FC Bayern in der Champions League:Unnötige Aktion stört den Spaßfußball

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Xherdan Shaqiri und Mario Gomez: immer da, wenn sie gebraucht werden.

(Foto: AFP)

Beim FC Bayern wissen sie nicht so recht, wie sie mit dem souveränen Erfolg gegen Bate Borissow umgehen sollen: Einerseits freuen sich Spieler und Verantwortliche über Spielfreude, Stimmung und Ausgeglichenheit des Kaders. Andererseits ärgert sie der Feldverweis für Jérôme Boateng.

Aus dem Stadion von Martin Mühlfenzl

Beide waren lange in der Luft, flogen aufeinander und präsentierten dabei doch gänzlich unterschiedliche Flugkurven: Der eine flach über dem Boden - der andere weitaus höher über dem Rasen. Der eine war Jérôme Boateng, der andere der Ball.

Beide trafen sich im eigentlich neutralen Raum des Spielfeldes mit ungeheurer Wucht. Blöd nur, dass Bayerns Innenverteidiger beim Treffen mit dem Spielgerät gleichzeitig Aleksandr Hleb von hinten in die Beine grätschte; also nicht nur den Ball spielte, wie es in der Sprache der Fußballer so schön heißt. Es war die Spielsituation, die den ansonsten ansehnlichen 4:1-Sieg der Bayern über Bate Borissow überlagerte, und Boateng die rote Karte einbrachte.

"Wüst", nannte Trainer Jupp Heynckes die Aktion seines bis dahin vollkommen souverän agierenden Abwehrchefs. "Unnötig", fügte Heynckes an, schließlich bringt der Platzverweis Boateng sicher eine Sperre für mindestens eine der beiden Partien im Achtelfinale ein, für das sich der FCB vor dem Valencia als Gruppenerster qualifizierte. Dann fehlt Heynckes nach der schweren Verletzung von Holger Badstuber ein zweiter Innenverteidiger.

Bis dahin hat Heynckes aber ausreichend Zeit, Alternativen einzustudieren. Und die Lust am Experiment war dem Trainer auch gegen die letztlich heillos überforderten Weißrussen anzumerken. Viel war nach dem Spiel bei den Bayern von "Spaß" die Rede - und viel hatte das mit der Aufstellung des Trainers zu tun.

Denn Heynckes hatte die "Spaßfußballer" Xherdan Shakiri, Diego Contento, Toni Kroos und Thomas Müller gleichzeitig in die Startformation beordert und die feinen Techniker sorgten immer wieder gemeinsam für ebenso feine Momente im Kombinationsspiel. Für die nötige Absicherung sorgten als ungleiche Sechser Bastian Schweinsteiger und Anatoli Timoschtschuk - Letzterer mit einem seiner wirklich guten Spiele für die Bayern.

"Ich vertraue meinen Spielern", sagt Trainer Heynckes nach der Partie, wie um noch einmal seine ungewöhnliche Rotation zu rechtfertigen. Dabei befand sich Heynckes überhaupt nicht in Erklärungsnot: Die Qualität der sogenannten zweiten Reihe im Kader ist erstaunlich.

Überzeugende Reservisten

Allen voran Xherdan Shakiri machte erneut deutlich, welche Bereicherung er für das Spiel der Bayern sein kann. Der kleine Schweizer besitzt herausragende technische Qualitäten und einen enormen Zug zu Tor: Gegen Borisov gelang ihm so als Aushilfs-Mittelstürmer nach filigraner Hereingabe von Mario Gomez per Kopf ein Treffer. Seine eigne Vorarbeit zum Führungstreffer durch eben jenen Gomez war ein kleines Kunststück auf der linken offensiven Außenbahn.

"Die Spieler, die ran durften, wollten Vertrauen zurückzahlen", fasste Shakiri seine kleine Galavorstellung routiniert zusammen. Der Trainer schenkt Vertrauen, der Spieler gibt es zurück. Das sieht auch Mario Gomez ganz ähnlich, der sich selbst wieder als vollkommen fit bezeichnet - und diesen Eindruck auch gegen Bate bestätigte: "Wenn der Trainer mich einsetzt, dann bin ich da."

Diese Selbstverständlichkeit könnte sich angesichts der weiter existenten Dreifachbelastung zur großen Stärke der Bayern entwickeln. Daniel van Buyten, sonst meist Ersatz, konnte gegen die Weißrussen ebenso wie Timoschtschuk überzeugen. Dante ist angesichts der Ausfälle von Boateng und Badstuber kaum mehr aus der defensiven Zentrale wegzudenken. Und vorne kann Heynckes rotieren, wie er gerade lustig ist - und tut dies auch mit Genuss.

In der Schlussphase durften schließlich auch noch Franck Ribéry und David Alaba, beide lautstark von den Fans gefordert, die weiten Räume auf dem Rasen nutzen. Alaba tat das mit seinem Treffer zum 4:0 besonders ausgiebig und bereitete dadurch vor allem seinem Trainer eine besondere Freude: Sein Tor war das dritte nach einem Eckstoß in dieser Saison.

Eine Variante des ruhenden Balls, die Heynckes aufgrund anhaltender Erfolglosigkeit viel Kritik einbrachte, der er aber im Training viel Raum einräumte: "Und man sieht ja, dass wir Standards trainieren."

Gegen welchen Gegner diese neue Stärke der Bayern zum Einsatz gebracht werden soll, interessierte die Verantwortlichen nach der Partie gegen Borisov kaum. Nur einer äußerte einen konkreten Wunsch. Gegen Celtic Glasgow würde Wirbler Shakiri gerne auflaufen. Am liebsten natürlich von Anfang an.

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