100. Länderspiel von Philipp Lahm:"Großen Dank an Rudi Völler"

Philipp Lahm

Philipp Lahm: Ehrung am Freitag

(Foto: dpa)

Der Beste, der Intelligenteste, ein Weltklassespieler, ein Vorbild: Aktuelle und frühere Trainer überschlagen sich gerade mit Lobeshymnen für Philipp Lahm. Der Kapitän bestreitet in der WM-Qualifikation gegen Österreich sein 100. Länderspiel. An den Rekord von Lothar Matthäus will er dabei nicht denken.

Der gerade ein Jahr gewordene Sohn Julian wird beim 100. Länderspiel seines Papas nicht im Stadion dabei sein. "20.45 Uhr", erklärte ein blendend aufgelegter Philipp Lahm am Tag vor dem Jubiläumsspiel in seinem Münchner "Wohnzimmer" gegen den Nachbarn Österreich, das sei dann doch zu spät für den Stammhalter.

Dafür werden Lahms Eltern, viele Freunde und Bekannte applaudieren, wenn der 29 Jahre alte Profi des FC Bayern die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in die voll besetzte Arena führt. "Es ist etwas Schönes, wenn man sein 100. Länderspiel vor der Haustür machen kann", sagte Lahm am Donnerstag. Es soll vor 68.000 Zuschauern ein unvergesslicher Abend für ihn werden. "Das Wichtigste ist natürlich, dass man gewinnt. Mein 100. Länderspiel ist eine schöne Nebensache", benannte der Abwehrspieler die Prioritäten.

Fast ein Jahrzehnt zählt Lahm zum festen Inventar der DFB-Auswahl. Als 20-Jähriger debütierte er am 18. Februar 2004 beim 2:1-Sieg in Split gegen Kroatien in seiner ersten Bundesligasaison beim VfB Stuttgart. Das erste Länderspiel sei im Rückblick irgendwie auch das schönste gewesen, sagte Lahm, "weil ich als junger Spieler berufen wurde. Sieben Monate vorher war ich noch Amateurspieler." Der damalige Teamchef Rudi Völler bot ihn in der Startelf auf, was Lahm in der Mannschaftssitzung überrascht hatte. Es war der Start zu einer bemerkenswerten Serie, denn auch in den folgenden 98 Partien spielte Lahm immer von Anfang an. Einwechselspieler war er nie. "Großen Dank an Rudi Völler", kommentierte Lahm lächelnd.

Ob Völler, Jürgen Klinsmann oder Joachim Löw - Lahm war bei jedem Nationaltrainer eine Fixgröße. Alle hätten ihn am liebsten geklont, um ihn gleichzeitig links und rechts verteidigen zu lassen. "Er ist ein absolutes Vorbild an Seriosität und Einsatz. Er ist ein Weltklassespieler, eine Persönlichkeit. Auf ihn kann sich ein Trainer immer verlassen", schwärmte Löw in München. Egal, wo Lahm spielte, links oder rechts in der Abwehr oder ausnahmsweise auch im defensiven Mittelfeld, die Leistung und der Einsatz stimmten fast immer.

"Er ist der beste Außenverteidiger überhaupt in der Historie der Bundesliga", äußerte Jupp Heynckes, mit dem Lahm in der vergangenen Saison das Triple beim FC Bayern gewann. Nachfolger Pep Guardiola bezeichnete den nur 1,70 Meter großen Lahm gerade erst als "intelligentesten Spieler, den ich trainiert habe". 99 Spiele, fünf Tore, da fällt eine Einordnung der schönsten und bittersten Momente nicht leicht.

Neben dem Premierenspiel sind ihm als Höhepunkte gerade die großen Turniere in Erinnerung geblieben. Das bittere 0:1 im EM-Finale 2008 gegen Spanien, "als ich in der Pause auch noch verletzt raus musste" und er zuvor auch am Tor von Fernando Torres "nicht unbeteiligt" gewesen sei. Auch die zwei Halbfinalniederlagen bei der WM 2006 in Deutschland gegen Italien und bei der WM 2010 in Südafrika wieder gegen Spanien seien schmerzhaft gewesen. Beim "schönsten Tor" muss er nicht überlegen, es war das 1:0 beim 4:2 im WM-Eröffnungsspiel 2006 in München gegen Costa Rica. Das "wichtigste" war sein 3:2-Siegtor "kurz vor Schluss" im EM-Halbfinale 2008 gegen die Türkei. "Ich schieße ja nicht so viele Tore, alle zwei Jahre eins", scherzte Lahm.

Die 150 Länderspiele von Deutschlands Rekordnationalspieler Lothar Matthäus seien kein Ziel für ihn. "Ein Titelgewinn ist ein Ziel, am liebsten 2014", sagte Lahm mit Blick auf die WM in Brasilien. An sein Karriereende und eine mögliche Tätigkeit als Trainer oder Manager im Fußball mag er noch nicht denken. "Ein paar Jahre als Fußballer habe ich schon noch. Ich fühle mich fit."

Lahm hat sich immer angepasst, an das höhere Tempo und die feinere Technik auf dem Platz, und an den Rummel "drum herum". "Bei ihm sehe ich noch lange nicht, dass er seinen Zenit überschritten hat", urteilte Löw. Der amtierende Bundestrainer hatte ihn 2010 zum Kapitän ernannt, als sich Michael Ballack vor der WM verletzt hatte. Lahm griff zu und wollte die Binde nach Südafrika auch nicht mehr hergeben. Das führte zum Zerwürfnis mit dem langjährigen "Leitwolf" Ballack. Inzwischen sind die Dissonanzen so weit ausgeräumt, dass Ballack in München vom DFB verabschiedet und Lahm für sein 100. Länderspiel ausgezeichnet werden kann. "Wir werden uns morgen nicht bekriegen", scherzte Lahm.

So locker und lustig wie am Donnerstag hat man ihn noch nicht bei einer Pressekonferenz erlebt, was wohl auch daran lag, dass sein Vereinskollege und Spaßvogel Thomas Müller mit auf dem Podium saß. Die Schlussfrage, ob er denn so lange spielen wolle, bis ihn auch sein kleiner Sohn im Stadion spielen gesehen habe, beantwortete Lahm schlagfertig: "Samstag um halb vier in der Bundesliga, da war er schon im Stadion - also könnte ich aufhören."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: