Schwimmerin Julia Jefimowa:Bestzeit nach der Dopingsperre

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Verwirrt und verärgert: Die Russin Julia Jefimowa darf wegen einer bereits verbüßten Dopingstrafe nicht zu den Olympischen Spielen. (Foto: Annegret Hilse/imago)
  • Julia Jefimowa, Doppel-Weltmeisterin im Schwimmen, kehrt nach 16-monatiger Dopingsperre zurück - und schwimmt bei einem Meeting in den USA sogleich die beste Zeit des Jahres über 100 Meter Brust.
  • Bemerkenswert ist ihr Erfolg vor allem, da Athleten erst zwei Monate vor Ablauf ihrer Sperre wieder ins Training einsteigen dürfen.
  • Durch ihren Fall gerät auch der nächste WM-Ausrichter Russland in die Bredouille.

Von Saskia Aleythe, München

In Millionen anderen Familien wäre es nur eine Anekdote, die bei Familienfeiern erzählt wird. Seiner Tochter sei damals ein dummes Malheur passiert, könnte der Vater berichten: Sie lebte in den USA, er weit weg, da sei es beim Einkaufen eben passiert. Auf der Suche nach einem Lebensmittel, das sie sonst von ihm bekommen habe, hätte sie nicht aufgepasst und was ganz Blödes gekauft, so was passiere. Schmunzel, schmunzel, Ende der Geschichte.

Doch bei Julia Jefimowa und ihrer Familie ist das schwierig mit dem Schmunzelfaktor, schließlich ist sie Doppel-Weltmeisterin im Schwimmen. Auf den vermeintlichen Fehlkauf folgte im Oktober 2013 eine positive Dopingprobe sowie eine Sperre von 16 Monaten.

Im Juli starten die Weltmeisterschaften im eigenen Land

Die hat Jefimowa nun abgesessen. Am Wochenende gab die 22-Jährige ihr Comeback: Bei einem Meeting in Mission Viejo in den USA schwamm sie die 100 Meter Brust in 1:05,89 Minuten - neun Zehntelsekunden schneller als die Weltjahresbeste Alia Atkinson aus Jamaika.

Es ist eine bemerkenswerte Rückkehr der Russin, die 2013 bei der WM in Barcelona zwei Mal gewonnen hatte und Weltrekord über 50 Meter Brust geschwommen war. Für die kommenden Monate hat sie sich sicher einiges vorgenommen, schließlich starten im Juli die Weltmeisterschaften im eigenen Land, in Kazan.

Bemerkenswert ist ihr Erfolg vor allem, da Athleten erst zwei Monate vor Ablauf ihrer Sperre wieder ins Training einsteigen dürfen, das heißt unter der Anleitung eines professionellen Coaches und in einer begleitenden Trainingsgruppe. So steht es im Programm der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada). Zwei Monate Training also. Und dann gleich Bestzeit.

Es gibt ein paar Erklärungen: Die 16-Monate-Sperre war im Grunde nur eine Sieben-Monate-Sperre. Das Urteil gegen Julia Jefimowa wurde im Mai 2014 verhängt, sieben Monate nach der positiven Probe. Da die Sperre ab dem Zeitpunkt des positiven Befundes gilt, waren also nur noch neun Monate übrig. Von Juni bis Ende Dezember 2014 hätte Jefimowa aussetzen müssen mit professionellem Training. Das bedeutet natürlich nicht, dass sie untätig rumsitzen muss.

Was aber fragwürdig ist: Hat Jefimowa tatsächlich erst wieder zwei Monate professionell trainiert? Wie glaubwürdig ist diese Auszeit, wenn ein Athlet mit vermeintlich monatelangem Trainingsrückstand andere Athleten schlägt?

In Jefimowas Probe wurde damals das anabole Steroid Dehydroepiandrosteron (DHEA) gefunden. Das Urteil gegen die Russin liest sich wie ein Anekdoten-Büchlein, ein Wort taucht häufig auf: naiv. Ihre positive Dopingprobe erklärt Jefimowa so: Seit ihrer Jugend nimmt sie ein Nahrungsergänzungsmittel, das L-Carnitin enthält, jahrelang hat sie ihr Vater und einstiger Trainer damit versorgt, auch als sie schon in den USA lebte.

Die Sportlerin gab es bei Dopingproben stets als eingenommene Substanz an, Im Sommer 2013 musste sie sich dann selbst damit versorgen. Ein Verkäufer versicherte ihr auf Nachfrage, die Produkte seien "dopingfrei". Überprüft habe sie den Beipackzettel nicht, ihr Englisch sei nicht sonderlich gut. Wegen Magenproblemen habe sie nur eine Woche nach der ersten Einnahme das Mittel wieder verbannt. Dopingproben zehn Tage vor und zehn Tage nach dem positiven Befund waren negativ.

Russlands Verband ist nur einen Dopingbefund von einer Sperre entfernt

Dass sie nicht absichtlich leistungssteigernde Mittel einnehmen wollte, wird ausführlich begründet, ihre Sperre von maximal 24 Monaten auf 16 reduziert. Das Urteil gegen Jefimowa enthält noch einen interessanten Satz: "Die Tatsache, dass Frau Jefimowa keine Anti-Doping-Aufklärung vom RSF bekommen hat, ist enttäuschend und verschafft ihr einen Nachteil im Erfüllen Ihrer Verantwortung als Konsument." Der Weltverband Fina stellt also fest, dass der russische Verband (RSF) seine Athleten in Unwissenheit lässt.

Besonders pikant ist das vor dem Hintergrund, dass Russlands Verband nur einen positiven Dopingbefund davon entfernt ist, für zwei Jahre gesperrt zu werden. Es wäre ein Desaster für das Land, das im Juli die WM ausrichtet. Russlands Sportminister Witali Mutko hat im vorigen Sommer den bemerkenswerten Satz gesagt: "Wir sind auf Messers Schneide."

Eine Regel des Weltverbandes Fina sieht vor, bei vier Dopingfällen innerhalb von zwölf Monaten eine Kollektivstrafe für den Nationalverband zu verhängen. Jefimowa gehört dazu, ebenso Sergej Makow, der im Oktober 2013 aufgefallen war. Nummer drei ist Witalij Melnikow, sein Urteil hat die Fina gerade erst gefällt, ohne besondere Eile - vom Zeitpunkt der positiven Probe bis zur Sperre vergingen 15 Monate.

Seit 2012 gibt es insgesamt 16 positive Proben von russischen Schwimmern. Doch werden die Schummler nicht von einem Fina-Kontrolleur erwischt, sondern vom nationalen Verband, oder werden nur Maskierungsmittel statt Steroide oder Epo gefunden, fallen sie nicht unter diese Regel.

Es gibt schönere Szenarien, die sich der Weltverband vorstellen kann, als mit einem Ausrichter zusammenzuarbeiten, dessen Sportler gesperrt sind. Im Oktober 2014 verlieh Fina-Chef Julio César Maglione dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den höchsten Orden für besondere Verdienste im Wassersport. Das persönliche Engagement Putins leiste einen großen Beitrag zur Brüderlichkeit zwischen den Nationen, hieß es in der Begründung. Die soll es bei der Schwimm-WM zu sehen geben. Auf jeden Fall.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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