Affäre um WM 2006:Aufs falsche Konto

Beckenbauer und Blatter

Von Franz Beckenbauer und Joseph Blatter werden Antworten erwartet.

(Foto: dpa)

Sind die Millionen aus Deutschland diskret an Fifa-Patron Blatter geflossen? Warum dies ähnlich schlimm wäre wie Stimmenkäufe bei der WM.

Kommentar von Thomas Kistner

Sind 6,7 Millionen Euro aus Deutschland diskret an Fifa-Patron Sepp Blatter und Mitstreiter im Fifa- Finanzkomitee geflossen? Die Indizienlage ist erdrückend. In DFB-Kreisen gilt als gesichert, dass die Zahlung nicht, wie bisher verbreitet, auf ein Fifa-Konto nach Genf floss, sondern auf eine obskure Zahlstelle in Zürich. Auf eine Art Verrechnungskonto wohl, für ungeklärte Eingänge innerhalb der Fifa. Damit bezeugen Aktenlage, Statements und das Taktieren aller Beteiligten: Für die Akteure im WM-OK wie für ihre Kollaborateure auf Fifa-Seite war strikte Geheimhaltung des Millionengeschachers oberstes Gebot. Und das gilt bis heute.

Zweitens: Alle Intimkenner, Franz Beckenbauer, Horst R. Schmidt und Wolfgang Niersbach, bestreiten, dass das Geld für Stimmenkäufe bei der WM-Vergabe 2006 bestimmt war. Nicht bestreiten können sie, dass es in eine andere schwarze Kasse floss. Etwa in eine, die ausgesuchten Fifa-Leuten zur Verfügung stand. Beckenbauer stuft das deutsche Okay zur damaligen Fifa-Forderung heute als "Fehler" ein. Und warum sollte Blatter seinen Verband, der 2002 vor der Zerreißprobe stand, ohne Eigennutz als Schleuse für deutsche Millionenzahlungen bereitgestellt haben?

Deutschland hätte das System Blatter unterstützt

Blatter hatte damals schon genug Probleme. Das größte verdankte er den Deutschen: Sie hatten Südafrika im Jahr 2000 die WM 2006 weggeschnappt und damit sein Versprechen gegenüber dem afrikanischen Wahlvolk torpediert. Die Wut am Kap war groß, Klagen wurden erwogen. Und dann, 2002, forderte Afrika-Chef Issa Hayatou direkt Blatter im Präsidenten-Wahlkampf heraus, unterstützt von der Europa-Union Uefa.

Wenn stimmt, was sich aufdrängt, wenn also die Deutschen damals eine schwarze Kasse für Blatter und Getreue im Finanzkomitee gefüllt haben, kann dies kaum ohne deren Mitwissen geschehen sein. Sonst ergibt die Millionenschieberei aus dem WM-OK heraus keinen Sinn. Das Risiko der Entdeckung war ja enorm.

Das zeigt jetzt die Affäre. Am Ende wäre diese Auflösung der Causa ähnlich schlimm wie Beweise für Stimmenkäufe. Letztere sind Ritual bei WM-Bewerbungen. Wurde aber mit Millionen aus Deutschland eine schwarze Kasse Blatters gefüllt, hätte das Sommermärchen-Land damals getan, was heute die Welt verurteilt: Deutschland hätte das System Blatter unterstützt. Ob mit Blick auf höhere WM-Zuschüsse oder auf Druck des Fifa-Bosses, der sicher weiß, wie der WM-Zuschlag letztlich zustande kam, ist da nachrangig.

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