Verletzungen beim FC Bayern:Debatte um Mario Gomez endet mit einer Operation

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Erst rufen Trainer Jupp Heynckes und Sportchef Matthias Sammer den Präsidenten Uli Hoeneß in der Diskussion um Mario Gomez zur Ordnung. Dann kommt beim Test-Turnier in Hamburg die Nachricht, dass sich der Stürmer verletzt hat. Die Ausfallliste bei den Münchnern wird immer länger.

Jörg Marwedel

Ob Mario Gomez gut oder sehr gut ist, das war die erste Frage, die den FC Bayern in den letzten Tagen umgetrieben hat. Am Samstag schloss sich eine zweite Frage an: ob Uli Hoeneß Kritik an diesem Stürmer äußern darf.

Mario Gomez, umstrittener Stürmer des FC Bayern. Jetzt verletzt. (Foto: dapd)

Es war eine Frage, die aufgeregt diskutiert wurde, weil Hoeneß für seine verbale Offensive sowohl von Sportchef Matthias Sammer als auch vom Trainer und Freund Jupp Heynckes überraschend deutliche Widerworte kassierte. Am späten Sonntagnachmittag kam unerwartet noch eine dritte Frage hinzu. Diese dritte überlagert die ersten beiden in ihrer Aktualität, sie lautet: Wann kann Mario Gomez wieder spielen?

Am Rande des Testspiel-Cups in Hamburg, den der FC Bayern nach einem 1:0 gegen den HSV als Dritter abschloss, gaben die Münchner bekannt, dass Gomez operiert werden muss. Im Halbfinale dieses über 2x30 Minuten ausgespielten Turniers war der umstrittene Angreifer in der Partie gegen Bremen ausgewechselt worden, die Diagnose wurde am Tag darauf nachgereicht: Wegen "freier Gelenkkörper im rechten Sprunggelenk" wird sich Gomez in den nächsten Tagen einer Operation unterziehen müssen, "ihm geht es nicht so gut", sagte Sammer. Wie lange der 27-Jährige ausfalle, "werden wir sehen".

Diese Verletzung war die nächste und vorerst wohl letzte Volte in der Gomez-Debatte, die zuletzt mit erstaunlicher Heftigkeit geführt worden war. Die jüngsten innenpolitischen Verwerfungen würden locker ausreichen, um den Münchnern ein paar unruhige Tage bis zum Supercup-Spiel gegen Dortmund am Sonntag zu bescheren; aber am Wochenende hat sich den Verantwortlichen ein weiteres unliebsames Thema aufgedrängt: Sie müssen jetzt ein umfangreiches Verletzungsproblem moderieren.

Auch Bastian Schweinsteiger macht unverändert Sorgen, im Spiel um Platz drei gegen den HSV schlich er nach 19 Minuten vom Platz. "Er hat eine leichte Bänderdehnung im Sprunggelenk. Ich denke, dass er in ein bis zwei Tagen wieder dabei ist", sagte Heynckes und nannte es "sehr bitter, dass sich jetzt einige Spieler verletzt haben".

Ein kleiner Blick auf die Verletztenliste reicht, um Anhängern des Klubs einen Schrecken einzujagen. Seit Wochen fehlen bereits die Außenverteidiger David Alaba (Ermüdungsbruch im Fuß) und Rafinha (Bänderriss im Sprunggelenk), jüngst verletzte sich auch noch Diego Contento (Haarriss im Fuß). Angeschlagen sind Claudio Pizarro (Hüftprobleme) und Franck Ribéry (Schleimbeutelentzündung an der Ferse). Im Spiel um Platz drei spielte das 18-jährige Zentraltalent Emre Can Linksverteidiger; das war kein Experiment, sondern die schiere Personalnot.

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Vielleicht werden diese personellen Sorgen dazu beitragen, die Reihen wieder zu schließen im Klub, vermutlich werden die hohen Herren ihre Rangeleien einstweilen beenden. Aber auffällig war es schon, wie Präsident Hoeneß am Samstag in Hamburg auftrat. Der Präsident war zwar anwesend, doch seine schmalen Lippen blieben geschlossen. Geredet haben nach dem 4:6 im Elfmeterschießen des Halbfinals gegen Werder Bremen andere.

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Es redete vor allem jener Mann, den Hoeneß selbst geholt hat, damit er ein bisschen aufräumt in der sportlichen Etage: Matthias Sammer, der neue Sportvorstand, hat am Wochenende genau das getan, was Hoeneß von ihm erwartet. Nur dass der kritische Geist diesmal ausgerechnet ihn selbst, den Mister FC Bayern, aufs Korn nahm - eben wegen Hoeneß' Kritik an Mario Gomez ("Er ist gut, aber nicht sehr gut, sonst wären wir jetzt Champions League-Sieger").

Also sagte Sammer, der Präsident habe "alle Rechte", er sei "eine Persönlichkeit, die diesen Verein sehr geprägt hat". Doch seine jüngste Wortmeldung, so Sammer, habe "uns nicht so gut gefallen". Wenn man, wie Hoeneß das fordere, "den Schritt von gut zu sehr gut machen" wolle, "dann müssen wir das in allen Teilen des Vereins tun". Er werde nicht mehr zulassen, "dass ein Spieler von Bayern München öffentlich kritisiert wird". Heißt übersetzt: Auch ein Klub-Oberhaupt muss im Zweifel mal schweigen können, damit man nach außen geschlossen auftreten kann. Sammer hatte bei seiner Vorstellung angekündigt, Probleme intern regeln zu wollen.

Das war nach der Schelte seines Freundes Jupp Heynckes der zweite öffentliche Rüffel für den mächtigen Hoeneß, der nach Ansicht des Trainers Heynckes mit dem Angriff auf Gomez eine Motivationstour versucht habe, die "vielleicht vor zehn, 15 oder 20 Jahren funktioniert hat". Hat sich Hoeneß in seinem eigenen Verein schon mal solche Reden anhören müssen?

Es sieht sehr danach aus, als müssten sich die neuen Sammer-Bayern noch ein wenig sortieren. Der neue Sportchef hat sich offenbar zum Ziel gesetzt, die starken Meinungsmacher im Verein zu disziplinieren - eine, wie man spätestens jetzt ahnt, recht interessante Aufgabe.

Auch teamintern schien es zunächst am Samstag genügend Themen zu geben, denen Sammer sich umgehend widmen sollte; der anhaltenden Nerven- und Elfmeterschwäche (erneut verschoss Schweinsteiger gegen Bremen) - oder jenen Fehlern, mit denen Nationalspieler wie Boateng (Fehler vor dem Bremer 1:0) oder Neuer (unfreiwillige Vorlage vor dem 1:2) auffällig wurden. Aber nun hat erstmal das Wundenlecken Vorrang.

Als Sofortmaßnahme haben die Bayern den für Mittwoch verabredeten Test beim Regionalligisten Großaspach storniert, wegen der Verletzungsprobleme. "Wenn die Bundesligamannschaft des FC Bayern zu einem Freundschaftsspiel angekündigt ist, sollen auch die bekannten Spieler antreten", erklärte Sammer. Die Bayern wollen die Partie zu einem späteren Zeitpunkt nachholen.

© SZ vom 06.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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