Alberto Contador:"Der neue Lance Armstrong"

Nach der Suspendierung von Rasmussen führt jetzt Alberto Contador die Tour an. Der Spanier soll Kunde beim Dopingarzt Fuentes gewesen sein.

Johan Bruyneel, Sportdirektor des Teams Discovery Channel, ist überzeugt von seinem Fahrer Alberto Contador: "Wenn er die Tour de France nicht dieses Jahr gewinnt, dann bestimmt in einem der nächsten Jahre. Er ist nämlich der neue Lance Armstrong." Bruyneel sollte es wissen, denn er hat den Amerikaner Armstrong zu sieben Toursiegen geführt. Auch in seiner Heimat wird Contador als neuer Hoffnungsträger gefeiert. Nach dem Rauswurf des Dänen Michael Rasmussen ist der 24-jährige Spanier Spitzenreiter der Tour mit knapp zwei Minuten Vorsprung auf den Australier Cadel Evans. Aber auch Contador steht unter Dopingverdacht: Sein Name taucht in Dokumenten des Dopingarztes Eufemiano Fuentes auf.

Beim Aufstieg der 14. Etappe zum Plateau de Beille verwies Contador sogar Rasmussen auf den zweiten Platz. Dabei unterbot mit einer Zeit von 44 Minuten und acht Sekunden auf der knapp 16 Kilometer langen Pyrenäenrampe die Vorleistungen des dort zweimal siegreichen Lance Armstrong (2002: 45:43 Min. / 2004: 45:30). Bei seiner ersten Tour 2005 hatte Contador noch Platz 391 belegt, mit mehr als einer Stunde Abstand auf Armstrong.

Für die spanischen Medien ist Alberto Contador trotz aller Verdachtsmomente ein Held. "Er hat eine einzigartige Gabe. Einige nennen es Klasse, andere Genialität", schwärmte die spanische Zeitung El País, nach dem Etappensieg in Plateu de Beille. "Er kommt aus einer anderen Welt", schrieb das Blatt über den Profi mit den "Feuerbeinen" weiter. Contador reagiert etwas verlegen auf so viel Lob. "Ich fühle mich geehrt, so etwas zu hören. Aber ich bin der Nachfolger von niemandem. Ich bin einfach Alberto Contador."

Weniger gern hört der Mann aus Pinto, einem kleinen Vorort Madrids, das Thema Doping. "Ich war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort", sagt Contador meist, wenn er darauf angesprochen wird, dass sein Name im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit dem Skandal um den mutmaßlichen Dopingarzt Eufemiano Fuentes aufgetaucht war. Als Musterschüler war Contador zudem fünf Jahre im Liberty-Team des im Mai verhafteten Manolo Saiz aktiv. Liberty war erwiesenermaßen eine verseuchte Mannschaft. Dass Contador dort Kunde bei Fuentes gewesen ist, belegen die Akten der Guardia Civil.

Contadors Name steht zum einen auf dem Dokument Nummer 31 der "Operación Puerto": Dort ist hinter dem Kürzel A.C. der Name des früheren Liberty-Fahrers zusätzlich handschriftlich vermerkt. Bei der Liste handelt es sich um einem Liberty-Medikationsplan fürs Rennjahr 2005, und neben Contadors Name steht: "Nada o igual a J.J." - nichts oder wie bei J.J. Hinter diesem Kürzel verbirgt sich Jörg Jaksche, der die Zusammenarbeit mit Fuentes gestanden hat.

Contadors Name wurde jedoch schon bald von der Liste der in der "Operación Puerto" verdächtigten Fahrer gestrichen. Spekuliert wird, der 24-Jährige habe sich den Ermittlern als Zeuge gegen Fuentes zur Verfügung gestellt. Er selbst sagt, es sei alles bloß "ein Irrtum" gewesen: "Schon nach vier Tagen hat mich der Weltverband UCI entlastet." Die Ermittlungen sind inzwischen eingestellt, und seither ist der Skandal in Spanien kein großes Thema mehr - Fuentes durfte kürzlich sogar an einer staatlichen Universität einen Vortrag halten.

Dass Contador überhaupt noch im Radsport ist, hat er einem schweren Sturz bei der Asturien-Rundfahrt Anfang 2004 zu verdanken. Die Ärzte stellten damals im Krankenhaus fest, dass er schon längere Zeit mit einer lebensgefährlichen Gefäßerweiterung (Aneurysma) im Gehirn lebte. Sechs Monate nach einem riskanten Eingriff saß er wieder auf dem Rad. Mit seinen 1,76 Metern und 61 Kilogramm gilt er als idealer Kletterer.

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