Champions League:Donezk ist das neue Chelsea

Dank der Millionen des Oligarchen Rinat Achmetow hat sich Schachtjor Donezk zur Nummer eins in der Ukraine entwickelt - in dieser Champions-League-Saison erregt die Mannschaft auch international Aufsehen. Dafür hat Achmetow eine gigantische Summe investiert.

Johannes Aumüller

Shakhtar Donetsk vs Chelsea FC

Wollen auch im Rückspiel gegen den FC Chelsea jubeln: Die Spieler von Schachtjor Donezk führen die Gruppe E überraschend an.  

(Foto: dpa)

Aus den Tagen der vergangenen Europameisterschaft gibt es ein paar nette Tribünenbilder, auf denen die beiden Oligarchen Roman Abramowitsch und Rinat Achmetow sichtlich vergnügt nebeneinander sitzen. Der Russe Abramowitsch, Eigentümer des FC Chelsea, etwas legerer im kurzärmeligen Hemd; der Ukrainer Achmetow, Patron von Schachtjor Donezk, im Sakko.

Ansonsten ähneln sich die beiden aber sehr: Sie sind ultrareich und ultraeinflussreich, und unter all den ultrareichen und ultraeinflussreichen Geschäftsmännern, die sich im Osten Europas im Fußball-Business tummeln, zählen sie zu denen mit der größten Fußball-Leidenschaft. Nicht umsonst trägt ein prämierter deutscher Dokumentarfilm über Schachtjor Donezk den Titel "The Other Chelsea".

Doch bevor die Klubs von Abramowitsch und Achmetow am Mittwoch in London in der Champions-League-Gruppenphase aufeinandertreffen, hat es ein paar Anlässe gegeben, wegen derer sich die Stimmung zwischen den beiden verschlechtert haben könnte. Vor zwei Wochen unterlag Chelsea gegen Schachtjor ausgerechnet an Abramowitschs 46. Geburtstag völlig verdient 1:2 - weswegen vor dem vierten Spieltag etwas überraschend weder Chelsea noch Juventus Turin die schwere Gruppe E anführt, sondern Donezk.

Und dann veröffentlichte vor wenigen Tagen die Nachrichtenagentur Bloomberg ihre neuesten Berechnungen, nach denen sich der Ukrainer Achmetow im Oligarchen-Ranking mittlerweile an allen russischen Vielverdienern vorbei zum reichsten Mann in den Ländern der früheren Sowjetunion aufgeschwungen hat und auch deutlich vor Abramowitsch liegt: mit 19 Milliarden Dollar gegenüber 14 Milliarden Dollar.

Rinat Achmetow, 46, auf Platz eins - das ist so ganz nach dem Geschmack des gebürtigen Tataren, um dessen Aufstieg zum einflussreichsten Mann der Ukraine sich zahlreiche dubiose Geschichten ranken und der ein enger Weggefährte des ebenfalls aus Donezk stammenden Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch ist. Und so wie in der Osteuropa-Oligarchen-Liste, so soll das seinem Wunsch nach auch in der Welt des Fußballs sein.

Die Ukraine genügt nicht mehr

1996 hatte Achmetow bei Schachtjor Donezk die Präsidentschaft übernommen, nachdem der damalige Amtsinhaber, die Unterweltsfigur Ahmet Bragin, bei einem Attentat ums Leben gekommen war. Seitdem hat der Klub eine beeindruckende Dominanz erreicht. Drei Meisterschaften in den vergangenen drei Jahren, 14 Erfolge in den ersten 14 Partien der laufenden Spielzeit, saisonübergreifend bereits 26 Liga-Siege in Serie. Und das, obwohl sich in der Meisterschaft neben vielen schwachen Teams auch der eine oder andere fähige Konkurrent findet - nicht nur in Gestalt des ewigen Rivalen und früheren Vorzeige-Klubs Dynamo Kiew, sondern auch in Gestalt von Vereinen wie Metalist Charkow oder Dnjepr Dnjepropetrowsk, die mit immerhin sieben beziehungsweise neun Punkten ihre ersten drei Europa-League-Spiele absolvierten.

Auch machtpolitisch hat Achmetow den ukrainischen Fußball im Griff. Neben Schachtjor, so heißt es, kontrolliert er mindestens zwei weitere Vereine der ersten Liga. Und an der Verbandsspitze hat im September nach einem von Achmetow initiierten Machtkampf dessen langjähriger Widersacher Grigorij Surkis abgedankt. Die Föderation wird nun von Anatolij Konkow geführt, der auch aus der ostukrainischen Region Donezk stammt.

Längst aber ist Achmetow der nationale Erfolg nicht genug. Bevor die Donezker in dieser Saison Chelsea und Juventus überraschten, hatten sie schon zwei Mal international für Aufsehen gesorgt. Zum einen im Jahr 2009, als sie nach einem 2:1-Finalsieg gegen Werder Bremen den Uefa-Pokal gewannen. Und zum anderen in der Champions-League-Saison 2010/11, als sie mit einer imponierenden 15-Punkte-Bilanz die Vorrunde überstanden und im Achtelfinale den AS Rom ausschalteten - ehe sie dann auf Barcelona trafen. Ein ähnliches Abschneiden peilen sie nun wieder an.

Achmetow hat deshalb mächtig investiert, insgesamt geschätzt schon mehr als eine halbe Milliarde Euro, u.a. für die Donbass-Arena, ein Fünf-Sterne-Stadion und auch direkt in die Mannschaft, die seit 2004 der Rumäne Mircea Lucescu trainiert. Auf den defensiven Positionen agieren ausschließlich Nationalspieler osteuropäischer Länder, allen voran der aus Kroatien stammende Kapitän und Rechtsverteidiger Darijo Srna. Und fürs Spiel nach vorne hat Achmetow über die Jahre etliche südamerikanische Fußballer eingekauft; nicht weniger als zehn gebürtige Brasilianer stehen mittlerweile im Kader, am wichtigsten für die Mannschaft ist Mittelfeldmann Willian.

Der derzeit torgefährlichste Offensivspieler des Klubs kommt kurioserweise aber aus einem Land, das von der internationalen Fußball-Spitze so weit entfernt liegt wie die Copacabana vom Schwarzen Meer: Genrich Mchitarjan, 23, aus Armenien. Wettbewerbsübergreifend erzielte er in dieser Saison in 15 Spielen bereits 17 Tore, zwei davon auch in der Champions League gegen Nordsjaelland. Im Hinspiel gegen den FC Chelsea traf er zwar nicht, aber er spielte immerhin so, dass in den Fanforen des Londoner Klubs der Wunsch aufkam, Abramowitsch solle doch mal wegen dieses Mannes bei seinem Oligarchen-Kollegen Achmetow vorsprechen.

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