Akademie des FC Bayern:Bayern sucht den neuen Lahm-Müller-Schweinsteiger

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FC Bayern Campus: Hoffnungsstätte für frische Nachwuchstalente (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • "Wir haben da in den vergangenen Jahren nicht so gut gearbeitet", sagt Uli Hoeneß über den eigenen Nachwuchsbereich.
  • Um wieder fähige Talente ins Profiteam integrieren zu können, wurde nun ein neues Nachwuchszentrum eröffnet.
  • Der Campus hat eine eigene Bushaltestelle, er ist rund viermal so groß wie das Trainingsgelände an der Säbener Straße und umfasst 30 Hektar, darauf acht Sportplätze und ein kleines Stadion.

Von Sebastian Fischer, München

Als der deutsche Fußball-Rekordmeister am Montag sein 70 Millionen Euro teures Nachwuchsleistungszentrum namens "FC Bayern Campus" einweihte, spielten in der Ecke des Festzelts auf einer Bühne Die Heufelder aus Markt Bruckmühl im Kreis Rosenheim: vier Musikanten in Tracht, mit Trompete, Klarinette, Akkordeon und Gitarre. Und eigentlich war es danach schon fast schon egal, was alle Beteiligten zum feierlichen Anlass zu sagen hatten - das war sie schon, die Botschaft, die der FC Bayern München an diesem Tag hinaus senden wollte: Wir machen jetzt im modernen Fußball mit. Aber wir machen es auf unsere Weise.

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Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge haben in diesem Sommer viel von dem eigenen Weg des FC Bayern gesprochen, von Investitionen in Steine statt Beine. Der Brasilianer Neymar wechselte für 222 Millionen zu Paris St. Germain, Ousmane Dembélé von Borussia Dortmund soll 150 Millionen Euro teuer sein; Hoeneß nennt den internationalen Transfermarkt nur den "Transferwahnsinn". Als die Heufelder fertiggespielt hatten, betrat er die Bühne. Mit der neuen Akademie, sagte er, "geben wir die richtige Antwort auf die Entwicklungen im internationalen Fußball". Und: "Vielleicht gelingt es uns, den Vorsprung, den die anderen haben, auszugleichen."

Alaba war der bislang Letzte, der es aus der Jugend in die erste Mannschaft schaffte

Der FC Bayern ist zwar bekanntlich in den vergangenen fünf Jahren fünfmal deutscher Meister geworden, und es spricht viel dafür, dass er auch in diesem Jahr wieder ganz gute Chancen auf den Titel hat. Doch wenn es um den eigenen Nachwuchs ging, haben Hoeneß und Rummenigge zuletzt öfters deutliche Kritik geübt. Aus der Bayern-Jugend kamen in jüngster Zeit keine Spieler mehr oben bei den Profis an. Während in Dortmund, Leipzig oder Hoffenheim Nachwuchsleistungszentren gebaut, Konzepte erarbeitet und Spieler ausgebildet wurden, investierte der FC Bayern eher in die Spieler aus Dortmund, Leipzig oder Hoffenheim.

"Wir haben da in den vergangenen Jahren nicht so gut gearbeitet", sagt Hoeneß. Der Österreicher David Alaba, 25, war der Letzte, der es aus der Jugend in die erste Mannschaft schaffte. Auf den nächsten Bayern, den nächsten Thomas Müller, Philipp Lahm oder Bastian Schweinsteiger, der die von Hoeneß beschworene Identität des Klubs verkörpert, warten sie voller Sehnsucht. In diesem Sommer haben die Münchner immerhin so viel getan, um diese Sehnsucht zu stillen, wie seit Jahren nicht mehr.

Sie haben die Nachwuchsspieler Torben Rhein, Nemanja Motika, beide 14, und dessen kleinen Bruder Nikola, 13, von Hertha BSC Berlin geholt, bis zu 200 000 Euro Ablöse wurden kolportiert. Die U17 und die U19, jahrelang ziemlich erfolglos, erreichten dieses Jahr jeweils das Finale um die deutsche Meisterschaft, die U17 gewann es sogar. Zwar sollen die Beteiligten darüber selbst sehr überrascht gewesen sein, doch auch das war ein Signal: "Wir haben einige Vorarbeit geleistet", sagte Hoeneß.

Und nun haben sie also auch ein Nachwuchszentrum. 26 Jugendspieler wohnen schon auf dem Gelände, es gibt 35 Appartements. Der Campus hat eine eigene Bushaltestelle, er ist rund viermal so groß wie das Trainingsgelände an der Säbener Straße, 30 Hektar, acht Sportplätze, ein kleines Stadion. Natürlich fehlt nichts, was junge Fußballer im Jahr 2017 so gebrauchen könnten, in einem Aufenthaltsraum stehen neben dem kinogroßen Bildschirm gar Gesellschaftsspiele, Vier gewinnt und Monopoly.

Nun müssen sie nur noch herausfinden, wie der Weg des FC Bayern genau aussehen soll, was sie den Fußballern hier beibringen wollen. In der berühmtesten Nachwuchsakademie der Welt, La Masia vom FC Barcelona, werden die besten Kurzpass-Spieler des Planeten ausgebildet, in jeder Altersklasse treten die Teams im gleichen System auf. Bei RB Leipzig wird Pressing-Fußball gelehrt. Und bei den Bayern?

Mindestens alle zwei Jahre soll ein Spieler den Sprung schaffen

Am Montag führten die Leiter des Nachwuchszentrums über die Anlage, Hermann Gerland, 63, und Jochen Sauer, 45, zuvor Geschäftsführer bei Red Bull Salzburg. Es sollen demnächst Konzepte erarbeitet werden, über Spiel-Ideen geredet werden, die Scouting-Abteilung verbessert und internationalisiert werden, sagte Sauer, da gibt es Optimierungsbedarf. Dafür ist auch Gerland zuständig, der frühere Assistenz- und Reserve-Trainer, Ausbilder von Lahm, Schweinsteiger und Müller und eher ein Mann der alten Schule. Er ließ am Campus erst mal ein Kopfballpendel aufstellen. "Die Anlage ist überragend", sagte Gerland. Er führte eine Fitnessübung vor, er referierte über seine Trainingsphilosophie: "Wir wollen wieder da hinkommen, dass die Spieler topfit sind."

Sauer, Gerland und Hasan Salihamidzic, der neue Sportdirektor, sollen die Entscheidungen im Bayern-Campus verantworten. Er wünsche sich, sagte Hoeneß, "in Zukunft viel Erfolg zu generieren". Mindestens alle zwei Jahre soll ein Spieler den Sprung schaffen. Ein Schlüssel dafür, betonen sie, sei der Erfolg der wichtigsten Nachwuchsmannschaft, der U23, die von der Regionalliga in die dritte Liga aufsteigen soll. Am Wochenende verlor die U23 gegen eine Mannschaft namens FC Pipinsried 0:1. Souveräner Tabellenführer ist derzeit eine Mannschaft namens TSV 1860 München. Es gibt viel zu arbeiten an der Zukunft des FC Bayern, an Ideen, wie der Meister auch in der Ausbildung zur Nummer eins aufsteigen kann. "Doch ein Umzug", sagte Sauer, "eignet sich ja zum Neuanfang."

© SZ vom 22.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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