FC Bayern in der Champions League:Rendezvous mit dem Jugendklub

Bayern-Trainer Heynckes schwärmt von der Leichtigkeit seines Teams, die keiner besser verkörpert als Franck Ribéry. Im Champions-League-Heimspiel gegen dessen alten Klub OSC Lille lauern für die Münchner allerdings Gefahren. Vereinsboss Hoeneß findet deshalb klare Worte.

Claudio Catuogno

FC Bayern Ribéry

Da lang geht's: Franck Ribéry trifft im Spiel gegen Lille auf seinen alten Verein. 

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Franzosen können sich das ja immer nicht vorstellen: dass man es irgendwo anders noch schöner finden kann als in Frankreich - als Franzose! Ein Leben so ganz ohne Savoir vivre, allenfalls mit ein bisschen Mia san mia - und deshalb ergeht jetzt wieder die Frage an Franck Ribéry, ob er mal ein bisschen erzählen kann, warum er sich so wohl fühlt beim FC Bayern seit nunmehr vier Jahren.

"Seit sechs Jahren", korrigiert Franck Ribéry freundlich. Seit sechs Jahren. Umso erstaunlicher.

Natürlich hat der FC Bayern wieder seinen Offensivdribbler Ribéry aufs Podium gesetzt, am Tag vor dem Champions-League-Gruppenspiel gegen dessen Jugendklub OSC Lille. Der Presseraum, der auf dem weitläufigen Gelände an der Säbener Straße offenkundig mit der Maßgabe eingerichtet wurde, so eng und unbequem wie möglich zu sein, quillt mal wieder über am Montagmittag.

Aber dahinter, im nicht-öffentlichen Bereich, so berichtet es Ribéry den französischen Fragestellern, dahinter liegt eine Welt, in der Milch und Honig fließen. "Hier wird einfach unheimlich lieb und respektvoll miteinander umgegangen, und der ganze Verein versucht, mir ein Umfeld zu schaffen, in dem ich mich so wohl wie möglich fühlen kann."

Unheimlich lieb und respektvoll - da hat man in der Vergangenheit durchaus auch andere Dinge aus dem Innenleben des deutschen Branchenprimus gehört. Aber Erfolg macht eben auch ein Stück weit gelassen, und in dieser Hinsicht ist der Tabellenführer der Bundesliga ja gerade tatsächlich im Soll. Am Sonntag nach dem 3:0 beim Hamburger SV erzählte der Trainer Jupp Heynckes seinen Spielern in der Mannschaftsbesprechung, was ihm gerade besonders an ihnen imponiere: "Der Spaß am Fußball, die Leidenschaft - das Spiel wirkt ja fast so, wie wir früher auf der Straße gespielt haben." Und Franck Ribéry, das ergänzt Heynckes nun am Montag im Pressekabuff, "Franck verkörpert diese Spielweise natürlich als Prototyp".

Pizarro steht bereit

Straßenfußball, das trifft die Leichtigkeit womöglich tatsächlich ganz gut, mit der die Münchner - mit wenigen Ausnahmen - gerade durch die Liga tänzeln. Aber am Mittwochabend, im Heimspiel gegen Lille, ist nicht Bundesliga, sondern Champions League. Und da sind die Bayern derzeit nicht mit weitem Abstand Erster. Sondern Dritter in der Tabelle ihrer Vorrundengruppe F. Bundesliga ist einfach, Europapokal ist mühsam - charakterisiert das den FC Bayern in diesem Jahr?

Heynckes sieht es ein bisschen anders, trotz der Niederlage in Weißrussland bei Bate Borissow (1:3) und des mühsamen Arbeitssiegs in Lille (1:0) vor zwei Wochen. "Das waren zwei Auswärtsspiele", sagte er, bei aggressiven, unangenehmen, rustikalen Gegnern. Nun erwartet man die beiden aggressiven, unangenehmen, rustikalen Gegner in der heimischen Arena, erst Lille, dann Borissow. Danach wird die Bilanz wieder etwas freundlicher aussehen, glaubt der Bayern-Coach.

Aber auch Heynckes sieht natürlich die Gefahren, die sich aus der Tabellenkonstellation ergeben, wo die Bayern punktgleich mit dem FC Valencia und Bate Borissow Dritter sind. Es könne "noch ganz dramatisch werden", mahnt deshalb auch der Bayern-Präsident Uli Hoeneß. Und fordert, Lille müsse man jetzt "wegputzen". Frei nach dem Motto: Bloß nicht zu lieb und respektvoll zum Gegner sein!

Vom mühsamen Hinspiel hat sich Jupp Heynckes noch mal 60 Minuten auf DVD angesehen, sein Fazit: Sein Team müsse "fußballerisch anders auftreten", etwa "nach vorne ein gewisses Risiko eingehen". Franck Ribéry soll wieder zusammen mit Arjen Robben die Flügelzange bilden, in die Mitte rückt Thomas Müller; Toni Kroos dürfte nach überstandenen Magen-Darm-Problemen geschont werden. Angreifer Mario Mandzukic wird voraussichtlich wegen einer Erkältung ausfallen - für ihn stünde der international erfahrene Claudio Pizarro bereit.

Und so sehr der Trainer Heynckes auch schwärmen mag von seiner Elf, so energisch betont er auch immer wieder, dass all die straßenfußballhafte Leichtigkeit nichts als eine "Momentaufnahme" sei: "Ich erwarte von der Mannschaft noch viel mehr."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: