Deutsche Handball-Nationalmannschaft:Heuberger puzzelt bis zur WM

Germany v Sweden - International Handball Friendly Match

Engagiert gegen Schweden: Bundestrainer Martin Heuberger (rechts).

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die WM-Tests gegen den Olympiazweiten Schweden nutzt Bundestrainer Martin Heuberger für Experimente, die deutschen Handballer zeigen beim 28:28 in Hamburg einige gute Ansätze. Manch einer lässt sich schon zu einer positiven WM-Prognose hinreißen.

Von Carsten Eberts, Hamburg

Martin Heuberger hatte es eilig, er musste zum Flieger, trotz der Hetze blickte er ziemlich entspannt. Das 28:28 der deutschen Handball-Nationalmannschaft gegen Schweden konnte der Bundestrainer ohne viel Fantasie als Erfolg werten. "Das war ein Schritt nach vorne", sagte Heuberger, "man hat gesehen, dass hier etwas zusammenwächst." Vor allem, befand der Coach, war der deutsche Vortrag kein Vergleich mehr zum vergangenen November.

Im November 2012, da hatte die deutsche Mannschaft eine ihrer bittersten Stunden erlebt. Im Qualifikations-Hinspiel gegen Montenegro verlor das Team in Mannheim nach einer peinlichen Leistung 27:31, präsentierte sich als leidenschaftsloser Haufen, der ratlose Gesichter zurück ließ. Wie hatte der deutsche Handball, fünf Jahre nach dem WM-Gewinn, so tief fallen können? Die Qualifikation gelang im Rückspiel zwar trotzdem, die Stimmung vor der WM in Spanien war jedoch denkbar schlecht.

Zwei Monate später ist die Stimmung eine andere. Wenige Tage vor WM-Beginn hat Heubergers Team gegen den Olympiazweiten Schweden zwei ansprechende Testspiele abgeliefert. Das erste gewann Deutschland am Donnerstag 26:20 in Växjö/Schweden, am Samstag in Hamburg hieß es 28:28. Dabei zeigte die Mannschaft eine ordentliche Leistung, kein Vergleich mehr zum Auftritt gegen Montenegro. Vielleicht, ganz vielleicht geht ja doch etwas bei dieser WM.

Schwerwiegende Umbauten

Nun darf die Leistung in den zwei Spielen gegen Schweden nicht überbewertet werden. Der Olympiazweite hat nach dem Erfolg in London kräftig umgebaut: Nur vier Spieler befanden sich in Växjö und in Hamburg noch im Kader, die auch bei Olympia zum Team gehörten. Für die WM haben sich die Schweden gar nicht erst qualifiziert. "Es war wichtig, dass wir nicht verloren haben", sagte Spielmacher Michael Haaß trotzdem: "Wir haben im Angriff einen Schritt nach vorne gemacht."

Auch das deutsche Team hat schwerwiegende Umbauten hinter sich. Nach den Absagen von Uwe Gensheimer, Holger Glandorf und Lars Kaufmann berief Heuberger fünf Debütanten in den Kader. Neben Torhüter Silvio Heinevetter und Mittelmann Haaß zählen Rückraummann Sven-Sören Christophersen und Linksaußen Dominik Klein zur wichtigen Achse. Fällt einer von ihnen im Turnierverlauf aus, wäre dies kaum zu verkraften.

Junge Spieler drängen sich auf

Hört man den Protagonisten zu, ist dennoch Optimismus angesagt. Weil in dieser Mannschaft etwas zusammenwächst. Zum WM-Lehrgang zum Jahresende im südbadischen Steinbach berief Heuberger einen Kader, der so noch nie zusammengefunden hatte; mit Roggisch, Klein und Lichtlein waren nur noch drei Spieler dabei, die 2007 den WM-Titel nach Deutschland holten.

Dem Vernehmen nach zogen die Spieler in Steinbach vortrefflich mit, auch der Bundestrainer war von der Schlagkraft seines verjüngten Teams überrascht. Eine "richtig gute Truppe" sah der erfahrene Klein, Mittelmann Haaß lobte gar: "Die Stimmung in der Mannschaft ist so gut, wie ich sie selten erlebt habe." Einer, der vor seinem ersten großen Turnier steht, ist der Flensburger Steffen Weinhold. Er sagt: "Die erfahrenen Spieler machen es uns schon leicht. Es wird jeden Tag schöner, in dieser Mannschaft zu spielen."

Seriöse Prognosen darüber, wohin es mit dieser Mannschaft bei der WM geht, gibt es nicht. Heuberger hat zunächst das Achtelfinale "als Minimalziel" ausgegeben, über Medaillen zu sprechen ist in den Augen des Bundestrainers sogar "vermessen". Fürs Achtelfinale ist in der Vorrundengruppe mit Frankreich, Argentinien, Tunesien, Montenegro und Brasilien zumindest Platz vier nötig. Entscheidend dürfte werden, wie die jungen Spieler ins Turnier finden: Neben den arrivierten Recken müssen pro Partie schon ein oder zwei Junge mithelfen, um das Spiel in richtige Bahnen zu lenken.

Frische Impulse aus Wetzlar

Das klappte gegen die Schweden ganz gut. Im Hinspiel traf der junge Kevin Schmidt in seinem ersten Länderspiel gleich drei wichtige Siebenmeter. Im Rückspiel drängte sich Tobias Reichmann, ebenfalls angestellt bei der HSG Wetzlar, auf Rechtsaußen mit vier Treffern auf. Auch Schmidt traf erneut viermal, beide waren damit die besten Schützen des deutschen Teams.

In der Abwehr wurde indes Kapitän Roggisch schmerzlich vermisst. Er blieb leicht erkrankt auf der Bank, wollte kein Risiko eingehen. "Wir müssen Alternativen finden", sagt Heuberger deshalb, "da habe ich heute einige Ansätze gesehen." Im Zentrum probierte der Bundestrainer verschiedene Abwehrvarianten aus; manche funktionierte, vor allem die Variante mit Haaß/Wiencek. Auch auf den anderen Positionen tauschte er munter durch. Mit der besten Formation hätte das deutsche Team die Schweden an diesem Nachmittag wohl geschlagen. Doch dies war nicht das primäre Ziel.

Heuberger wird bis zum Turnierstart am Samstag gegen Brasilien weiterpuzzeln - nun soll ein weiterer Erfolg im finalen Testspiel am Mittwoch gegen Rumänien her. Ende der Woche geht dann der deutsche Flieger nach Spanien. "Wenn das Puzzle ganz ist, kann es vielleicht bis ins Viertelfinale gehen", frohlockte Linksaußen Klein zum Abschied. Vielleicht, ganz vielleicht geht ja doch etwas bei dieser WM.

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