Amateurfußball:Reinhard Grindel besänftigt die Kritiker

Reinhard Grindel

Trat einst mit dem Wahlversprechen an, sich für die Amateure einzusetzen: DFB-Präsident Reinhard Grindel.

(Foto: dpa)
  • DFB-Präsident Reinhard Grindel diskutiert in Berlin über die Sorgen der Amateurvereine.
  • Einst versprach Grindel, sich für die Amateure einzusetzen - doch die haben sich seitdem eher von ihm abgewendet.
  • In Berlin kündigt der DFB-Präsident Geschenke für die Landesverbände an.

Von Sebastian Fischer, Berlin

Cacau hat einen Witz gemacht, und alle lachen, nur einer nicht. Cacau, der frühere Nationalspieler, ist seit Oktober Integrationsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), deshalb sitzt er am Mittwochabend in Berlin auf Einladung der Grünen in einer Podiumsdiskussion über Fußball und Integration. Als es darum geht, warum eigentlich niemand im DFB-Präsidium einen Migrationshintergrund hat, sagt der gebürtige Brasilianer: "Wenn Herr Grindel von seinem Amt müde ist, kann ich übernehmen."

Zwei Stühle weiter sitzt: Herr Grindel. Und bemüht sich so zu tun, als würde er grinsen. Er, der DFB-Präsident, ist ja überhaupt nicht amtsmüde, im Gegenteil. Deswegen ist er ja hier.

Es ist nun knapp ein Jahr her, dass Reinhard Grindel auch deshalb an die Spitze des größten Sportfachverbands der Welt gewählt wurde, weil er versprach, sich für die Amateure einzusetzen. Doch viele Amateure haben sich seitdem eher von ihm abgewendet. In Bayern hat sich um den früheren Unterhachinger Vereinspräsidenten Engelbert Kupka eine Bewegung gebildet, die sich "Rettet die Amateurvereine" nennt und dem DFB vorwirft, die Amateurvereine finanziell zu benachteiligen, sich nur noch für den Profifußball zu interessieren. In Berlin hat sich um Gerd Thomas, Präsident des Landesligisten FC Internationale, eine ähnliche Interessensgemeinschaft geschart. Im November hatte Thomas einen offenen Brief an Grindel verfasst, einen Wunschzettel, in dem er den DFB unter anderem zu ehrlicherem Engagement für die Amateure, Unterstützung für das Ehrenamt und mehr Transparenz aufforderte.

Grindel antwortete und versprach ein Treffen in Berlin, und am Mittwoch löste er sein Versprechen ein. Gemeinsam mit Cacau besuchte er zunächst den FC Internationale und kam danach bei der Veranstaltung des Grünen-Sportpolitikers Özcan Mutlu vorbei, mit dem Grindel bis Juni 2016 im Sportausschuss des Bundestags saß. Die Botschaft, die dann auch am nächsten Tag genauso auf der DFB-Webseite steht: Grindel bei der Arbeit an der Basis.

Grindel verspricht den Landesverbänden mehr Geld

Nun ist der Zwist zwischen Amateuren und DFB-Spitze durchaus kurios. Während sich viele Vereine zunehmend über hohe Abgaben und bürokratische Hürden beschweren, sich um die Zukunft sorgen und den Profis beim Reichwerden zuschauen, sagt Grindel, die Unterstützung für den Amateurfußball sei so groß wie nie. Termine wie die in Berlin scheinen also ziemlich wichtig zu sein, um einander zu verstehen. Und für Grindel sind sie wichtig, um Glaubwürdigkeit zu wahren.

Er spricht, natürlich, über die kulturelle Vielfalt der Nationalmannschaft und lobt das Engagement vieler Vereine für Flüchtlinge. "Der Fußball ist ein Beispiel dafür, wie in anderen Bereichen nachgezogen wird", sagt Grindel. Nun ja, sagt Caroline Gaffron, die in Berlin das ausgezeichnete Flüchtlings-Fußball-Projekt "Champions ohne Grenzen" leitet: Viele Vereine seien damit auch immer noch überfordert, und für Migranten sei es zu kompliziert, Schiedsrichter oder Trainer zu werden. Man müsste, anstatt nur zu loben, eigentlich jetzt ein Konzept erarbeiten, um die Vereine professionell auf die Integrationsarbeit vorzubereiten.

Grindel schließt eine Professionalisierung des Ehrenamts aus, verweist auf bestehende Förderprojekte beim DFB, das Programm "1:0 für ein Willkommen", das mehr als 3000 Vereine mit 500 Euro unterstützte. Die Kommunikation zwischen Vereinen und Landesverbänden müsse besser werden, dann ließen sich Probleme einfach lösen. Er werde sich dafür einsetzen, von 2019 an, wenn ein neuer Ausrüstervertrag anläuft, die Landesverbände mit mehr Geld auszustatten. In Zukunft, sagt er, könnte es bis hinunter auf die Kreisebene Vereinsberater geben, die den Klubs bei der Bewältigung ihrer Probleme helfen, sie auf Fördermöglichkeiten hinweisen, eine Art Sorgentelefon. Das war ein Vorschlag von Gerd Thomas gewesen.

Der DFB-Kritiker, bei der Podiumsdiskussion Zuschauer, ist am Ende zufrieden. "Die Emanzipation der Amateure ist nicht aufzuhalten", sagt Thomas, die Vertreter der Kleinen haben den DFB-Präsidenten zu einem Eingeständnis gezwungen, sie sind nicht mehr die stillen Untergebenen, so sieht er das. Er habe den Eindruck, das sei auch bei Reinhard Grindel angekommen.

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