Altkanzler:Schröders Verrat

Er ist bekennender Dortmund-Fan und Ehrenmitglied des BVB. Doch das hat Gerhard Schröder nicht davon abgehalten, dem großen Rivalen Schalke 04 zu helfen.

Hans Leyendecker

Normalerweise sind sich die Anhänger der Fußballvereine Schalke 04 und Borussia Dortmund (BVB 09) spinnefeind; viel mehr jedenfalls als gewöhnliche Parteigänger von CDU/CSU und SPD. Dortmunder Fans nennen den anderen Verein nur "FC Meineid", weil in den siebziger Jahren Schalker Spieler, die sich vor einem Spiel in Bielefeld hatten bestechen lassen, noch vor Gericht die Unwahrheit gesagt hatten. "Wir fahren nach Lüdenscheid," sagen Schalke-Fans, wenn sie das Wort "Dortmund" vermeiden wollen. Lüdenscheid, eine im Nordwesten des Sauerlandes gelegene Stadt, ist das Synonym für den kleinzuredenden Gegner.

Gerhard Schröder

Als er noch aktiver Politiker war, zeigte sich Gerhard Schröder den Wählern gerne bei Fußballspielen - vor allem im Westfalenstadion

(Foto: Foto: dpa)

Nur wenige Fußballfreunde sind Anhänger beider Vereine. Der Sauerländer Franz Müntefering, der mal Betonsozi, mal Modernisierer spielte, ist eine solche Ausnahmeerscheinung. Müntefering hatte in seinem Büro im Bundestag Schals vom BVB und von Schalke 04 hängen.

Guter Rat für den Aufsichtsratchef

Nun hat ausgerechnet ein Ehrenmitglied des BVB, Altkanzler Gerhard Schröder, der keinen Schalke-Schal hat, dem Rivalen aus der Klemme geholfen. Schalke-Aufsichtsratschef Clemens Tönnies hatte dem Sozialdemokraten vor einigen Monaten einen langen Brief geschrieben, weil er auf ein Engagement des reichen russischen Staatskonzerns Gazprom bei seinem finanziell wieder einmal arg bedrängten Club hoffte (Schulden angeblich 255 Millionen Euro).

Schröder, der Verwaltungsratspräsident bei der Nordeuropäischen Gas-Pipeline AG, einer mit deutschen Unternehmen verbandelten Gazprom-Tochter ist, bekommt von vielen Vereinen solche Bittbriefe, aber im Fall Schalke wurde er aktiv. Der Sozialdemokrat rief Aufsichtsratschef Tönnies an und riet dem Schalke-Mann, er solle sich mit Alexeij Miller, dem Gazprom-Chef, in Verbindung setzen. Mehr machte er nach eigenem Bekunden nicht.

Kein Fanatiker

Ob mit oder ohne Schröder - es hat gereicht. Der russische Energiegigant steigt als Hauptsponsor beim FC Schalke 04 ein, und das Engagement der Russen soll an diesem Dienstag wie bei einem Staatsakt offiziell bekannt gegeben werden. Bis zu 125 Millionen Euro will der Energiekonzern angeblich in den nächsten fünf Jahren nach Gelsenkirchen überweisen. Dies wäre einer der höchsten Sponsorenverträge, den je ein Bundesliga-Club an Land ziehen konnte: "Mich freut das außerordentlich", sagt Schröder. Das sei "gut fürs Revier und für den Traditionsverein".

Schröder, der einst beim TuS Talle Mittelstürmer war und "Acker" genannt wurde, hat ein großes Herz, wenn es um Fußball geht. Als Kanzler tauchte er bei Spielen des Energie Cottbus auf, "weil der Verein ein Hoffnungsträger für eine arme Region ist". Auch schätzte er den früheren Cottbus-Trainer Eduard Geyer. Manchmal sitzt er auf der Tribüne seines Heimatclubs Hannover 96, aber "mein Verein ist der BVB".

Ein fanatischer Dortmund-Fan ist der Ex-Kanzler nicht. Im Vorjahr behauptete er im Wahlkampf sogar, er gönne Schalke die Meisterschaft. Der langjährige ehemalige Schalke-Manager Rudi Assauer, der mal beim BVB als Spieler erfolgreich war, mochte ihn auch. Auf die Frage, ob er Angela Merkel oder Schröder besser finde, sagte Assauer vor Monaten in einem Interview: "Weil ich den Alten ganz ordentlich kenne, sage ich Schröder".

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