Abschied von Bayern-Coach Heynckes:Große Bühne mit kleiner Hintertür

Jupp Heynckes FC Bayern München

Da geht er - und nimmt gleich alle Trophäen mit: Jupp Heynckes, nur vorrübergehend natürlich. 

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Er hört auf, zumindest für ein Weilchen: Jupp Heynckes holt bei seinem letzten Auftritt in München weit aus, um zu sagen, was alle ahnen. Er macht nicht weiter - trotz einer Anfrage aus Madrid. Aber seinen endgültigen Rücktritt erklärt er nicht, könnte ja sein, dass er 2014 noch mal Lust bekommt.

Von Claudio Catuogno

Jupp Heynckes tritt durch die Tür, pünktlich zum Ende der Zwölf-Uhr-Nachrichten, er sieht schon wie ein Privatmann aus: braun-weiß kariertes Hemd, Rentner-Sakko. Er wirkt schmächtiger als zuletzt. Und freier. Nicht mehr mit Sponsorenlogos bedruckt, wie in den vergangenen Jahren, wenn er vor die Presse trat.

33 Minuten noch, bis endlich die entscheidende Frage gestellt wird, die Frage, wegen der jetzt diverse TV-Stationen live drauf sind: Was macht Jupp Heynckes, der 68-jährige Trainer des Triple-Champions FC Bayern München, ab dem 1. Juli 2013?

Jupp Heynckes wird darauf die erwartete Antwort geben, er wird sich lediglich eine kleine Hintertür offen lassen "weil ich persönlich etwas gegen das Wort ,endgültig' habe". Aber so weit sind wir noch nicht.

So frei, wie er aussieht, ist Heynckes nämlich noch lange nicht: Er ist jetzt noch mal Teil der FC-Bayern-Inszenierung. Hinter ihm steht "Danke Jupp" auf der Videowand im Pressesaal der Arena, es gibt einen Einspielfilm, rechts und links von ihm sitzen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, es wird noch mal der ganz große Bogen geschlagen. Weißt du noch, damals, 1990, Belgrad, Europacup, ein ausgeglichenes Spiel, dann Pfostenschuss . . . Oder: 2009, Heynckes' Kurz-Intermezzo bei den Bayern, "da haben wir nach dem Sieg in Cottbus im Käfer meinen 64. Geburtstag gefeiert". Ach, das war schön!

Einfach nur reinkommen und sagen: So, Leute, ich bin 68, das war's, ich genieße ab heute den Ruhestand - das geht nicht bei einem FC Bayern, der nicht ohne Grund schon lange der kommerziell erfolgreichste Klub der Welt war, ehe er 2013 auch der sportlich erfolgreichste wurde, und der jetzt noch mal live seine Sponsorenwand ins TV-Bild setzen kann. So ein schnelles Servus - das wäre allerdings auch nicht Heynckes' Art gewesen, sich zu verabschieden. Je länger er also redet, sich bedankt, von "meinen Spielern" schwärmt, desto anrührender wird diese durchgestylte Pressekonferenz dann doch. Weil da ein Großer der Branche Abschied nimmt.

Indem er noch mal alles erzählt.

Also zunächst mal die Frage: Wie geht es ihm? Heynckes: "Ich habe gestern wieder den Frühstückstisch gedeckt, habe das Obst für meine Frau geschält, und ich habe auch heute Morgen wieder den Müll runtergebracht." Ganz normal also.

Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstands-Chef, sagt: "Eine solche Intensität auf dem Trainingsplatz habe ich noch nie erlebt." Uli Hoeneß, der Präsident, sagt: "Jupp hat es geschafft, 25 Spieler zu Freunden zu machen." Heynckes streift noch mal in Episoden durch diese Ausnahme-Saison. "Mannschafts- und Menschenführung", sagt er, "ist für einen Trainer von herausragender Bedeutung." Jupp Heynckes musste über 60 werden, um sich in dieser Hinsicht noch mal neu zu erfinden.

Aber, tja: Wie geht es denn nun weiter?

Verblüffende Nachricht aus Zürich

12:30 Uhr. Markus Hörwick, der Mediendirektor des FC Bayern, der bisher alle Fragen an alle Gesprächspartner selbst gestellt hat, streift jetzt auffallend häufig das Thema Real Madrid. "Die Kollegen sind schon ganz aufgeregt, Real Madrid gibt um 13 Uhr eine Pressekonferenz", sagt er- was nicht stimmt. Also das mit der Pressekonferenz. Aufgeregt sind tatsächlich manche: Die Neue Zürcher Zeitung zum Beispiel meldet jetzt auf ihrer Homepage: "Heynckes wird Trainer von Real Madrid."

12:38 Uhr. Endlich. Hörwick stellt die Zukunftsfrage. Das Nachrichtenfernsehen sendet schon wieder Frau Merkel, die Flut. Die Zukunft also. "Da muss ich ein bisschen ausholen", sagt Jupp Heynckes.

Es ist Heynckes in den vergangenen Monaten ein stilles Vergnügen gewesen, alle im Unklaren über seine Pläne zu lassen. Das war wohl auch seine Art damit umzugehen, dass die Bayern im Rahmen der Pep-Guardiola-Erfolgsmeldung im Januar unabgesprochen Heynckes' Karriereende zum Saisonende verkündet hatten. Das wollte er dann doch selbst bestimmen.

Und nun erklärt er sich also so: "Ich habe mit meiner Frau schon im vergangenen Sommer besprochen, dass ich meinen Vertrag bei den Bayern erfülle, dann aber nicht weitermache." Dabei soll es bleiben: "Ich habe gemerkt", sagt Heynckes, "dass ich ein Alter erreicht habe, in dem die Regeneration länger dauert." Er habe lange "keinen Urlaub" gehabt, er sei zuletzt "körperlich ans Limit gegangen".

Er hat deshalb alle Anfragen abgelehnt, auch jene - wie er der SZ später sagte - von Real Madrid, "nachdem ich kurz darüber nachgedacht habe". Wobei ihm am Ende gerade diese Offerte auch klargemacht haben dürfte, dass er eine solche Verlässlichkeit, eine solche Rückendeckung wie in München nirgends sonst erwarten dürfte: Die Madrilenen jonglierten ja zuletzt mit diversen Optionen gleichzeitig, Ancelotti, Heynckes.

Als letzte Amtshandlung räumt Jupp Heynckes also die drei Trophäen in die Vitrinen des FC-Bayern-Museums. Er werde sich "jetzt erst mal zurückziehen" auf seinen Bauernhof in Schwalmtal am Niederrhein, sagt er. Ruhestand. Endgültig?

Da wird sich Heynckes wohl selbst überraschen lassen. Erst einmal freue er sich auf "Kino, Restaurantbesuche mit meiner Frau Iris, Konzerte, ich habe wahnsinnig viele Interessen". Aber wenn etwa der DFB nach der WM 2014 einen Übergangs-Nationaltrainer bräuchte - wer weiß? Und vielleicht, Heynckes grinst jetzt, "vielleicht bekomme ich auf meine alten Tage ja auch eine Dauerkarte von Schalke 04".

Jupp Heynckes, und darauf kommt es doch an - er geht mit einem Lachen.

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