Alvaro Morata:Der Reservist, für den Chelsea 80 Millionen zahlt

SSC Napoli v Real Madrid CF - UEFA Champions League Round of 16: Second Leg; Alvaro Morata

Künftig bei Chelsea unter Vertrag: Angreifer Alvaro Morata.

(Foto: Getty Images)
  • Bei Real Madrid war Alvaro Morata zuletzt Dauerreservist.
  • Jetzt wird der Stürmer durch seinen 80-Millionen-Euro-Transfer zum FC Chelsea zum bisher teuersten spanischen Fußballer.
  • Auch der AC Mailand war an Morata dran - doch der entschied sich wegen Trainer Antonio Conte zum Wechsel nach London.

Von Birgit Schönau

Angeblich zahlt Roman Abramowitsch 80 Millionen Euro. Wenn das stimmt, wäre Alvaro Morata der teuerste spanische Spieler, teurer als Fernando Torres, der dem FC Chelsea auch schon 58 Millionen wert war. Aber das ist sieben Jahre her, damals mussten Europas Großklubs noch nicht mit chinesischen Fußballzwergen konkurrieren, deren riesengroße Offerten alle Tradition in den Schatten stellen.

Beim Schacher um Morata soll auch der FC Tianjin Quanjian mitgeboten haben, der Anthony Modeste aus Köln in den Fernen Osten gelockt hat und von Fabio Cannavaro trainiert wird, Italiens Weltmeister und Weltfußballer von 2006. Die Chinesen sollen Morata 30 Millionen netto im Jahr geboten haben, was der Spanier heldenhaft ablehnte. Er wolle, so begründete er die Entscheidung für Chelsea, durchaus "noch etwas lernen". Was einem umso leichter fällt, wenn die Lernerei mit zehn Millionen jährlich vergütet wird.

Aber mit seinen 24 Jahren in die vergoldete Frühstpension gehen, das will Morata jedenfalls nicht. Wer einmal nach China abtaucht, kommt so schnell nicht wieder. Und was nutzt das viele Geld, wenn man sich dafür keinen Ruhm kaufen kann?

Bei Milan hätte Morata einen alten Kumpel getroffen

In London kommt eines zum anderen: Abramowitsch will Leistung und Trophäen sehen. Verglichen mit den neuen chinesischen Fußball-Kapitalisten ist der Russe ziemlich old school, fast möchte man sagen: old money! Dass er plötzlich so sehr viel Geld für einen Reservisten von Real Madrid locker macht, mag erstens an der Konkurrenz liegen.

Auch der AC Mailand war dran an Morata, das Geschäft wurde von den Hofgazetten schon als quasi abgeschlossen vermeldet, genau wie der Zugang des Dortmunders Pierre-Emerick Aubameyang (wogegen sich der BVB hartnäckig sträubt). Bei Milan hätte Morata seinen alten Kumpel aus Juventus-Zeiten, Leonardo Bonucci, getroffen, der sich dem Vernehmen nach mächtig für Alvaro ins Zeug gelegt hat. Solche Bestrebungen mag man in London gar nicht gern gesehen haben, denn auch Milan gehört inzwischen überaus kaufwütigen Chinesen.

Die bisher teuersten Fußball-Transfers

1. Paul Pogba 105,0, 2016, Juventus Turin -> Manchester United

2. Gareth Bale 100,76, 2013, Tottenham Hotspur -> Real Madrid

3. Romelu Lukaku 100,0, 2017, FC Everton -> Manchester United

4. Cristiano Ronaldo 94,0, 2009, Manchester United -> Real Madrid

5. Gonzalo Higuain 90,0, 2016, SSC Neapel -> Juventus Turin

6. Neymar 86,2, 2013, FC Santos -> FC Barcelona

7. Luis Suárez 81,0, 2014, FC Liverpool -> FC Barcelona

8. Alvaro Morata 80,0, 2017, Real Madrid -> FC Chelsea

8. James Rodriguez 80,0, 2014, AS Monaco -> Real Madrid

10. Zinedine Zidane 76,0, 2001, Juventus Turin -> Real Madrid

* Summen teilweise geschätzt

Also: Schnell raus mit der Offerte, zumal, und damit kommt Punkt zwei für die Rekordsumme ins Spiel, Abramowitsch auch Trainer Antonio Conte im Nacken sitzt. Wer Conte kennt, weiß, dass er, Türen knallend, jede Firma verlässt, wenn Wünsche nicht erfüllt werden. Bei Juventus, wo der dreifache Meistertrainer 2014 mitten im Sommer die Biege zur Nationalelf machte, kann man ein Lied davon singen. Und beim italienischen Verband, der Conte nicht die Bitte regelmäßiger Trainingscamps erfüllen konnte, sowieso.

Mit Chelsea wurde der Coach aus dem süditalienischen Apulien im ersten Jahr Meister, im zweiten soll bitte mindestens der Ohrenpokal der Champions League in die Vitrine der Londoner wandern. Nicht zuletzt will der ehrgeizige Conte die Schmach ausradieren, dass Juventus nach seinem Abgang in drei Jahren zwei Mal im Finale stand, während er es nur einmal ins Viertelfinale schaffte.

Morata lobt schon mal seinen künftigen Trainer

So holte der Coach in diesem Sommer bereits Torhüter Willy Caballero (Manchester City), Mittelfeldspieler Tiemoué Bakayoko (AS Monaco) und in die Abwehr den deutschen Nationalspieler Antonio Rüdiger (AS Rom). Conte gestaltet Chelsea nach seinen Plänen um. Für Diego Costa etwa ist kein Platz mehr: Der spanische Torjäger hat das verstanden und zeigte sich im Internet schon im Trikot von Atlético Madrid - jenem Klub, der auch Morata einst in der Jugend entdeckt hatte.

Es gibt Spieler, die unter dem Joch von Conte stöhnen und ihn unerträglich finden. Einige mehr allerdings schwärmen geradezu von ihm, loben sein Charisma, seine Motivationsfähigkeit. Zu letzteren gehört Morata: "Ich gehe zu dem Team mit jenem Coach, der das meiste Vertrauen in mich gesetzt hat", verkündete er - was putzig ist, denn wenn Conte ihn auch 2014 nach Turin holte, so hat Morata doch nie bei ihm gespielt.

Massimiliano Allegri übernahm den langen (fast 1,90 Meter) Spanier und hätte ihn gern behalten, als Real Madrid seinen Plänen einen Strich durch die Rechnung machte. Dabei hätte ihn Trainer Zinedine Zidane dort gar nicht gebraucht. Bei den Königlichen spielte der für seine Größe erstaunlich schnelle, wendige Morata wieder nicht die erste und auch nicht die zweite Geige - er landete, wie schon zuvor, flugs hinten im Orchester. Immerhin reichte es zum Sieg in der Champions League.

Im Finale, just gegen Juventus, durfte Morata in der 89. Minute auf den Platz. Zu einem Tor reichte die Zeit nicht mehr, dabei ist der Angreifer ein Mann der letzten Minuten. Wenn das Spiel fast vorbei ist, das Resultat schon festzustehen scheint, dann tritt Morata auf den Plan - und trifft.

In Italien, wo die Nachspielzeit nach dem in den 1930er-Jahren aktiven Italo-Argentinier Renato Cesarini "Zona Cesarini" genannt wird, hatte man schon die "Zona Morata" im Visier. Aber um Geschichte zu schreiben, war der Spanier nicht lange genug geblieben. Vielleicht gelingt ihm das jetzt in England, mit Don Antonio.

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