Abschied aus München:Pfiat di, Poldi

Erleichterung in München: Endlich steht die Rückkehr von Lukas Podolski in die Heimat fest. Denn das Wehklagen um sein angebliches Exil nervt die Stadt.

Thomas Hummel, München

In der ganzen Aufregung um die Rückkehr des "Kölsche Jong" Lukas Podolski gerät in Vergessenheit, dass der Junge aus Köln seinen vielleicht schönsten Nachmittag als Fußballer in München erlebt hat. Unter dem Trainer Jürgen Klinsmann. Das war am 24. Juni 2006, als Podolski im Achtelfinale der WM 2006 gegen Schweden beide Tore zum 2:0-Erfolg erzielte.

Abschied aus München: Alle für Poldi: Der 1. FC Köln und die Stadt Köln freut sich auf die Rückkehr von Lukas Podolski (Archivbild aus dem April 2006). Auch in München ist man froh, dass der Wechsel nun endlich feststeht.

Alle für Poldi: Der 1. FC Köln und die Stadt Köln freut sich auf die Rückkehr von Lukas Podolski (Archivbild aus dem April 2006). Auch in München ist man froh, dass der Wechsel nun endlich feststeht.

(Foto: Foto: AP)

Spätestens seit diesem rauschenden Fest in der Münchner Arena ist das Schicksal des netten Jungen aus Bergheim bei Köln zur Herzensangelegenheit für die deutsche Fußballgemeinde aufgestiegen. Sein bodenständiges Gemüt, die unbekümmerte Spielweise und auch die bisweilen wacklige Psyche treffen den Sympathie-Nerv vieler Anhänger im Land.

Die Verbindung Lukas Podolski und FC Bayern ist allerdings gründlich missglückt. Der Stürmer war nicht der erste hochgepriesene Profi, der in München scheiterte.

Beim heute 23-Jährigen lag es wohl in der Hauptsache daran, dass er der Situation nicht gewachsen war, ständig in Frage gestellt zu werden. Kein Trainer, weder Felix Magath noch Ottmar Hitzfeld noch Klinsmann, wollte Podolski einen Freifahrtsschein für einen Stammplatz erteilen. Doch dessen Seele braucht Zuspruch, Vertrauen. Bundestrainer Joachim Löw hat sich dafür entschieden, dem Stürmer all das zu geben - weshalb bei der Nationalmannschaft fast immer ein völlig verwandelter Podolski auf dem Platz steht.

Für die Freunde des FC Bayern sowie die Einwohner Münchens (diese Gruppen sind nur in Teilen identisch) ist Podolskis Besuch ein holpriges Vergnügen.

Einerseits finden den herzigen Rheinländer alle ganz nett, wünschen ihm das Beste. Andererseits nervt sein Wehklagen inzwischen ungemein. Beim Thema Podolski winken die Münchner nur noch kopfschüttelnd ab, sie sind froh, dass es bald die Stadt verlassen wird. Auch die Liebesbekundungen aus Köln, wo für die Podolski-Rückkehr privat Geld gesammelt wurde, ein Kirchenchor sang und sich Kunstschaffende zum "Jefööhl in Kölle" äußerten, wurde im Süden als ziemlich bizarr wahrgenommen.

Jetzt ist klar, dass Podolski dem FC Bayerm München bald den Rücken kehrt, für die Stadt ist das ein Tag der Erleichterung. Werner Simmerl, Mitglied des Fanrats beim FC Bayern und Münchner Urgestein, bringt es auf dem Punkt: "I hob nix gegen den Buam, aber wenn's sei muaß, fahr i eahm mit'm eigenen Auto nach Köln. Damit er auch ja gesund ankommt."

Übrigens ist das Schicksal des Kölners nur ein öffentlich behandeltes Abbild vieler Münchner Lebensbilder. Die Stadt zieht ob ihrer wirtschaftlichen Kraft und renommierten Universitäten Menschen in Scharen aus ganz Deutschland an - nicht alle werden glücklich. Doch wenn die Münchner in der Kneipe Leuten begegnen, die einem stundenlang erklären, warum Berlin oder Köln oder Hamburg viel cooler, offener und weniger bayerisch sind, kann die Antwort nur lauten: Keiner wird gezwungen, in München zu leben. Die Welt ist groß: Lleben und leben lassen.

In diesem Sinne: Pfiat di, Poldi. Und viel Glück in der Heimat.

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