Ärger bei Real Madrid:Wenn et Trömmelche für Cristiano Ronaldo jeht

Real Madrid's Cristiano Ronaldo sits on the pitch during their Spanish first division soccer match against Atletico Madrid in Madrid

Da war er noch nicht in Feierlaune: Cristiano Ronaldo, betrübt.

(Foto: REUTERS)

Wie sollen sich die armen Fußballer verhalten, wenn sie verloren haben? Gegen Cristiano Ronaldo von Real Madrid ermittelt jetzt die spanische Feierpolizei. Er hätte es ahnen können.

Glosse von Jonas Beckenkamp

Bald ist wieder Karneval, das dürfte vor allem jene zum Grübeln anregen, die noch nicht im Besitz einer passenden Kostümierung sind. Groß im Trend diesmal: Nahrungsmittel als Verkleidung. Im Web finden sich Seiten wie jene mit der Do-it-Yourself-Anleitung "Einfallsreiche Faschingskostüme - so werden Sie eine Bratwurst". Wer als eingepelltes Brühprodukt geht, macht vieles richtig. Wurst ist immer gut.

Zu den bekanntesten Karnevalisten aus dem Fußballbereich zählen Lukas Podolski, sämtliche Brasilianer und Friedhelm Funkel. Letzterer kam in Neuss zur Welt, am schönen Niederrhein, wo es so flach ist, dass der Karneval Berge versetzen kann. Über Funkel ist die Geschichte überliefert, dass er in düsteren Zeiten seiner an düsteren Momenten nicht armen Trainer-Ära beim TSV 1860 München auf einer Bühne in Köln Jeckenlieder trällerte. Sein Lieblingssong heißt "Wenn et Trömmelche jeht" von der Kapelle De Räuber.

Im fernen München kam sein Auftritt mäßig gut an, schließlich dümpelte der Klub damals (wie auch heute) irgendwo zwischen Sandhausen und Karlsruhe durch die zweite Liga. Dem Verein geht's schlecht, und der Coach macht einen drauf - ja, Herrgottsakrament!

Dies führt unweigerlich zu der Frage nach Benimmregeln für Kicker in Krisenzeiten. Wieviel Eskapismus ist erlaubt? Wie sollen sich die armen Fußballteufel verhalten, wenn sie verloren haben? Einfach daheim bleiben und angemessen Trübsal blasen oder den Blues mit guter Laune davonscheuchen? Eine Spurensuche im Verlierer-Milieu führt - wohin auch sonst - zu Cristiano Ronaldo: Ob der wie Friedhelm Funkel eine Frohnatur mit Faible für De Räuber ist, vermögen nur wirkliche Kenner zu sagen - aber es tun sich Parallelen zum fröhlichen Funkelmariechen auf.

Auch Ronaldo war feiern, obwohl ihn so mancher Real-Sympathisant lieber im Büßermützchen bei Brot und Wasser gesehen hätte. Wenige Stunden nach dem 0:4 beim Stadtrivalen Atlético lud der Portugiese auf eine Party zu seinem 30. Geburtstag. Einfach so, als sei nix gewesen. Das sorgte nicht nur bei den Fans für Empörung. Auch Vereinsboss Florentino Pérez und Teamkameraden, die der Fete fernblieben, seien mächtig verärgert, berichtete die Feierpolizei der spanischen Presse.

Lachen! Nach einem Nullvier! Madre mia!

Bilder der Sause, die auf sozialen Netzwerken kursieren, zeigten lachende Real-Profis. Lachen! Nach einem Nullvier! Madre mia! Auf einem Video dann der Gipfel: Ronaldo, der sogar gesanglich aktiv wird, und zwar mit einer Art "Wenn et Trömmelche jeht" auf Spanisch. Wie es hieß, wollten die Real-Kapitäne Iker Casillas und Sergio Ramos am Montag nach dem Training eine Erklärung einfordern. Der Vorwurf: Wie kann der nur?

Feierbiester gegen Spaßbremsen, so muss man sich das vorstellen - oder waren Ramos und Casillas nur beleidigt, weil sie nicht auf der Gästeliste standen? Jedenfalls war der Wirbel so wuchtig, dass Ronaldos Agent Jorge Mendes sich zu einer Erklärung veranlasst sah. Die Klatsche gegen Atlético habe seinen Klienten sehr wohl in Tristesse versetzt, versicherte Señor Mendes: "Er war verärgert, am Boden zerstört, musste getröstet werden." Wein, Weib und Gesang, das übliche Aufpäppel-Programm. Ronaldo sei "weiterhin der professionellste Spieler der Welt". Natürlich, keiner stählt seine Muskeln wie CR7 - auch wenn mal das Trömmelche jeht.

Und was soll nun Jürgen Klinsmann sagen? Der einst als "Grinse-Klinsi" vom Boulevard Schelte erhielt, weil er als Teamchef der Nationalelf nach einem 1:4 gegen Italien ein bisschen zu gut drauf war? Oder Gerald Asamoah, jahrelang bestgelaunter Spieler der Bundesliga - ganz unabhängig vom Ergebnis? Oder Ailton, von dem der Satz überliefert ist: "In Deutschland läuft der Karneval anders als ich ihn kenne. Hier ziehen sich alle komisch an - in Brasilien immer alle aus." Sie sollten sich was schämen und sich geknebelt in die Ecke stellen. Im Bratwurstkostüm auf einem Vegetarierkonvent.

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