Magdalena Neuners Abschied:"Ich bin froh, dass es vorbei ist"

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Der letzte WM-Tag verläuft für die deutschen Biathleten eher schlecht, insbesondere für Magdalena Neuner. Trotz Platz zehn im finalen Massenstart will sie die Enttäuschung aber nicht an sich heranlassen: Sie ist einfach froh, dass ihre anstrengende Zeit als Profisportlerin ein Ende hat.

Carsten Eberts, Ruhpolding

Die Völkerwanderung kam unerwartet, aber sie zeigte, wie groß die Enttäuschung im ersten Moment war. Kurz nach dem vierten Schießen im Massenstart, als Magdalena Neuner drei ihrer fünf Schüsse daneben setzte, strömten Hunderte Zuschauer aus dem Stadion und von der Strecke zu den Shuttlebussen. Sie wollten gar nicht mehr abwarten, bis das Rennen beendet war.

Prost und tschüß: Magdalena Neuner. (Foto: dapd)

Die verbliebenen Zuschauer in der Chiemgau-Arena gaben indes ihr Bestes, um Neuner einen gebührenden Abschied zu bereiten. Es war ihr allerletztes WM-Rennen gewesen, das Neuner an diesem Sonntag absolvierte, auch wenn es kein sonderlich Erfolgreiches war: Neuner hatte mit dem Ausgang des Rennens nichts mehr zu tun, es gewann die Norwegerin Tora Berger. Sechs Schießfehler, Platz zehn - was soll's?

Die Abschiedsworte fielen jedenfalls herzlich aus. "Magdalena, wir danken dir für diese schönen Stunden in diesem Stadion", lobhudelte Ruhpoldings Bürgermeister und WM-OK-Chef Claus Pichler bei der Abschiedszeremonie. Dann gab es Geschenke: eine selbstgestrickte Mütze, ein gigantisches Glas voll Bier und eine Akkreditierung für die Ruhpoldinger Arena auf Lebenszeit. Letztere ausdrücklich für die ganze Familie, denn Pichler sagte: "Ich hoffe, dass es ganz viele kleine Neuners gibt."

Neuner selbst schaffte es knapp, die Tränen der Rührung zu unterdrücken. Unter dem finalen Getöse der Zuschauer nahm sie zunächst einen großen Schluck Bier, sagte dann: "Es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden. Ich möchte von Herzen Danke sagen." Und blickte bereits in die Zukunft voraus: "Macht weiter so und unterstützt meine Kolleginnen die nächsten Jahre auch so super."

Neuner war erschöpft, man sah es ihr an. Sie machte daraus auch gar kein Geheimnis: "Diese WM war emotional, aber auch sehr anstrengend. Sie hat viele Nerven gekostet", sagte Neuner. Ihr Ziel von sechs Medaillen hat sie nicht erreicht, es sind nur vier geworden - zufrieden konnte Neuner trotzdem sein. "Ich wollte Weltmeisterin werden", sagte sie, "das habe ich zweimal geschafft."

Der letzte WM-Tag war gewiss keiner für die Deutschen, trotz des emotionalen Finales. Schon bei den Männern hatte der Massenstart mit einer Enttäuschung geendet, insbesondere für Andreas Birnbacher: Als Führender ging der Schlechinger ins letzte Schießen, vergab jedoch einen Schuss und musste sich im Schlussspurt mit Rang vier begnügen.

Ganz ähnlich war es ihm schon im Einzelrennen ergangen. "Eigentlich hatte ich alles unter Kontrolle", sagte Birnbacher später. Wäre da nur nicht der verflixte Schießfehler gewesen: "Ich wollte heute unbedingt eine Medaille. Jetzt ist es halt wieder der undankbare vierte Platz geworden." Bei der abschließenden Siegerehrung, diesmal nicht im Ruhpoldinger Championspark, sondern direkt in der Arena, winkte er enttäuscht ins Publikum.

Magdalena Neuner
:Glamourgirl, Vorbild, Freigeist

Doppel-Olympiasiegerin, zwölffache Weltmeisterin, zweimal Sportlerin des Jahres: Magdalena Neuner hat den Biathlon-Sport geprägt wie keine vor ihr. Ihre Karriere in Bildern.

Ihre Karriere in Bildern

Immerhin bewies der letzte Wettkampftag, welche beiden Athleten (neben Magdalena Neuner) die WM sportlich dominiert hatten. Bei den Männern war es zweifelsfrei Martin Fourcade, der gar nicht so treffsichere Franzose, der seine Rennen stets mit fulminanten Laufleistungen gewann. Sein Sieg im Massenstart war bereits Fourcades dritte Goldmedaille der WM - gleiches war seinem berühmten Landsmann Raphaël Poirée bei der letzten deutschen WM 2004 in Oberhof geglückt.

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"Das fühlt sich wunderbar an", sagte Fourcade beinahe gerührt, "davon habe ich mein ganzes Leben lang geträumt." Und er äußerte den Wunsch, am liebsten sofort wieder nach Ruhpolding zurückkehren zu dürfen. Zunächst geht es jedoch nach Chanty-Mansijsk, zum Weltcupfinale in Russland, wo er gegen den Norweger Emil Hegle Svendsen um den Gesamtweltcup streiten muss.

Und bei den Frauen? Etwas überraschend entwickelte sich Tora Berger zur erfolgreichsten Frau der WM - noch vor Magdalena Neuner. Auch Berger holte ihr drittes Gold, nach der Mixed-Staffel und dem Einzelrennen. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich es schaffe", sagte Berger: "Meine Beine taten mir weh. Ich war glücklich, dass mir die anderen nicht mehr gefolgt sind."

Neuner indes erbat sich ein wenig Zeit für ihre abschließende Analyse. "Ich bin froh, dass ich jetzt Abstand nehmen kann", sagte sie, "ich bin froh, dass es vorbei ist." Sie habe in den vergangenen zwei Wochen "unheimlich viel gelernt", erklärte Neuner, auch über sich selber: "Und ich bin stolz, dass ich die WM vom Kopf her gut gemeistert habe." Und nun: Abschalten. Privatleben. Einfach nichts tun.

Ganz kurz war sie dann doch noch mal die Alte: die forsche, die selbstbewusste Neuner. Sie wurde nach ihren Konkurrentinnen gefragt, nach der Tagessiegerin Tora Berger, die nun eine WM-Goldmedaille mehr als Neuner gewonnen hatte. "Ach", sagte sie, "die sind doch alle froh, wenn ich weg bin."

Dann lachte Magdalena Neuner. Und ging.

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