Allianz Arena:Der FC Bayern muss Millionen in sein Stadion stecken

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Der neue Münchner Fußballtempel kann sich finanziell nicht selbst tragen.

Klaus Ott

Natürlich ist die Allianz Arena wieder voll. Jedes Heimspiel des FCBayern München in der Bundesliga ist ausverkauft; ganz gleich, ob wie am Samstag Hertha BSC Berlin, der Tabellenführer, kommt, oder ob Energie Cottbus antritt. Auch für die Partie im Dezember gegen den Aufsteiger aus dem Osten Deutschlands sind längst alle Karten vergriffen. In der Champions League bietet sich das gleiche Bild. Für die Begegnung Ende Oktober gegen Sporting Lissabon gibt es keine Tickets mehr.

Der neue Münchner Fußballtempel kann sich finanziell nicht selbst tragen. (Foto: Foto: ddp)

Die Kalkulation des FC Bayern, mit einer reinen Fußball-Arena mehr Fans anzulocken als im weiten Rund des Olympiastadions, ist aufgegangen. Die Hoffnung, die 350 Millionen Euro teure und knapp 70 000 Zuschauer fassende Spielstätte möge sich finanziell selbst tragen, hat sich allerdings nicht erfüllt. Die Arena wird für den FC Bayern zum Zuschussbetrieb, weil die Betriebskosten deutlich höher ausfallen als angenommen. Auf Jahre hinaus werde ein ,,Kapitalzufluss'' vom Klub an die eigene Stadiongesellschaft nötig sein, sagt der Finanzvorstand der Bayern, Karl Hopfner. Große Summen sind erforderlich. Ist Deutschlands reichste Fußball-Firma, die FCBayern AG, also bald gezwungen, an der Mannschaft zu sparen? Nein, sagt der Finanzchef und führt aus: ,,Wir haben auch bisher nicht das ganze Geld in die Mannschaft gesteckt.''

In den kommenden Wochen muss der Klub nach Angaben von Hopfner eine ,,Garantieerklärung'' für Allianz Arena Stadion GmbH abgeben, die den Bayern seit dem Ausstieg des TSV 1860 allein gehört. Auf der Stadion GmbH lasten Kredite von mehr als 300 Millionen Euro, deren Rückzahlung bis ins übernächste Jahrzehnt dauert. Zins und Tilgung verschlingen hohe Summen; Betriebskosten und Abschreibungen kommen hinzu.

Mit der anstehenden ,,Garantiererklärung gewährleistet der FC Bayern, bei Bedarf genügend Geld in die Stadiongesellschaft einzuzahlen, damit diese ihre Verpflichtungen erfüllen kann und weder bilanziell überschuldet ist noch zahlungsunfähig wird. Der Betrag werde ,,irgendwo zwischen 10 und 20 Millionen Euro liegen'' und voraussichtlich von der nächsten Saison an nach und nach fällig sein, sagt der Finanzvorstand. Das wird kein einmaliger Vorgang bleiben, daran lässt Hopfner keinen Zweifel. ,,In den nächsten Jahren werden ein weitere Kapitalzuflüsse an die Stadiongesellschaft erforderlich sein. Das gilt für einen längerfristigen Zeitraum.''

Das hat auch Konsequenzen für den zweiten Profiklub am Ort, den TSV 1860. Der hatte die Arena mit den Bayern gebaut; vor einem halben Jahr musste der Zweitligist seine Stadionhälfte für elf Millionen Euro an den Erstligisten veräußern, um nicht pleite zu gehen. Die Vereine vereinbarten, dass die Sechziger ihren Anteil in einigen Jahren zurückkaufen könnten, falls sie in der Lage seien, die Kaufsumme plus Zinsen aufubringen.

Jetzt ist klar: 1860 müsste noch weit mehr Geld überweisen. Der Klub müsste nachträglich auch die Hälfte der Summen überweisen, die der FC Bayern zusätzlich in die Stadion GmbH einbringt, sagt Hopfner. Also fünf bis zehn Millionen Euro ab der kommenden Saison plus weitere Millionen in den Folgejahren. Der TSV 1860 dürfte sich das kaum leisten können und wird nun wohl auf ewig Mieter bleiben - eine böse Überraschung für alle jene, die noch von einem Rückkauf der Stadionanteile träumen.

Die Bayern nehmen das Geld für die Stadion GmbH laut Hopfner aus ihren ,,liquiden Mitteln''; und die hatte Manager Uli Hoeneß bei der Eröffnung der Arena Ende Mai 2005 auf 127 Millionen Euro beziffert. Hoeneß sagte damals, wenn irgendwann ,,der Super-super-Spieler'' für 25 Millionen Euro zu haben sei, nehme man die Summe eben aus den Rücklagen. Nun wird dieses Vermögen für das Stadion angetastet. Tun sich die Bayern fortan folglich schwerer auf dem Transfermarkt? Nein, sagt Hoeneß. Man könne weiterhin ,,in einer Größenordnung von 20 bis 25 Millionen Euro'' zuschlagen, trotz der ,,Arena-Problematik''.

Immer international dabei

Wie viel Geld die Bayern für ihr Stadion künftig ausgeben müssten, und wie lange, sei noch nicht absehbar, sagt Hopfner. Die Rechnung ist einfach: Je mehr Spiele in der Champions League, je mehr Kongresse und anderen Veranstaltungen in den Tagungsräumen, desto mehr Erlöse bei der Stadion GmbH und desto geringer deren Kapitalbedarf. Desto größer aber auch der Druck auf die Mannschaft, sich für die Champions League zu qualifizieren. Einer der ersten drei Plätze, die zur Teilnahme an der Champions League berechtigen, gilt als Pflicht.

Für Finanzchef Hopfner ist es ,,entscheidend, dass wir unser Ziel erreichen, international mitzuspielen''. Sei das nicht der Fall, dann ,,kämen wir ein oder zwei Jahre auch so über die Runden, aber dann würde es finanziell für uns enger werden''. Vor wenigen Wochen hat Hoeneß laut darüber nachgedacht, irgendwann neben Adidas vielleicht noch einen weitere Partner in die FC Bayern AG aufzunehmen oder an der Börse Aktien zu verkaufen. Man könnte dann ein Investment ,,nicht nur in Beine, sondern auch in Steine anbieten'', sagte Hoeneß dem Internetdienst Sport1. Das sei aber keine aktuelle Überlegung, geplant sei überhaupt nichts, und ,,tausend Gründe'' sprächen dagegen, obwohl der FC Bayern ein ,,Vorzeigeobjekt'' wäre.

Keine Börsenpläne

Dennoch ergibt sich die Frage: Könnten die Bayern eines Tages darauf angewiesen sein, Kapital an der Börse zu besorgen, um wegen der Arena nicht an der Mannschaft sparen zu müssen? Dann drohte ein Teufelskreislauf: weniger Spitzenspieler, weniger Siege, keine Champions League, weniger Einnahmen bei der FC Bayern AG, weniger Spiele in der Arena, weniger Einnahmen auch dort, noch höhere Zuschüsse der AG für die Arena, noch weniger Geld für die Mannschaft.

Der FC Bayern habe keine Börsenpläne und sei nicht auf den Verkauf von Aktien angewiesen, sagt Hopfner. ,,Wir haben immer so gewirtschaftet, dass wir maximal das ausgeben, was wir einnehmen, und auf einer soliden Basis stehen.'' Aber was in fünf oder zehn Jahren sei, könne heute niemand sagen. Jetzt gilt es erst einmal, den genauen Kapitalbedarf der Stadion GmbH für diese Saison, die vorherige Spielzeit und die Phase davor zu ermitteln. Erst danach wissen die Bayern, ob sie für zehn oder doch für 20 Millionen Euro geradestehen müssen. Grund für die deutlich höheren Ausgaben seien vor allem die ,,ganz gewaltig gestiegenen Energiekosten'', sagt Hopfner. Das Stadion wird aber weiter in den Vereinsfarben leuchten - denn daran liegt es nicht, dass die Arena Geld vom FC Bayern braucht.

© SZ vom 14.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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