Bowl gewonnen. Im Dezember 2014 gelang Markus Kuhn der erste Touchdown eines Deutschen, und das als Abwehrspieler. Im vergangenen Frühjahr wurde dann Moritz Böhringer von den Minnesota Vikings geholt, das halbe Dutzend schien voll zu sein.

Das Besondere an Böhringer war, dass er direkt vom Bundesligisten Schwäbisch Hall Unicorns rekrutiert wurde. Der 22 Jahre alte Receiver war der erste Europäer, der ohne eine Football-Ausbildung innerhalb der USA bei der jährlichen Talentschau auserwählt wurde. Und es stellte sich das Gefühl ein: Man muss nur ordentlich an seiner Athletik arbeiten, dann schafft man es auch ohne langjährige Erfahrung in eine Liga, in der man im ersten Jahr ein Mindestgehalt von 450 000 Dollar bezieht.

Hochgelobt, aber wohl chancenlos

Doch ganz so einfach ist es dann auch wieder nicht. Auch Böhringer fiel dem roster cut zum Opfer, er sagt, er habe das in den vergangenen Wochen schon kommen sehen. "Die sechs, sieben anderen, die jetzt drin sind, sind mir weit voraus", sagte er ran.de. Zumindest ist Böhringer ein Platz im Trainingsteam zugefallen, von dort aus kann er mit ein wenig Glück noch einmal in den Kader rutschen.

Sehr unwahrscheinlich ist das hingegen bei zwei anderen, lange hochgelobten Deutschen: Abwehrspieler Björn Werner war im vergangenen Jahr bei den Indianapolis Colts schon nicht mehr gewollt. Jetzt wurde er auch beim chronischen Außenseiter Jacksonville Jaguars ausgemustert. Das gleich Schicksal widerfuhr auch Kuhn beim Dauerfavoriten, den Patriots. Sebastian Vollmer ist außerdem verletzt, seine Hüftprobleme könnten sogar dazu führen, dass er in dieser Saison gar nicht mehr zum Einsatz kommt.

Der Hype in Deutschland nimmt weiter zu

Nun dürfte Edebali, der oft im medialen Schatten der Anderen stand, deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen. Der 27 Jahre alte Sohn einer alleinerziehenden Deutschtürkin spielt im dritten Jahr für die Saints, und er ist der erste Deutsche seit Vollmer, der sich als Profi kontinuierlich zu steigern weiß. Seine Statistik an Sacks, in denen der gegnerische Quarterback zu Fall gebracht wird, belegen das. Im ersten Jahr gelangen Edebali zwei Sacks, im zweiten Jahr fünf.

Im Vorbereitungsspiel gegen die Patriots, als auch Kuhn auf dem Platz stand, schaffte er zwei in einem Spiel. Hinzu kommt, dass die Saints auf Edebalis Position Verletzungssorgen haben, viele Konkurrenten verfügen über weniger NFL-Spielpraxis. "Je länger du dabei bist, umso mehr Respekt wird dir von anderen entgegen gebracht", weiß der einstige Spieler der Hamburg Huskies. Der Weg zum endgültigen Stammspieler scheint für ihn nicht mehr allzu weit zu sein.

Der heimische Hype wird wohl eher noch zunehmen. Vergangene Saison war die NFL erstmals im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen, von Anfang September bis zum Super Bowl im Februar. Das hat zu einem Popularitätsschub geführt: Ende 2015 stieg die Zahl der Mitglieder in Football-Vereinen um 6,5 Prozent (auf 53 800), die Klubs berichten, dass der Trend vor allem im Jugendbereich nicht abreißt.

Doch für ProSieben und Sat1, die viele Spiele übertragen, wird es halt deutlich schwerer werden, heuer regelmäßig deutsche Spieler im Programm anzukündigen. Am Sonntagabend startet ProSiebenMAXX schon einmal mit Nzeochas Cowboys. Weil weder die Cowboys noch die Saints zu den Titelaspiranten zählen, ist die Chance gering, diesmal einen Deutschen in den Playoffs zu sehen. Geschweige denn, dass noch einmal zwei aufeinander treffen

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