Abstiegskampf :Hachings junge Hoffnung

Trainer Schromm setzt im Kampf um den Klassenerhalt auf 18-Jährige. Einer ist Tobias Widemann, der Schütze des einzigen Tors.

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Wenige Minuten nach dem Spiel bekam Manfred Schwabl eine SMS mit dem Wortlaut: "Eine Kiste Weißwürste bitte nach Cottbus!" - Der Präsident der SpVgg Unterhaching verstand zunächst nicht, was damit gemeint war, dann ging ihm ein Licht auf: Cottbus hatte Rostock im eigenen Stadion 1:0 geschlagen - ein Bekannter aus deren Management hatte Schwabl geschrieben. Und weil Unterhaching selbst gerade mit 1:0 gegen Preußen Münster gewonnen hatte, gibt es südlich des Weißwurst-Äquators noch Hoffnung, dass trotz des sicheren Abstiegs von Jahn Regensburg zumindest ein bayerischer Verein in der dritten Liga bleibt.

Die Entscheidung ist vertagt, ob das letzte Heimspiel der Unterhachinger in der Saison 2014/15 auch das vorerst letzte Heimspiel als Profimannschaft war. Zwei Punkte Rückstand hat die Mannschaft weiterhin auf den rettenden Rang 17, wo nun aber eben zwei Mannschaften punktgleich stehen: Der FSV Mainz 05 II, der in Halle 2:1 gewinnen konnte, und eben überraschend auch Hansa Rostock, wie Unterhaching ein ehemaliger Bundesligist. Auf jeden Fall müssen die Hachinger am letzten Spieltag in Erfurt gewinnen, um überhaupt noch eine Chance zu haben. Claus Schromm aber findet, dass man den Klassenerhalt in gewisser Weise nun wieder selbst in der Hand hat: Der Trainer glaubt, dass sich Rostock am letzten Spieltag auswärts bei Dynamo Dresden mehr als schwer tun wird.

Beim Schlusspfiff waren die Verantwortlichen jedenfalls erleichtert, dass der Abstieg noch nicht besiegelt war. Es war zwar ein knapper, aber hoch verdienter Sieg. "Wir hatten ja noch drei, vier Hundertprozentige, die wir eigentlich rein machen müssen, aber da waren wir etwas zu hektisch im Abschluss", sagte Verteidiger Thomas Hagn, der unmittelbar nach dem letzten Spieltag am kommenden Samstag mit der U20-Nationalmannschaft nach Neuseeland reist. Das einzige Tor hatte, recht nervenstark, Dominik Widemann in der 23. Minute geschossen. Alon Abelski hatte ihn mit einem perfekten Steilpass freigespielt, Widemann trickste Münsters Torwart Daniel Masuch aus.

Der Torwart steht im Stau - an einer bekannten Baustelle

Dass ein 18-Jähriger das entscheidende Tor für Unterhaching erzielt, passt ins Bild. Der Verein kann sich schon seit Langem keine teuren Spieler mehr leisten, und Cheftrainer Schromm ist eigentlich auch der Nachwuchsleiter des Vereins. Nun hatte er vor dem Spiel Mut bewiesen, der ihm im Fall einer Niederlage als Leichtsinn und übertriebener Glauben an die Jugend ausgelegt worden wäre: In Andreas Volk stellte er einen weiteren 18-Jährigen in die Innenverteidigung, der noch kein einziges Drittliga-Spiel bestritten hatte. Ebenso verhielt es sich mit Yannik Öttl im Tor. Doch der Grund, warum er zum Zug kam, war viel kurioser gewesen: Stammkeeper Felix Ruml war auf dem Weg zum Stadion im Stau gestanden und hatte deshalb die Mannschaftsbesprechung verpasst. "Die Baustelle gibt es seit einer Woche", kommentierte Trainer Schromm trocken. "So etwas kann mal passieren, aber nicht bei so einem Spiel", fand Präsident Schwabl. Abgesehen vom Spott hat Ruml wahrscheinlich keine weiteren Konsequenzen zu befürchten.

Öttl im Tor und Volk in der Abwehr machten ihre Sache gut, sie wurden allerdings von den oft lustlos agierenden Westfalen, die im Niemandsland der Tabelle stehen, auch nur selten gefordert. Weil aber Lucas Hufnagel, Yannic Thiel (65.) und der eingewechselte Pascal Köpke (90.) beste Chancen vergaben, hätte jeder Preußen-Angriff den Abschied aus dem Profifußball einleiten können.

Bayernpokal-Finale so wichtig wie der Klassenerhalt

Eine Sache hat die SpVgg wirklich noch selbst in der Hand: Am kommenden Mittwoch spielt die Mannschaft im Bayernpokal-Finale. Und mit einem Sieg beim Bayernligisten SpVgg Weiden hätten sie die Teilnahme im DFB-Pokal sicher - allein in der ersten Runde sind dort schon 140 000 Euro an Fernsehgeldern sicher. "Das wäre im Falle des Abstiegs sogar noch wichtiger", sagt Präsident Schwabl, denn in der Regionalliga würden viele Einnahmen wegfallen, die es in der Dritten Liga gibt. Gleich nach dem Spiel gegen Münster handelte er mit den Spielern auch schon die mögliche Prämie aus. "Einen gewissen Prozentsatz, der fair ist", sagte Schwabl, würde er den Spielern zahlen.

Trainer Schromm weiß natürlich, wie wichtig der Pokal für den Verein ist. Doch angesichts der bevorstehenden englischen Woche hat er auch ein bisschen Bauchschmerzen: "Wir werden tatsächlich schauen müssen, dass wir den Kräfteverschleiß auf mehrere Schultern aufteilen." Zumindest weiß er seit Samstagnachmittag, dass er sich auch auf die allerjüngsten Spieler verlassen kann.

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