Abstiegskampf in der Bundesliga:Blicke in den Abgrund

SV Werder Bremen v TSG 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Werder Bremen und Verteidiger Sokratis brauchen dringend ein Erfolgserlebnis.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

An der Spitze ist in der Liga vieles entschieden - unten geht es umso enger zu: Wer folgt Greuther Fürth in die 2. Liga? Die Kandidaten heißen Bremen, Düsseldorf, Augsburg und Hoffenheim - sie alle zittern gehörig. Am Ende könnte es diejenigen erwischen, die an diesem 33. Spieltag nicht punkten. Ein Überblick.

Von Ulrich Hartmann

Mit Wundpflastern ist das bekanntlich so: Je länger sie lindernd auf der Haut kleben, desto schmerzhafter wird der Abriss. Für welchen Klub wäre demnach ein Abstieg aus der Bundesliga das quälendste Erlebnis? Werder Bremen spielt seit 32 Jahren ununterbrochen erstklassig Fußball, die TSG Hoffenheim seit fünfen, der FC Augsburg seit zweien, Fortuna Düsseldorf seit einem Jahr.

Über die Chancen im Kampf gegen den Abstieg sagt folgendes mehr aus: Bremen ist seit elf Spielen sieglos, Düsseldorf seit zehn, Augsburg und Hoffenheim bloß seit einem. Die vier Klubs trennen zwei Spieltage vor Saisonschluss nur noch fünf Punkte. Einer muss direkt absteigen, einer muss in die Relegation, zwei werden gerettet. Vier Blicke in den Tabellenkeller.

14. Werder Bremen, 33 Punkte

Am Freitag feierte Thomas Schaaf Jahrestag. Er ist seit 14 Jahren Trainer in Bremen. Nun ist "feiern" das falsche Wort für die Art und Weise, wie Schaaf und Werder den Freitag begingen. "Wir machen unsere Arbeit", ist der nüchterne Satz, den Schaaf seit Wochen stoisch wiederholt. Nach elf Spielen ohne Sieg bedarf es keiner zusätzlichen Emotionalisierung durch jenen Übungsleiter, dem manche schon zum Saisonende das Aus prophezeien. Kein Wunder also, dass sich Bremen sorgt: um Werder, um Schaaf und um den Namen des Weserstadions. Aufsichtsratsmitglied Marco Bode hat erklärt, der Verkauf des Namensrechts sei denkbar. Dabei hat sich Bremen als einziger Klub neben Gladbach einem lukrativen Patronat bislang verweigert. Die Fans fanden das toll, nun begehren sie auf.

Sorgen bereiten auch Bremens Offensivspieler Marko Arnautovic und Eljero Elia. Zusammen sind sie nach nächtlicher Spritztour aus dem Kader geworfen worden. In einer spektakulären Einzelaktion hat Elia in der niederländischen Heimat nun auch noch seinen Bentley zu Schrott gefahren, blieb aber unverletzt.

Am 11. Mai 1999 saß Thomas Schaaf als Nachfolger von Felix Magath erstmals als Trainer auf der Werder-Bank. Bremen siegte 1:0 gegen Schalke und schaffte drei Spieltage später hauchdünn den Klassenerhalt. An diesem Samstag gegen Eintracht Frankfurt, auf den Tag genau 14 Jahre später, wäre die Besieglung der Erstklassigkeit für Schaaf eine gelungene Reminiszenz.

15. Fortuna Düsseldorf, 30 Punkte

Am Mittwoch um 16.18 Uhr hat Fortuna Düsseldorf eine Mail verschickt. Das Gerücht von der Suspendierung der Spieler Andrej Woronin und Nando Rafael sei mitnichten korrekt. "Richtig ist, dass beide Akteure bis zum Saisonende ein Sondertraining erhalten." Das klingt konstruktiv, allerdings ist mit diesem Sondertraining nicht etwa das Einüben kniffliger Standardsituationen gemeint. Die beiden dürfen schlicht nicht mehr mitspielen, weil Trainer Norbert Meier die letzten beiden Partien mit einem harten Kern anständig arbeitender Fußballer bestreiten möchte. Das soll den Zusammenhalt stärken.

Düsseldorf will endlich Siege und empfängt einen 1. FC Nürnberg, der seit vier Spielen keinen Punkt mehr gewonnen hat. Wer da mit einem tristen Nullzunull rechnet, verniedlicht die Sprengkraft vermeintlich erloschener Vulkane.

T-Shirts für den Klassenerhalt

16. FC Augsburg, 30 Punkte

Die "Nichtabstiegs-Euphorie", die der Trainer Markus Weinzierl in Augsburg beschwört, hat einen eigenen Dresscode: das schwarze "Gemeinsam-gegen-den-Abstieg"-T-Shirt für 12,95 Euro. Eine größere positive Bedeutung als solch textile Botschaften haben freilich die 21 Punkte aus 15 Spielen, mit denen Weinzierl die Augsburger auf Platz sieben der Rückrundentabelle geführt hat. Auswärtssiege in Düsseldorf, Bremen und Hamburg wecken berechtigte Bedürfnisse auch auf auswärtigen Anlagen, allerdings geht die Reise an diesem Samstag ausgerechnet in den alarmroten Rettungsring von Fröttmaning, wo der FC Bayern vor Entgegennahme der Meisterschale die Fußballwelt mit seiner ersten Elf beeindrucken möchte.

Augsburg muss auf seinen gelbgesperrten Innenverteidiger Jan-Ingwer Callsen-Bracker verzichten, rechnet sich in München aber nicht deswegen limitierte Chancen aus. Die Hoffnungen schweifen voraus auf das Saisonfinale gegen das Tabellenschlusslicht Greuther Fürth, das auswärts allerdings gefährlicher als daheim auftritt.

17. TSG Hoffenheim, 28 Punkte

Niklas Süle, 17, und Jeremy Toljan, 18, haben bisher nur für die A-Jugend und für die zweite Mannschaft der TSG Hoffenheim gespielt. An diesem Samstag gegen den Hamburger SV könnte einer von beiden sein Bundesliga-Debüt feiern, weil ein Ersatz benötigt wird für den gelbgesperrten Innenverteidiger Jannik Vestergaard. An der Seite David Abrahams könnte einem der beiden Talente der Puls dadurch beschleunigt werden, dass es für Hoffenheim binnen 90 Minuten um nicht weniger als den Klassenerhalt geht. Der Trainer Markus Gisdol gleichwohl spricht ja nicht mit solchem Pathos, sondern verlangt von seinen Spielern lediglich, aus jeder Partie das Beste herauszuholen.

Das finale Heimspiel dieser Saison gegen den HSV ist das 85. Bundesliga-Heimspiel in der Geschichte der TSG 1899. Am vorletzten Spieltag erhält diese ausverkaufte Begegnung vermutlich schon dadurch einen ultimativen Charakter, dass die finale Saisonpartie eine Woche später ausgerechnet zu Borussia Dortmund führt. Nicht viel zu holen sein wird dann noch im Westfalenstadion, zumal die TSG Hoffenheim mit neun Punkten das auswärtsschwächste Team der Liga stellt. Ein Sieg im Spiel gegen Hamburg ist deshalb womöglich das Minimum, das zum Verbleib in der Bundesliga nötig ist.

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