Amateurfußball:Spiel abgesagt wegen Fuchskot

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Stromausfall im Grünwalder Stadion: Eine Partie von 1860 musste vertagt werden. (Foto: imago/foto2press)

Ein Schiedsrichter pfeift nach 42 Minuten ab, in Garmisch muss ein Spiel wegen Exkrementen verschoben werden, beim TSV 1860 wegen Stromausfall. Kuriose Geschichten aus Bayerns Regionalliga.

Eklige Absage mit Beigeschmack

Die für Ende Oktober angesetzte Bezirksliga-Partie des 1. FC Garmisch-Partenkirchen gegen Penzberg musste "aus Sicherheitsgründen abgesagt" werden. Auf dem Garmischer Rasenplatz hatten mal wieder Füchse ihren Kot hinterlassen - eigentlich nichts Ungewöhnliches: "Für gewöhnlich beseitigt der Platzwart die Exkremente zeitnah", berichtete der Merkur. Diesmal sei dies nicht möglich gewesen, es habe "Zeit, Personal und Fachwissen" gefehlt, erklärte der Verein. Ein Ausweichen auf den Kunstrasenplatz sei wegen der "Nähe zum Hauptplatz und der Gefahr des immer wieder kursierenden Fuchsbandwurms" nicht möglich gewesen. Einen "faden Beigeschmack" hatte die eklige Absage für Penzbergs Interimstrainer Josef Siegert: "Die kommt den Garmischern gerade recht." Der 1. FC habe die Partie ohnehin verlegen wollen, da zwei Spieler am Tag zuvor auf einer Hochzeitsfeier eingeladen seien. Auf einen Ausweichtermin konnten sich die beiden Klubs nicht einigen - und dann kamen die schlauen Füchse.

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Von Christopher Gerards

Zweite Hälfte mit Vorspielzeit

Insgesamt bot der Schiedsrichter David Firlej beim Spiel der Landesliga Mitte zwischen dem TSV Waldkirchen und dem SV Etzenricht (4:2) im Mai laut der Passauer Neuen Presse eine "tadellose Leistung". Lediglich ein kleiner Fauxpas unterlief ihm: Er pfiff die erste Spielhälfte bereits nach 42 Minuten ab. Firlej stammt aus Oberösterreich und nahm an einem Schiedsrichter-Austauschprogramm teil, aber damit konnte die Sache nichts zu tun haben - sogar in Österreich ist der Ball rund und ein halbes Spiel dauert 45 Minuten. Den Fehler bemerkten Firlej und seine Assistenten Florian Eidenberger und Edin Kustura offenbar während der verfrühten Halbzeitpause. Sie dachten sich eine ungewöhnliche Korrektur aus, die die 110 Augenzeugen amüsierte: Die Spieler spielten nach der Pause noch einmal drei Minuten auf die selben Tore wie zuvor, tauschten dann die Seiten und absolvierten die offizielle zweite Hälfte. "Ich gehe seit 60 Jahren auf den Fußballplatz, so was habe ich noch nicht erlebt", sagte Waldkirchens Stadionsprecher Sigi Klose. Ein Tor fiel in der ungewöhnlichen Nach- bzw. Vorspielzeit allerdings nicht.

Nachmacher I

Albano Gashi stammt aus dem eigenen Nachwuchs des FC Ingolstadt, und womöglich liegt hierin das Geheimnis. Zum einen gab der Spielmacher nach seinem legendären Treffer beim FC Pipinsried an, dass er den gegnerischen Keeper, Thomas Reichlmayr, aus gemeinsamen Ingolstädter Zeiten kenne. Der stehe ja gerne weit vor seinem Tor, sagte Gashi. Also haute er den Ball direkt vom Anstoß, ohne eine weitere Ballberührung, ins Netz, direkter als bei diesem Regionalliga-Spiel kann man einen Ausgleich nicht erzielen. Zweitens sagte Gashi, er habe diesen Anstoßtrick geübt. So gab es also mehrere Indizien, dass Gashi womöglich gar kein Urheberrecht auf dieses Tor hat, sondern dass die Idee aus dem Ingolstädter NLZ stammt. Und siehe da: Schon knapp zwei Monate vor dem Gashi-Treffer Ende Oktober war schon einmal so ein Tor gelungen. Lukas Schröder traf am ersten Spieltag in der U17-Bundesliga auf dieselbe Weise, es war die erste Ballberührung der zweiten Hälfte gewesen (und der Schuss zum 1:0). Das Problem ist nur: Jetzt ist der Anstoßtrick kein Geheimnis mehr. Künftige Ingolstädter Gegner aller Altersklassen werden gewarnt sein.

Der Fünfte steigt auf

Die Lage in der Fußball-Kreisliga West Cham/Schwandorf war vor dem letzten Spieltag der Saison 2016/17 kurios: Weder der Erstplatzierte SG Ettmannsdorf/Schwandorf noch der Verfolger SG Schönthal/Premeischl durften aufsteigen - Spielgemeinschaften dürfen das Kreisgebiet nicht verlassen. Und der Tabellendritte Gleiritsch hatte keine Lust auf einen Aufstieg. Also witterte der 1. FC Schmidgaden seine Chance. Am finalen Spieltag traf er auf den viertplatzierten 1. FC Rötz, der gewann (1:0), aber ebenfalls dankend verzichtete. Nun wussten die Schmidgadener nicht, ob sie als Tabellenfünfter überhaupt noch aufsteigen durften. Doch dann kam, noch während die Spieler auf dem Platz waren, die frohe Nachricht von Spielleiter Josef Wocheslander - und die Schmidgadener durften plötzlich doch noch zur Bierdusche ansetzen. Ob sich der Aufstieg gelohnt hat, werden sie allerdings mittlerweile stark bezweifeln: Schmidgaden ist mit fünf Punkten aus 18 Spielen und 9:58 Toren Letzter in der Bezirksliga Oberpfalz Nord.

Unterschrift im Bierkönig

Gerade hatte der Torhüter Tom Starke seine Profikarriere beim FC Bayern München im Sommer beendet, da sollte er im Amateurbereich neu anfangen. Zumindest wenn es nach dem Bezirksligisten FC Finsing ging. Der meldete am 24. Juni auf seiner Facebook-Seite: "Starke ist heute Vormittag zur Mannschaft an den Bierkönig (auf Mallorca, Anm. d. Red.) gestoßen! Vergelt's Gott an unseren Investor Zahnarzt-Milliardär Sören Ismaik-Ortel aus Holzkirchen." Angefügt hatte er ein Bild der Vertragsunterzeichnung: Tom Starke lacht in die Kamera und schreibt mit einem Kugelschreiber auf ein Papier. Neben ihm sitzen der vermeintlich spendable (und schuhlose) Zahnarzt Sören Ortel und Vereinsvorstand Dieter Heilmair. Nach kurzer Zeit hat sich dann jedoch bereits herausgestellt: Alles war eine Ente, der Starke wechselt gar nicht. Im Nachhinein betrachtet war diese Entscheidung die beste für alle Beteiligten: Der FC Finsing spielt als Achter in der Bezirksliga Oberbayern Ost mit einem Team aus Eigengewächsen die stärkste Saison seiner Klubgeschichte. Und Tom Starke absolvierte unlängst als vom Rücktritt Zurückgetretener wieder zwei Partien im Tor des FC Bayern - und kassierte dabei kein Gegentor.

Nachmacher II

Die Löwen ließen sich durch nichts aus der, nun ja, Fassung bringen. Zunächst fiel bei diesem Abendspiel das Flutlicht aus, dann ging es wieder, dann fiel es nochmal aus, und dann gewannen die Löwen doch noch gegen den krassen Außenseiter mit 3:0. Die Schlussphase musste die Mannschaft darüber hinaus auch noch in Unterzahl bestreiten. Wenn nun jemand sagt, nein, nein, das lief doch ganz anders, das Freitagabendspiel der Löwen wurde wegen des Flutlichtsaufalls abgesagt und nicht im Fernsehen übertragen: Es gibt eben auch noch andere Löwen. Zwei Monate vor dem Elektro-Fauxpas im Grünwalder Stadion hatte der Bezirksligist TSV 1880 Wasserburg mit dem gleichen Problem zu kämpfen gehabt, es allerdings erfolgreicher gehandhabt. Doch in vielerlei Hinsicht liegt man mit den Sechzigern auf einer Wellenlänge: Wasserburg ist ebenfalls klarer Aufstiegsfavorit. Und man trägt auch einen Löwen im Wappen. Wenn auch einen roten.

Besichtigung in der Halbzeit

Laut Mietspiegel Bayern halten sich die Quadratmeterpreise für eine Immobilie in Straubing noch in Grenzen, wenn man sie beispielsweise mit München vergleicht. Doch selbst hier scheint die Lage so prekär zu sein, dass eine Wohnungsbesichtigung mittlerweile schon wichtiger ist als ein Fußballspiel in der A-Klasse. Und so ließ sich Ende März Attila Kosa im Spiel des FC Straubing gegen den FC Straßkirchen zur Halbzeit auswechseln, weil er auf Wohnungssuche war. Das dürfte ihm schon deshalb schwergefallen sein, weil sein Team ausnahmsweise einmal führte, 2:1. Als er in der 81. Minute wieder eingewechselt wurde, stand es 2:2. Unter dem Live-Ticker des Fußballportals fupa.net, über den die Auswechslung mit dem Satz "Kosa Attila ist zurück und wird wieder eingewechselt, nachdem er in der Halbzeitpause ausgewechselt werden musste, weil er zu einem Wohnungs-Besichtigungstermin fahren musste" bundesweit für Aufsehen sorgte, bekam Kosa hernach über 63 Prozent der Stimmen bei der Wahl zum besten Spieler. Mehr als die halbe Miete für einen Stammplatz? Offenbar nicht. In der Sommerpause wechselte Kosa zum TSV Metten.

Mit Mann und Maus im Angriff

In der 74. Minute des Regionalliga-Spiels zwischen dem FC Schweinfurt 05 und dem TSV Buchbach wurde bei den Buchbachern Torwart Daniel Maus eingewechselt. Der bereits auf dem Feld befindliche Torhüter Egon Weber ging jedoch nicht, und angesichts des Spielstandes von 0:1 war es für den TSV nicht sinnvoll, mit zwei Torhütern zu spielen. Also positionierte sich Maus im Angriff - es war der Personalnot geschuldet. "Er hat vorne richtig Druck gemacht, die Bälle gehalten", lobte Buchbachs Trainer Anton Bobenstetter hinterher. "Plötzlich haben wir in Unterzahl fast auf ein Tor gespielt." Die Partie ging dennoch 0:1 verloren, und auch am übernächsten Spieltag war dem Feldspieler Maus kein Erfolg vergönnt - das 0:0 in Pipinsried hätte ihm wohl mehr Freude bereitet, wenn er im Tor gestanden hätte. Dorthin durfte er anschließend auch wieder zurück.

Kornburger Revolution

Der TSV Kornburg war aufgestiegen, Wahnsinn. Doch frei nach Pierre Vergniaud muss man schon nach einem halben Jahr sagen: Der Erfolg frisst seine Kinder. Alles begann damit, dass es für die Mannschaft rein geografisch nach unten ging, der Nordost-Landesligist wurde der Bayernliga Süd zugeteilt. Danach wirkte alles so, als böte der Verein niemandem eine Heimat. Mitte Oktober musste der erfolglose Trainer Herbert Heidenreich die Bank räumen, mit ihm ging auch sein befreundeter Hauptsponsor Josef Maiser. Während Abteilungsleiter Kokott die Stimmung als "okay" deklarierte, verschwanden zahlreiche Spieler aus dem Kader. Ex-Profi Dominik Rohracker zum Beispiel, obwohl Kokott behauptete, der habe lediglich einmal wegen einer Hochzeit gefehlt. "Den Spieler Rohracker kenne ich nicht", widersprach dann aber der nächste Trainer, Alexander Contala. Den wiederum hatte man zwar sorgsam ausgesucht, er war nach einem Spiel aber schon wieder weg: Das sei "wie mit der Jamaika-Koalition", sagte er zur Begründung: Es habe einfach nicht gepasst. Ende November gab dann Kokott an, aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten zu sein. Sofort kehrte Heidenreich zurück, als Teammanager. Gemessen an diesem Personalchaos verlief sportlich alles noch recht glimpflich: Es fehlen gerade mal sieben Punkte auf einen Nichtabstiegsplatz.

Nachmacher III

Es gibt historische Vorbilder, zum Beispiel den TSV Waldkirchen: Der Landesligist hatte Anfang September, am elften (!) Spieltag, zwei Elfmeter gegen den ASV Cham verschossen und trotzdem 1:0 gewonnen - weil Cham kurz vor Schluss ebenfalls einen Strafstoß nicht über die Linie bekam. Bei einem anderen Landesliga-Spitzenreiter kam es dann aber noch extremer: Der SE Freising verschoss in der Partie gegen Pfarrkirchen alle drei Elfer höchstselbst - und gewann 2:0. David Gallauer hatte in der 11. (!) Minute vergeben, James Joseph in der 22., Mesut Toprak in der 65. Letzterer traf immerhin aus dem Spiel heraus. In Anlehnung an andere kuriose historische Ereignisse könnten sie sich in Freising nun ein T-Shirt drucken lassen: "Elfmeterversagersieger" zum Beispiel. Und wenn alles gut läuft am Ende der Saison sogar: "Elfmeterversageraufsteiger." Freising ist nämlich Erster.

© SZ vom 30.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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