FC Bayern München:Aufsichtsrat stützt Uli Hoeneß

Nie zuvor hat eine Aufsichtsratssitzung der FC Bayern München AG einen solchen Rummel ausgelöst. Das Ergebnis war so nicht erwartet worden: Einvernehmlich lehnt das Gremium das Angebot seines Vorsitzenden Uli Hoeneß ab, das Amt ruhen zu lassen - trotz der Steueraffäre. Die sportlichen Ziele sollen nicht gefährdet werden.

Von Claudio Catuogno und Uwe Ritzer

Gegen 15 Uhr am Nachmittag fuhren die ersten Limousinen vor, zunächst der Bayern-Vize Karl Hopfner, dann die Vorstände von Adidas, VW, Deutscher Telekom und so weiter, und natürlich auch Uli Hoeneß, auf dem Rücksitz seines Dienstwagens, das Handy am Ohr. Edmund Stoiber war der Letzte, der in den Bauch der Allianz Arena rollte, an den Reportern, Fotografen und Kameraleuten vorbei. Nach und nach schalteten sich dann die Nachrichtenkanäle live zu.

Nie zuvor hatte eine Aufsichtsratssitzung der FC Bayern München AG einen solchen Rummel ausgelöst. Früher saßen die Herren Rupert Stadler (Audi), Martin Winterkorn (VW) und Herbert Hainer (Adidas) mit den übrigen Aufsichtsräten, etwa Focus-Herausgeber Helmut Markwort, auch schon mal gemütlich beim Käfer zusammen und nickten die Dinge ab, die Uli Hoeneß ihnen vorlegte. Aber diese Zusammenkunft war ja als Showdown angekündigt - nicht zuletzt von einigen Sponsoren-Vertretern im Aufsichtsrat selbst, die sich in der vergangenen Woche zwar nicht namentlich, aber doch ziemlich eindeutig zitieren ließen.

Auch deshalb sendete nun also ein TV-Sender "die exklusiven Sport1-Ankunft-Bilder von Uli Hoeneß" - womöglich die letzten, die den 61-jährigen Bayern-Patron als Aufsichtsratschef zeigen? Irgendwann für den späten Montagabend wurde ein Ergebnis erwartet. Genauer gesagt, dieses Ergebnis: Uli Hoeneß lässt sein Amt als Vorsitzender des mächtigen Klub-Gremiums ruhen, bis klar ist, ob er wegen seiner längst eingeräumten Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vor Gericht oder gar ins Gefängnis muss. Er geht nicht sofort und nicht für immer - aber er geht nach dem Champions-League-Finale am 25. Mai, vorübergehend.

Doch von wegen: Bereits um 17.37 Uhr verschickte der FC Bayern eine Pressemitteilung in eigener Sache. Das Schriftstück war in sachlich-nüchternem Ton gehalten. Das konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es aus Sicht des Vereins einen Sieg zu verkünden gab, schon knapp drei Wochen vor dem großen Finale von London. Und errungen hat ihn Uli Hoeneß. Der geht nämlich keinesfalls. Hoeneß bleibt.

Hoeneß entschuldigt sich

Der Aufsichtsrat der FC Bayern AG habe sich auch "mit dem Steuerfall des Aufsichtsratsvorsitzenden Uli Hoeneß befasst", teilten die Bayern mit. Hoeneß hatte sich Anfang des Jahres bekanntlich selbst angezeigt in der Hoffnung auf Straffreiheit, und er hat bereits mehr als drei Millionen Euro Steuern nachgezahlt. In dem Gremium habe Uli Hoeneß nun "sein Bedauern über den Vorfall ausgedrückt und sich entschuldigt", hieß es weiter. Und er habe den Kollegen angeboten, "das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden ruhen zu lassen, bis die zuständigen Behörden über die strafbefreiende Wirkung seiner Selbstanzeige entschieden haben". So ähnlich hatte Hoeneß das auch schon in seiner ausführlichen Beichte in der Zeit formuliert: Wenn er das Gefühl habe, dem Verein zu schaden, dann werde er sich den notwendigen Konsequenzen nicht verweigern.

Bis dahin las sich also alles wie nach dem vermeintlichen Drehbuch der Wirtschaftsbosse. Dem Vernehmen nach sollen ja insbesondere die Vorstände der Auto- Konzerne im Bayern-Aufsichtsrat Hoeneß in den vergangenen Tagen zum Rückzug gedrängt haben. Vor allem aus den Reihen des Volkswagen-Konzerns war gestreut worden, es führe aus Compliance- Gründen kaum ein Weg an der zumindest zeitweisen Abberufung Hoeneß' vom Aufsichtsratsvorsitz vorbei. Wie solle man denn die eigenen Leute auf die verschärften Regeln einer sauberen Unternehmensführung verpflichten, wenn man Hoeneß einen Millionenbetrug durchgehen lasse? Am besten sei es, hieß es weiter, wenn der Bayern-Präsident selbst zu dieser Überzeugung gelangen würde. Und nun? Lehnten die Aufsichtsräte genau dieses Angebot ab.

"Im Interesse des FC Bayern, der sich voll und ganz auf das Erreichen der weiteren sportlichen Ziele . . . konzentrieren soll", schreibt der Klub weiter, "hat der Aufsichtsrat der FC Bayern München AG nach intensiver Diskussion einvernehmlich entschieden, dass Uli Hoeneß das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG weiter ausüben soll."

Ein Rücktritt hätte mehr Unruhe gebracht

Schon in den Tagen vor der Sitzung hatten sich die Vertreter der größten Bayern-Geldgeber mit ihrem Vorsitzenden, den sie persönlich alle sehr schätzen, offenbar auf diese Strategie verständigt. Der drohende Glaubwürdigkeitsverlust ihrer jeweiligen Unternehmen für den Fall, dass der Steuerhinterzieher Hoeneß im Amt bleiben würde, war nun offenbar nicht mehr das vorrangige Thema. Jetzt saßen da neun Männer zusammen, die vom FC Bayern berufen wurden, und überlegten, was für den FC Bayern das Beste wäre. Kurzfristig. Ergebnis: Ein Rücktritt samt Nachfolge-Diskussion hätte deutlich mehr Unruhe in die Angelegenheit gebracht als ein Verbleib - so muss man den Beschluss wohl auch lesen.

Weitere Überlegungen kamen offenbar hinzu: Ein Rückzug auf Zeit, also das Ruhen-Lassen des Aufsichtsrats-Amtes, wäre aus aktienrechtlichen Gründen schwierig gewesen. Und wie zu hören ist, soll bei der Entscheidung letztlich auch eine Aussage der Staatsanwaltschaft München den Ausschlag gegeben haben: Die Behörde hatte klargestellt, dass gegen Hoeneß ausschließlich wegen Steuerhinterziehung ermittelt werde, nicht aber wegen Korruption oder anderer Delikte, die ebenfalls zeitweise öffentlich im Raum standen. Das beruhigte die Herren ganz offenbar.

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