Nordische Ski-WM in Val di Fiemme:Nicht jubeln, gewinnen!

Nordische Ski-WM in Val di Fiemme: Japans Sara Takanashi: im Weltcup der Damen kaum zu schlagen

Japans Sara Takanashi: im Weltcup der Damen kaum zu schlagen

(Foto: AFP)

Sie trennen 24 Jahre und fahren doch im Team zur WM: Sara Takanashi und Noriaki Kasai aus Japan. Während für Kasai die größten Erfolge Vergangenheit sind, geht für Takanashi die Sportkarriere gerade erst los. Mit 16 Jahren hat sie den Gesamtweltcup im Skispringen gewonnen - und ist nun Favoritin auf WM-Gold.

Von Saskia Aleythe

Für japanische Verhältnisse war das ein Freudentanz, den Sara Takanashi da vorführte. Die Skier hingen noch an ihren Füßen, gerade eben hatte sie mit einem Satz auf 92 Meter den Gesamtweltcup im Skispringen gewonnen. Ein freundliches Lächeln überzog ihr Gesicht. Und als die Skier abgeschnallt und die Fernseh-Kameras bereit waren, gab es auch noch ein kurzes Winken. Keine Luftsprünge, kein "Oh mein Gott, das ist der Wahnsinn"-Gesichtsausdruck, nicht mal die Arme riss sie in Siegerpose in die Höhe. Sieg verwalten und gut.

Dass Skispringer aus Japan zwar zu freundlichen, aber eher verhaltenen Jubelarien tendieren, zeigte einst Noriaki Kasai - der erfolgreichste Skispringer, den das Land je hervorgebracht hat. Bei der nordischen Ski-WM in Val di Fiemme gehören Kasai und Takanashi gemeinsam zum japanischen Aufgebot. Kasai ist 40 Jahre alt, Takanashi erst 16. Sie startet das erste Mal bei einer WM, er bereits zum zwölften Mal.

Emotionen, die Takanashi sonst kaum anzusehen sind, weiß sie vor den Reportern zu formulieren. "Ich bin so unglaublich glücklich und kann es gar nicht richtig fassen", sagte sie nach ihrem Erfolg im Weltcup, "im Moment genieße ich meine Sprünge und fühle mich großartig".

Ob sie das großartige Gefühl auch in Medaillen verwandeln kann, wird sich beim ersten Wettkampf am Freitag zeigen. Im Einzelspringen gilt sie als Favoritin - schließlich hat sie den Weltcup schon zwei Wettbewerbe vor Saisonende gewinnen können. In acht der bisher 14 Springen flackerte Japan als Siegernation auf, nur dreimal verfehlte Takanashi das Podest.

Bisher war die Amerikanerin Sarah Hendrickson das Aushängeschild des Frauen-Skispringens und sie wird es in der öffentlichen Aufmerksamkeit wohl auch weiterhin sein, trotz der Erfolge der Japanerin. Takanashi und Hendrickson könnten unterschiedlicher kaum sein. Mit 1,51 Meter Körpergröße wirkt die Japanerin unscheinbar, ihr ruhiges Gemüt trägt das Übrige dazu bei. Die Amerikanerin ist größer, athletischer und dazu ein gern gesehener Interview- und Werbepartner. Ihr Umgang mit der Öffentlichkeit ist souveräner.

Früher musste sich Takanashi ihr stets geschlagen geben. Die Zeiten sind erstmal vorbei, auch weil Hendrickson nach einer Knie-OP im letzten Jahr noch nicht wieder ganz in Form ist. Zwei Siege konnte sie erspringen, stand sonst auch regelmäßig auf dem Podest. Doch Mittlerweile ist Takanashi die Gejagte und die 18-Jährige Hendrickson Zweite - und dahinter weit abgeschlagen die Konkurrenz.

Was Takanashi derzeit auf der Schanze so erfolgreich macht? Bundestrainer Andreas Bauer vergleicht sie mit einer "Maschine", lobt ihre "extreme Anfahrtsposition". Wenn sie sich vom Startbalken abstößt, geht Takanashi tief in die Hocke, mit dem Oberkörper weit nach unten. Der Schwerpunkt liegt damit besonders weit vorne.

Kasai wieder in Form?

Wenn am Sonntag der erste Mixed-Wettbewerb bei einer WM Premiere feiert, könnten Takanashi und Kasai gemeinsam mit zwei anderen Athleten aus dem japanischen Kader um einen Podestplatz springen. Favoriten sind freilich andere, Norwegen oder Slowenien, auch das deutsche Team will eine Medaille. Dass sich Jung und Alt bei den Japanern gut verträgt, zeigte sich aber bereits im Sommer: Im französischen Courchevel holte Japan Platz eins beim ersten Team-Wettbewerb überhaupt.

Nordische Ski-WM in Val di Fiemme: Noriaki Kasai: mit 40 Jahren noch immer nicht genug vom Skispringen

Noriaki Kasai: mit 40 Jahren noch immer nicht genug vom Skispringen

(Foto: imago sportfotodienst)

Kasais Form hat die Jahrtausendwende nicht schadlos überstanden. 1989 absolvierte er sein erstes Weltcupspringen - Takanashi sollte erst sieben Jahre später geboren werden. Auch sein größter Erfolg liegt mittlerweile 21 Jahre zurück: 1992 wurde Kasai Skiflugweltmeister. Bei sechs Olympischen Spielen konnte er einmal Silber gewinnen, im Weltcup klappte es zweimal mit einem dritten Rang in der Gesamtwertung.

"Ich liebe Skispringen und habe Spaß", versichert Kasai, "und ich habe noch nie eine Goldmedaille bei einer WM oder bei Olympia gewonnen, auch der Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee fehlt mir noch - natürlich möchte ich bei Olympia in Sotschi 2014 an den Start gehen".

In dieser Saison steht Kasai im Weltcup auf Rang 31, auch verletzungsbedingt. Im Januar stürzte er, überdehnte sich das Innenband im Knie und verpasste die folgenden acht Springen. Das beste Ergebnis war ein siebter Rang in Kusamo Anfang Dezember. Landsmann Taku Takeuchi hat ihn überholt und konnte in diesem Winter bereits fünf Mal in die Top Ten springen.

Pünktlich zur WM scheint Kasai noch einmal in Form zu sein: Im dritten Training überraschte er mit einem Sprung auf 98,5 Meter - drei Meter weniger als Gregor Schlierenzauer mit der Bestweite an diesem Tag.

Welche Hoffnungen das in Japan schüren mag? Fest steht: Japan ist in den letzten Jahren aus der absoluten Weltspitze gefallen - jedenfalls bei den Männern. Takanashi hat die Aufmerksamkeit in der Heimat auf das erst junge Frauen-Skispringen gelenkt, bei Wettkämpfen in Japan wird sie regelmäßig von TV-Kameras begeleitet. Nicht schlecht für eine 16-Jährige.

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