Nürnberg-Profi Markus Feulner:Stehauf-Mann soll die Heimat retten

Markus Feulner

Erfolgreich in der Heimat: Markus Feulner stammt ursprünglich aus Scheßlitz in Oberfranken - doch auch in Nürnberg fühlt er sich derzeit wohl. 

(Foto: imago sportfotodienst)

Er debütierte mit Schweinsteiger und Lahm bei den Bayern, wurde Meister und stieg dreimal ab: Die Karriere des Nürnbergers Markus Feulner verläuft in Wellen zwischen Erfolg und Misserfolg. Mittlerweile hat er sich beim "Club" als Führungsfigur etabliert - und gibt als einziger echter Franke beim FCN den Kulturbotschafter.

Von Jonas Beckenkamp

Markus Feulner wirkt tiefenentspannt, dabei hätte er allen Grund, gestresst zu sein. Zwischen zwei Trainingseinheiten hat er sich kurz ins Restaurant aufgemacht, telefoniert mit einem Journalisten und isst Rigatonelli mit Rinderfiletstreifen. "Sportlernahrung", sagt er.

Beim 1. FC Nürnberg würde man als Grundnahrungsmittel eher "Drei im Weckla" erwarten - was dem Italiener seine Nudel, ist dem Franken eben seine Bratwurst. "Aber das," sagt Feulner zwischen Pastateller und Telefonhörer, "kennen in unserer Mannschaft die wenigsten." Wie auch, denn aus der Region stammt beim "Club" unter den Feldspielern tatsächlich nur einer: Feulner. Und der soll einen erheblichen Anteil dazu beitragen, dass Nürnberg trotz des überraschenden Trainerwechsels über Weihnachten in der Bundesliga bleibt.

Seit Sommer 2011 ist der geborene Oberfranke wieder nahe seiner Heimat. Letztlich darf es als glückliche Fügung gelten, dass es den Mittelfeldmann dorthin verschlug, wo er aufwuchs. In Nürnberg brauchen sie einen wie ihn dringend, denn besonders viele verdienstvolle Veteranen oder gar Einheimische gibt der Kader nicht her. Mit bald 31 Jahren ist Feulner einer der Erfahrensten.

Sein Alter mag ein wenig überraschen, denn er klingt jugendlich, als wäre er immer noch der unbedarfte Lockenkopf, der einst in der Champions League für die Bayern gegen Lens ein Tor schoss. Das war 2002 - ein Jahr, in dem zwei junge Kollegen aus der Meistermannschaft der Bayern-A-Jugend ebenfalls bei den Profis debütierten. Ihre Namen: Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm. Beide überqueren demnächst die Marke von 100 Länderspielen.

Feulners Weg verlief anders. Er stand nie im Nationalteam, auch in der Werbung oder in der Bravo Sport ist er nirgends zu sehen. Und so spiegeln diese unterschiedlichen Karrieren auch die Unvorhersehbarkeit des Sports wider: Hier die gefeierten Nationalspieler Lahm und Schweinsteiger, dort der wellenhafte Werdegang Feulners. Alle drei begannen sie in der Bayern-Jugend.

"Hochachtung vor Philipp und Basti," sagt Feulner, "aber nicht jedes Sportlerleben verläuft bilderbuchmäßig. Es sind auch Leute komplett weggebrochen, die damals mit uns in der Jugend spielten. Ich bin zufrieden, dass ich seit elf Jahren im Profifußball dabei bin." In dieser Zeit war Feulner viel unterwegs, nur daheim war er selten. Es gab zum Beispiel die Episode in Köln. Dort geriet er im Winter 2004 in eine dysfunktionale Mannschaft, die den Abstieg nicht mehr verhindern konnte.

Aufgeblüht unter Klopp

Nach dem Wiederaufstieg zog er sich einen Kreuzbandriss zu und fiel lange aus, es folgte: der erneute Abstieg. Der technisch begabte Allrounder, dem viele veritables Bundesliga-Potenzial zutrauten, drohte zu versauern. Er suchte sich eine Alternative und fand sie in Mainz, wo er unter Jürgen Klopp aufblühte. Plötzlich spielte er eine offensivere Rolle, schoss Tore und glänzte als Vorbereiter. Obwohl er als Mittzwanziger zum dritten Mal in seiner Laufbahn den Klassenerhalt verpasste, begann jetzt seine stärkste Phase.

Nachvollziehbar also, dass in seiner Stimme Stolz mitschwingt beim Rückblick: "Damals passte es einfach: Ich war für Standards zuständig, es gab starke Abnehmer - und in der 2. Liga ist eben auch das Niveau etwas niedriger." 2009 ging es für ihn im Schlepptau seines Förderers Klopp nach Dortmund und erneut schwenkte sein Karrierependel ins Negative um. Ihn plagten Wehwehchen und fehlende Spielpraxis, sein einziger Ausgleich war Yoga. Eine Entdeckung, die ihm immer noch den Kopf frei hält. "Da kann ich mich fallen lassen. Nach einer Stunde fühle ich mich wie nach einer Woche Urlaub."

Zumeist ohne Feulner auf dem Platz entwickelte sich der BVB zur Spitzenmannschaft, der Erfolg gipfelte im Titelgewinn 2011. Natürlich feierte er mit, obwohl er wusste, dass sein Beitrag überschaubar war. Längst hatten sie zu diesem Zeitpunkt beim FCN ein Auge auf diesen Kämpfertypen geworfen.

Sportdirektor Martin Bader muss ausholen, wenn er über Feulner spricht: "Ich wollte ihn schon vor Jahren aus Mainz holen, denn ich war überzeugt, dass er sportlich und charakterlich ein Gewinn ist. In seiner Zeit in Dortmund haben wir den Kontakt gehalten."

Die Nürnberger hatten beim Scouten Erstaunliches herausgefunden: Obwohl Feulner kaum spielte, trainierte er wie ein Besessener. Das gab den Ausschlag, ihn im Sommer 2011 zu verpflichten. "Wenn einer immer wieder zurückkommt, zeugt das von Qualität," findet Bader. "Er war in Mainz der herausragende Spieler, in Dortmund hat es dann weniger gut geklappt. Ihn zeichnet aus, dass er gestärkt aus schwächeren Momenten herauskam."

Heute profitiert Nürnberg vom Vertrauen in den fast schon Gescheiterten. Feulner steigerte sich im Verlauf der Hinrunde - dabei erfuhr er im September auf dem Weg zum Auswärtsspiel in Mönchengladbach, dass sein Vater gestorben war. Feulner hatte ein sehr gutes Verhältnis zu seinem Vater, es nahm ihn arg mit.

Der Mittelfeldspieler aber zeigte auch hier Stehvermögen, kämpfte sich zurück in die Mannschaft. Auch, weil Trainer Dieter Hecking ihn als Ruhepol der mitunter instabilen Elf stark machte. Sein Durchbruch war das Tor aus 30 Metern gegen den FC Bayern. Jetzt ist Hecking weg, doch das dürfte Feulner verkraften. Wie es heißt, soll er sogar bald seinen Vertrag verlängern, um unter dem neuen Trainergespann Michael Wiesinger und Armin Reutershahn als Führungsfigur zu fungieren.

Den Trainerwechsel sieht er pragmatisch: "Als Profi muss ich damit umgehen, das wird sich einspielen. Es muss zügig gehen, denn wir haben nicht viel Zeit zum Eingewöhnen." Klingt nach ein wenig Stress, aber Markus Feulner hat schon Schlimmeres erlebt.

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