Affäre um WM-Vergabe:Zwanziger schießt gegen Netzer zurück

Affäre um WM-Vergabe: Theo Zwanziger: "Frau Netzer war bei unserem Gespräch von etwa zwei Stunden höchstens eine halbe Stunde dabei."

Theo Zwanziger: "Frau Netzer war bei unserem Gespräch von etwa zwei Stunden höchstens eine halbe Stunde dabei."

(Foto: Ennio Leanza/dpa)
  • Theo Zwanziger kündigt an, keine Unterlassungserklärung im Streit mit Günter Netzer zu unterschreiben.
  • Er beharrt damit auf seiner Version der Ereignisse, wonach Netzer ihm verraten habe, dass die Fußball-WM 2006 gekauft gewesen sei.
  • Netzer führt seine Frau als Zeugin an, Zwanziger sagt, sie sei nicht die ganze Zeit bei dem Gespräch dabei gewesen.

Was Theo Zwanziger sagt

Theo Zwanziger hat der Darstellung von Günter Netzer in der WM-Affäre vehement widersprochen. Der frühere DFB-Präsident kündigte an, keine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Zuvor hatte ihm der ehemalige Nationalspieler Netzer über seinen Anwalt eine Abmahnung geschickt.

"Da ich die Wahrheit gesagt habe, habe ich keinen Grund, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben", zitierte Spiegel Online den 70-Jährigen.

Das Treffen zwischen Zwanziger und Netzer im Jahr 2012 ist einer der zentralen Punkte in der Affäre um die möglicherweise gekaufte Fußball-WM 2006 in Deutschland. Zwanziger hatte dem Nachrichtenmagazin Spiegel erklärt, dass ihm Netzer seinerzeit in Zürich gestanden habe, dass vor der WM-Vergabe vier stimmberechtigte Fifa-Funktionäre aus Asien bestochen worden seien.

Was Günther Netzer sagt

Netzer weist das entschieden zurück und versucht nun, Zwanziger zu verbieten, dass er diese Behauptung wiederholt. Am Dienstagabend ging beim Anwalt des früheren DFB-Präsidenten eine sogenannte Abmahnung ein. "Entweder er verpflichtet sich, die Verleumdungen künftig zu unterlassen oder er muss sich vor Gericht verantworten. Die Wahl liegt bei ihm", sagte Netzers Anwalt Ralf Höcker.

Als Zeugin wird Netzers Ehefrau angeführt. "Zwanziger hat offenbar vergessen, dass Frau Netzer während des gesamten Gesprächs mit am Tisch saß. Sie kann bezeugen, dass Zwanziger lügt", erklärte Höcker. Die Version, dass Netzers Frau während des gesamten Gesprächs dabei war, weist nun wiederum der frühere DFB-Präsident zurück.

"Frau Netzer war bei unserem Gespräch von etwa zwei Stunden höchstens eine halbe Stunde dabei", sagte Zwanziger der Deutschen Presse-Agentur bereits am Montag in einem Hintergrundgespräch. Am Mittwoch hob er die Vertraulichkeit auf und bestätigte diese Aussage noch einmal. "Ich habe die Unterlassungserklärung noch nicht gesehen, die liegt bei meinem Anwalt. Aber ich sage die Wahrheit. Und wenn ich die Wahrheit sage, unterzeichne ich doch keine Unterlassungserklärung, in der ich davon abrücke", sagte Zwanziger.

Blatter droht Europa mit Machtverlust

Unterdessen hat sich der suspendierte Fifa-Präsident Joseph S. Blatter erneut in die Diskussion über die Zukunft des Fußball-Weltverbandes eingeschaltet - und zwar mit scharfen Angriffen Richtung Europa und USA. In einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur TASS inszenierte sich der 79-Jährige erneut als treibende und maßgebliche Kraft der Reformbewegung. Zugleich deutete Blatter Absprachen bei der Vergabe der Weltmeisterschaftsendrunden 2018 und 2022 an. "Ich hätte 2014 so mutig sein und zurücktreten sollen. Aber damals haben mich fünf der sechs Kontinentalverbände eindringlich gebeten, weiterzumachen, weil sie verloren wären, wenn die Uefa die Präsidentschaft übernähme", sagte Blatter und unterstellte der Europäischen Fußball-Union einen "Anti-Fifa-Virus".

Der wegen Korruptionsverdacht für 90 Tage gesperrte Walliser drohte den Verbänden vom alten Kontinent denn auch mit Machtverlust beim Umbau der Fifa: "Warum sollte Europa drei Vizepräsidenten in der Fifa-Exekutive haben, obwohl Afrika doch mehr Mitgliedsverbände hat?" Die Ernsthaftigkeit seiner Drohung unterstrich Blatter mit der Darstellung des Fifa-Reformkomitees als seine Handlanger: "Wir brauchen ein Gleichgewicht der Regionen. Das Komitee arbeitet meine Agenda ab. Ich habe ihnen vorgeben, was sie zu tun haben."

Blatter deutete zudem an, dass innerhalb der Fifa-Exekutive vor der Vergabe der umstrittenen WM-Endrunden 2018 und 2022 Einigkeit darüber geherrscht habe, die Turniere an Russland und die USA zu vergeben. "Wir wären in den größten Ländern der Erde gewesen", sagte der Schweizer: "Alles war gut, bis Nicolas Sarkozy ein Treffen mit dem heutigen Emir von Katar hatte. Nach dem anschließenden Essen hat Michel Platini gesagt, es wäre gut, 2022 nach Katar zu gehen", behauptete Blatter. Der englische Verband, der sich ebenfalls um das Turnier 2018 beworben hatte, reagierte prompt. Man werde "der Sache auf den Grund gehen", sagte FA-Präsident Greg Dyke: "Aber ich vermute, er wird antworten, missverstanden worden zu sein."

Nachdem Uefa-Chef Michel Platini (Frankreich) aus Blatters Sicht wegen seiner ebenfalls bis Januar gültigen Suspendierung keine Chance mehr auf die Wahl zum neuen Fifa-Chef hat, bemüht sich der Eidgenosse auch um eine Aufsplittung der Europa-Fraktion hinter der Kandidatur von Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino: "Speziell in Nordeuropa sagen Leute, dass es das Ende für Europa wäre, wenn er antritt. Die meisten Nationalverbände mögen Infantino nicht, und alles, was ich an ihm mag, ist, dass er aus dem gleichen Dorf kommt wie ich."

Über seine Theorien von einer politischen Verschwörung Europas und der USA gegen seine Person hinaus teilte Blatter nach der vom FBI ausgehenden Verhaftung mehrerer Fifa-Funktionäre in Zürich auch gegen die USA aus: "Selbst wenn man über eine US-Übernahme der Fifa spricht - Fußball, der richtige Fußball, da, wo das richtige Geld ist, wo die guten Spieler sind, die bedeutenden Wettbewerbe, ist Europa. Die Amerikaner können es nicht übernehmen." Zu seinen persönlichen Ambitionen äußerte sich Blatter rund vier Monate vor der Wahl seines Nachfolgers auf dem Kongress am 26. Februar 2016 in Zürich erwartungsgemäß nicht eindeutig: "Ich hoffe, dass ich dann wieder als Fifa-Präsident da sein werde. Dann könnte ich wenigstens den Kongress leiten."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: