Abstieg des SC Paderborn:"Geld schießt doch Tore" 

SC Paderborn 07 v VfB Stuttgart - Bundesliga

Zufrieden, trotz Abstieg: Paderborns Trainer André Breitenreiter.

(Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Nach neun Monaten ist das erstaunliche Erstliga-Intermezzo der Ostwestfalen beendet - mit Trauer und Stolz nehmen sie es zur Kenntnis. Spieler und Trainer finden ehrliche Schlussworte. "Wir sind letztlich selber schuld."

Von Ulrich Hartmann, Paderborn

Am Samstag brannte in der Fußball-Bundesliga zum vorerst letzten Mal die Heide. "Hermann Löns, die Heideheide brennt", haben die Fans des SC Paderborn bei jedem ihrer Treffer gesungen, aber mit Treffern in der Bundesliga hat es sich fürs Erste erledigt in Paderborn. Die 1:2-Niederlage gegen jubelnde Stuttgarter bedeutete den finalen letzten Tabellenplatz für jene Paderborner, die erst am vorletzten Spieltag erstmals auf diesen letzten Platz abgerutscht waren. Nach dem Schlusspfiff blickten die Spieler traurig drein, wurden aber von den Fans gefeiert. "Wir können stolz sein", sagte denn auch Abwehrspieler Florian Hartherz. "Ich habe in den Gesichtern eine Mischung aus Trauer und Stolz gesehen", bestätigte Sportdirektor Michael Born.

Aus dem Gesicht des Trainers André Breitenreiter sprach später am Abend zwar auch Niedergeschlagenheit, aber auch Zufriedenheit darüber, mit dieser Mannschaft bis zum letzten Spieltag überhaupt die Chance auf den Klassenerhalt gewahrt zu haben. "Wir haben die ganze Saison lang attraktiven Fußball mit Herz und Leidenschaft gezeigt", sagte Breitenreiter in einem Tonfall, als sei der Klassenerhalt tatsächlich noch gelungen. Dass es am Ende nicht geklappt hat, findet Breitenreiter - rational betrachtet - "nicht schlimm, das durfte passieren".

Sie müssen keine Uhr abstellen, aber ein Plakat abhängen

Acht Monate und 29 Tage hat das Bundesliga-Abenteuer für den SC Paderborn gedauert, vom ersten Saisonspiel am 24. August 2014 gegen Mainz (2:2) bis zum letzten am Samstag gegen Stuttgart. Es hat im Stadion keine überdimensionale elektronische Uhr gebraucht, um diese Zeit zu zählen. Die Paderborner aber hatten acht Monate und 29 Tage lang ein riesiges Plakat am Hauptbahnhof hängen, dessen Wahrheitsgehalt nun überholt wurde. Ihr "Willkommen in der Bundesligastadt Paderborn" werden sie jetzt abhängen und wohl kaum einen Ersatz dafür anbringen, wenn in der nächsten Spielzeit Gästefans aus Leipzig, Heidenheim, Bielefeld oder Duisburg anreisen. Paderborn war bis Samstag so stolz, dass jeder es wissen sollte. Nun kehrt die Routine zurück.

Den letzten erstligareifen Schuss hat am Samstag um 15.34 Uhr der Rechtsaußen Marc Vucinovic für den SC Paderborn abgegeben. In der vierten Spielminute drosch der 26-jährige gebürtige Hannoveraner den Ball aus 18 Metern flach ins Stuttgarter Tor und löste im Stadion lautstarke Hoffnung aus. Doch dann ging das Fußballspiel für die Paderborner nahtlos in ein Zitterspiel über. Sie konnten sich kaum mehr aus der eigenen Hälfte befreien, und wenn doch, dann verloren sie im Aufbau fast jeden Ball.

"Wir sind letztlich selber schuld"

"Wir sind nervös geworden", sagte Breitenreiter, "aber das ist menschlich." Der Innenverteidiger Uwe Hünemeier, der eine Woche zuvor beim 0:1 auf Schalke die Niederlage per Eigentor besiegelt hatte, legte in der 36. Minute mit einem misslungenen Ableger dem Stuttgarter Daniel Didavi den 1:1-Ausgleich auf.

Erst in der zweiten Halbzeit, als vom Spiel in Hamburg jene beiden Tore durchklangen, die den sofortigen Abstieg des Aufsteigers besiegelten, spielten die Paderborner wieder etwas befreiter auf. Doch es war zu spät. Vor allem individuell klar bessere Stuttgarter gingen in der 72. Minute durch Ginczek verdient in Führung und retteten sich. "Stuttgart hat einfach eine brutale Qualität in der Offensive"m sagte Breitenreiter. Und: "Geld schießt doch Tore, Qualität setzt sich über eine Saison durch. Dass sieht man daran, dass Freiburg und wir abgestiegen sind."

"Da wäre heute mehr drin gewesen", sagte Paderborns Mittelfeldmann Patrick Ziegler, "überhaupt ist das Schlimmste an diesem Abstieg, dass wir im Laufe der Saison Punkte verschenkt haben, die uns zum Klassenerhalt gereicht hätten - wir sind letztlich selbst schuld." Ein ehrliches Schlusswort hinter ein erstaunliches Intermezzo in der ersten Liga.

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