Afrika-Cup:"Die fünf Tage halte ich auch noch durch"

Bestechungsversuche und Druck von oben: Benins deutscher Trainer Reinhard Fabisch wirft nach dem Afrika-Cup hin.

Daniel Theweleit, Sekondi

Das Maggi Guest House ist eigentlich ein kleines Idyll. Umgeben von Bananenplantagen, findet sich hier ein Hauch des romantischen Afrika der Kolonialzeit. Der Duft des nahen Atlantik weht herüber, und im Restaurant der Herberge sitzt Reinhard Fabisch, der hier mit der Fußball-Nationalmannschaft Benins residiert. Fabisch, ein früherer Realschullehrer aus Gelsenkirchen, ist als Trainer des Teams beim Afrika-Cup, und er spielt an diesem Freitag gegen die prominent besetzte Elfenbeinküste (18 hr, live auf Eurosport). Es hätte eines der größten Spiele in der Trainerkarriere des Deutschen werden können, doch Reinhard Fabisch hat Tage hinter sich, die nichts Idyllisches enthielten.

Er habe sich regelrecht bedroht gefühlt, sagt Fabisch

"Die haben hier gestern 400 von diesen sogenannten Fans vors Hotel geschickt, die randaliert und für Mouritala Ogounbiyi protestiert haben", erzählt der 57-Jährige, immer noch ziemlich geschockt. Mit die meint er keinen Geringeren als den Staatspräsidenten und seine Clique, die offenbar seit Wochen versuchen, den Star der Mannschaft, der seit sechs Wochen nicht trainiert hat, ins Team zu drücken. Er habe sich regelrecht bedroht gefühlt, sagt Fabisch. Mouritala Ogounbiyi ist der prominenteste Fußballer des Landes, er spielt derzeit bei Étoile Sahel du Sousse in Tunesien und hat mit dem Klub schon zweimal die afrikanische Champions League gewonnen. Aber zuletzt blieb der Stürmer einem Trainingslager vor Weihnachten fern, er hat die verhängte Geldstrafe nicht bezahlt, und als Ogounbiyi das erste Mal zu einem Training erschien, "da hat er sich mit Sonnenbrille und Kopfhörer auf die Bank gesetzt und hat dort so getan, als ob er Diego Maradona wäre", erzählt der Trainer. Mittrainieren sei wohl unter dessen Würde gewesen.

Doch der Spieler ist mächtig. Der Sportminister - "eigentlich ein vernünftiger Mann", wie Fabisch sagt - wurde am gestrigen Donnerstag angeblich konkret vom Staatschef bedrängt. "Der Minister kam hier angekrochen und hat gesagt, es tue ihm sehr leid, er stehe sehr unter Druck, der Präsident habe ihm den Rücktritt nahegelegt, wenn der Spieler nicht spielt." Eigentlich wollte Fabisch sofort abreisen, doch die beiden Spielführer überredeten ihn zu bleiben. "Die fünf Tage halte ich jetzt auch noch durch", sagt Fabisch, der schon zweimal kenianischer Nationaltrainer war (1986 - 1987 und 1992 - 1993), fünf Jahre das Team von Simbabwe betreute (1991 - 1996) und zuletzt sein Geld in Dubai verdiente. Er gilt als profunder Afrika-Kenner, "aber dass der Mob diktiert, welcher Spieler spielen soll, das konnte ich mir nicht vorstellen", sagt er. Das Tragische sei, dass die Mannschaft abgesehen von besagtem Spieler "eine richtig gute Truppe" sei.

Gerne hätte Fabisch das Team weiter entwickelt und in die Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2010 geführt. Doch nach diesen Vorfällen habe er "innerlich abgeschlossen" mit dem Job - weil das ganze Umfeld dieser Mannschaft von fremden Interessen gesteuert "und auf einen Spieler fixiert" sei. In Asien haben einige Herren offenbar auch Fabisch für bestechlich gehalten. Zwei Tage vor dem ersten Spiel gegen Mali habe es einen Bestechungsversuch gegeben, erzählt der Trainer. "Da kam ein Afrikaner in unser Teamhotel und wollte mit mir ungestört unter vier Augen reden", wird Fabisch in einem Interview auf ARD.de zitiert. Es stellte sich heraus, dass es sich um einen Gesandten einer Wettorganisation aus Singapur handelte. Der Mann habe Fabisch gefragt, ob er zu mindestens zwei Spielern in der Mannschaft ein Vertrauensverhältnis habe, um mit ihnen eine Absprache zur Spielmanipulation treffen zu können. Am besten seien der Torhüter und ein Verteidiger. "Er kam auch mit einem konkreten Preis. Ein Elfmeter gegen uns sei ihm 20000 US-Dollar wert", wird Fabisch weiter zitiert.

Er hat das Angebot abgelehnt. Zwei Tage später hat sein Team mit 0:1 gegen Mali verloren - durch einen ziemlich zweifelhaften Elfmeter. An ein Weiterkommen glaubt er unter diesen Umständen jedoch nicht mehr - zumal dem Duell mit der Elfenbeinküste am kommenden Dienstag noch die Partie gegen die von Berti Vogts trainierten Nigerianer folgt.

Reinhard Fabisch ist jetzt erstmal nur froh, dass er sein "Geld in der Tasche" hat. Bald muss er sich wohl wieder einen neuen Job suchen. Vorher will er den Funktionären und dem Präsidenten aber noch demonstrieren, wie destruktiv diese Form der Einflussnahme ist. "Ich werde Ogounbiyi gegen die Elfenbeinküste zur Halbzeit bringen, ich weiß ganz genau, dass der nach 20 Minuten zusammenfällt, und dann können alle sehen, was hier läuft", sagt Fabisch. Wenigstens diesen kleinen Triumph möchte er sich noch gönnen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: