12. Wettkampftag:Olympia kompakt

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Die Leichtathletik hat ihren ersten Dopingfall, es gibt Enthüllungen über Hambüchen und das IOC wird immer reicher. News aus Peking.

Am Tag nach der Reck-Entscheidung hat Wolfgang Willam, der Sportdirektor des Deutschen Turnerbundes (DTB), enthüllt, dass Fabian Hambüchen schon seit Wochen nicht mehr in der Verfassung gewesen sei, die in Peking zur Goldmedaille nötig gewesen wäre. "Wir sind heilfroh über Bronze. Denn seit langem war klar, dass Fabian nicht in der Form ist, die für einen Olympiasieg nötig gewesen wäre", sagte Willam. "Bereits im Trainingslager in Tokio hatte er große Probleme mit seiner Reck-Übung", verriet Willam. Daa habe man der Öffentlichkeit bewusst verschwiegen, um den Athleten nicht zusätzlich zu verunsichern.

Belgte Platz vier im Langstreckenschwimmen: Angela Maurer (Foto: Foto: dpa)

Spektakulärer Dopingfall: Das Internationale Olympische Komittee (IOC) bestätigte, dass Ludmilla Blonska (Ukraine) als Silbermedaillen-Gewinnerin im Siebenkampf in der A-Probe positiv auf ein anaboles Steroid getestet wurde. Die B-Probe soll noch am Mittwochabend geöffnet werden. Laut Lamine Diack, Präsident des internationalen Leichtathletik-Verbandes IAAF, handelt es sich bei der Substanz um Methyltestosteron. Die IOC-Disziplinarkommission unter Vizepräsident Thomas Bach will am Donnerstag über eine Disqualifikation entscheiden. Blonska ist damit der fünfte Doping-Fall in Peking. Die 30-Jährige steht nach einem ersten positiven Test 2003 nun vor einer lebenslangen Sperre.

Die NBA-Stars der USA haben sich als dritte Mannschaft für das Halbfinale des olympischen Basketball-Turniers am Freitag qualifiziert. Das Team um die Superstars Kobe Bryant und LeBron James gewann das Viertelfinal-Duell 116:85 (55:43) gegen Australien. Der Gegner in der Runde der letzten Vier wird in der anschließenden Begegnung zwischen Titelverteidiger Argentinien und Vize-Weltmeister Griechenland ermittelt. Bester Werfer der Amerikaner war Kobe Bryant mit 25 Punkten vor LeBron James (16) und Carmelo Anthony (15). Zuvor hatten bereits Weltmeister Spanien und Litauen das Halbfinale erreicht.

Die deutschen Hockey-Frauen haben den erneuten Einzug in das Endspiel der Olympischen Spiele verpasst. Mit dem 2:3 (1:1) gegen China verspielte das Team im Halbfinale die Chance, den Triumph von 2004 in Athen zu wiederholen. Vor 8000 Zuschauern in Peking musste die DHB-Auswahl trotz zweimaliger Führung durch Natascha Keller (4. Minute) und Janine Beermann (36.) eine Niederlage hinnehmen. Gao (31.), Ma (39./Strafecke) und Zhao (58.) sorgten für den verdienten Sieg des Gastgebers. Gegner im Spiel um Bronze ist Argentinien. Die Südamerikanerinnen verloren ihr Halbfinale gegen die Niederlande mit 2:5 (0:3).

Die lukrativsten Weltrekorde bei Olympia stellt kein Athlet auf - sondern das IOC. Schon der zu Ende gehende olympische Zyklus mit Winterspielen in Turin und Sommerspielen in Peking spülte mit 2,6 Milliarden Dollar Fernseheinnahmen neue Höchstsummen in die Kassen des Internationalen Olympischen Komitees. Dem IOC scheint ein Boom ohne Ende ins Haus zu stehen: Für die nächsten Spiele in Vancouver und London erwartet IOC-Marketingdirektor Timo Lumme noch einmal 50 Prozent höhere Einnahmen: Nach derzeitigem Stand wird das IOC für sein Produkt Olympia dann 3,8 Milliarden Dollar nur mit dem Verkauf der Fernsehrechte verdienen.

Christian Süß hat die dritte Runde im olympischen Herren-Einzel erreicht. Der Tischtennis-Profi aus Düsseldorf gewann sein Auftaktmatch gegen den Ungarn Janos Jakab mit 4:1-Sätzen und qualifizierte sich als drittes Mitglied aus dem Team des Olympia-Zweiten für die Runde der letzten 32.

Zum dritten Mal nacheinander haben russische Synchronschwimmerinnen Olympia-Gold im Duett gewonnen. Die Rekord-Weltmeisterinnen Anastasia Dawidowa/Anastasia Ermakowa siegten mit 99,251 Punkten vor Andrea Fuentes/Gemma Mengual aus Spanien (98,334) und den Japanerinnen Saho Harada/Emiko Suzuki (97,167). Dawidowa/Ermakowa sind seit 2002 bei bedeutenden Titelkämpfen ungeschlagen. Sie setzten sich seit 2003 bei allen Weltmeisterschaften in dieser Disziplin durch.

Larissa Iltschenko hat bei der olympischen Premiere des Langstreckenschwimmens die Goldmedaille über 10 Kilometer der Frauen gewonnen. Die achtmalige Weltmeisterin aus Russland setzte sich am nach 1:59:27,7 Stunden vor den beiden Britinnen Keri-Anne Payne und Cassandra Patten durch. Angela Maurer aus Wiesbaden belegte den vierten Platz.

Surferin Yin Jian hat das erste Segel-Gold für China in der olympischen Geschichte gewonnen. Nach Silber vor vier Jahren in Athen verwies die 29-Jährige die italienische Weltmeisterin Alessandra Sensini auf dem Revier von Qingdao auf den zweiten Platz. Für Sensini war es die vierte Olympiamedaille ihrer Karriere. Bronze ging an die Britin Bryony Shaw. Eine deutsche Teilnehmerin war auf dem RS:X-Board nicht am Start. Bei den Männern siegte Tom Ashley aus Neuseeland.

Die Tornado-Segler Johannes Polgar und Florian Spalteholz haben am Donnerstag eine Medaillenchance. Einen Tag vor ihrem Finale vor Qingdao arbeitete sich das Duo trotz einer im Endspurt verpatzten achten Wettfahrt, in deren Verlauf es von Rang zwei auf Rang 13 zurückfiel, in zwei weiteren Rennen noch auf Platz vier vor. Einen Tag zum Vergessen dagegen erlebten Marc Pickel und Ingo Borkowski im Starboot. Das Duo aus Kiel und Babelsberg fand sich nach den ersegelten Einzelrängen zehn, sechs und zehn am Vorabend des Medaillenfinals nur auf Platz acht wieder.

Mit einem souveränen Halbfinal-Sieg hat Max Hoff im Kajak-Einer über 1000 Meter den Endlauf erreicht. Der ehemalige Wildwasser-Weltmeister aus Köln gewann am Mittwoch seinen Semifinallauf. Hoff war erst im Frühjahr 2007 zum Kanu-Rennsport gewechselt. Das Finale im Kajak-Einer über 1000 Meter findet am Freitag statt. Auch der dreimalige Kanu-Olympiasieger Andreas Dittmer erreichte in Peking das Finale im Canadier-Einer über 1000 Meter erreicht. Der Neubrandenburger belegte in einem spannenden Halbfinale am Mittwoch den zweiten Platz hinter dem Franzosen Mathieu Goubel.

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Oksana Miankowa aus Weißrussland ist Olympiasiegerin im Hammerwurf. Die Weltjahresbeste kam auf 76,34 Meter. Rang zwei belegte die Kubanerin Yipsi Moreno mit 75,20 Metern. Bronze ging an Zhang Wenxiu (China/74,32). Weltmeisterin Betty Heidler sorgte für eine weitere bittere Enttäuschung des deutschen Leichtathletik-Teams. Die Frankfurterin verpasste das Finale der acht Besten. Nachdem sie zweimal das vier Kilo schwere Gerät in den Käfig geschleudert hatte und im dritten Durchgang mit nur 70,06 Meter auf Rang neun kam, musste sie noch vor dem Medaillenkampf ihre Tasche packen.

Niederlage im Auftaktkampf: Sümeyye Gülec (rechts). (Foto: Foto: dpa)

Melaine Walker aus Jamaika hat die Gold-Medaille über 400-m-Hürden gewonnen und damit die Nachfolge von Athen-Siegerin und Doping-Sünderin Fani Halkia angetreten. Die 25 Jahre alte Weltranglistenerste Walker lief 52,64 Sekunden und holte damit bereits das vierte Leichtathletik-Gold für den Karibik-Staat in Peking. Silber gewann Sheena Tosta (USA/53,70), Bronze Tasha Danvers (Großbritannien/53,84).

Sprinter Usain Bolt aus Jamaika hat auch die 200-m-Konkurrenz mit Weltrekord gewonnen. Der 100-m-Olympiasieger, der bereits bei seinem Sieg im kurzen Sprint in 9,69 Sekunden einen Weltrekord aufgestellt hatte, lief über die doppelte Distanz 19,30 Sekunden. Damit unterbot er die alte Bestmarke des Amerikaners Michael Johnson (19,32), die dieser bei den Spielen 1996 in Atlanta aufgestellt hatte, um zwei Hundertstelsekunden. Silber gewann Churandy Martina (Niederländische Antillen) in 19,82 Sekunden. Der ursprünglich drittplatzierte Wallace Spearmon (USA/19,95) wurde nachträglich wegen Verlassens seiner Bahn disqualifiziert. Dadurch rückte sein US-Landsmann Shawn Crawford, der in 19,96 eine Hundertstel langsamer gelaufen war, auf den Bronze-Rang vor. Der letzte Doppel-Erfolg über 100 und 200 m war Carl Lewis 1984 in Los Angeles gelungen.

Als Weltmeisterin Betty Heidler sich selbst ins Aus geworfen hatte, wuchs das "Gespenst von Athen" in Peking auf eine bedrohliche Größe an: Nach sechs Tagen ohne Edelmetall droht Deutschlands Leichtathleten nach 2004 das zweite sieglose Olympia seit 1956. Selbst die größte Pleite der Geschichte ist nicht mehr auszuschließen, wenn am Donnerstag Speerwurf-Ass Christina Obergföll nicht sticht und am Samstag Hochspringerin Ariane Friedrich an einer Medaille scheitert. "Ich hatte ja schon vor Olympia gesagt, dass nicht auszuschließen ist, dass wir wie in Athen nur zwei Medaillen holen. Zumindest dieses Ergebnis ist noch möglich", sagt Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Daraus leitet er aber auch Forderungen ab: "Der DLV wurde nach 2004 mit dramatischen Mittelkürzungen bestraft. Unter diesen Bedingungen ist es extrem schwierig, angesichts der immer stärkeren Globalisierung und Leistungsentwicklung in der Welt mitzuhalten. Hier muss es nun von Sport und Politik nach Peking Antworten geben." Dem DLV fehlten nach den Kürzungen von 2004 bis 2007 jährlich rund 650.000 Euro oder fast 20 Prozent seiner vorherigen Etatmittel. Erst 2008 wurde das System geändert, zu spät, um für einen Erfolg in Peking gute Rahmenbedingungen zu schaffen.

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Der schwedische Ringer Ara Abrahamian hat nach der Aberkennung seiner Bronzemedaille wegen unsportlichen Verhaltens den Internationalen Sportgerichtshof CAS angerufen. Demnach soll der oberste Sportgerichtshof klären, ob die Entscheidung, das Ergebnis des Kampfes nachträglich zu verändern, der olympischen Charta entspricht. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte dem Ringer die Medaille in der Klasse bis 84 kg im griechisch-römischen Stil aberkannt. Der Goldfavorit hatte aus Verärgerung über sein verlorenes Halbfinale seine Bronzemedaille nach der Siegerehrung achtlos auf die Matte geworfen. Er fühlte sich in seinem Halbfinalkampf gegen den späteren Olympiasieger Andrea Minguzzi aus Italien benachteiligt und erklärte nach dem Vorfall seinen Rücktritt.

Tränenreich haben die deutschen Turmspringerinnen Christin Steuer aus Riesa und Annett Gamm aus Dresden den Vorkampf beendet. Die 31-jährige Gamm wurde unter den 29 Starterinnen mit 234,30 Punkten Letzte. Die Weltmeisterschafts-Dritte Steuer scheiterte mit 290,80 Zählern als 19. knapp an der nächsten Runde. Am besten präsentierten sich Chinas Synchron-Olympiasiegerinnen Ruolin Chen und Xin Wang. Chen (428,80) setzte sich vor rund 8000 Zuschauern knapp vor ihrer Duett-Partnerin Wang (420,30) durch.

Im olympischen Softballfinale kommt es zu einer Neuauflage des Endspiels von 2004 in Athen. Im Halbfinale setzten sich die USA mit 4:1 gegen den Olympia-Dritten Japan durch, Australien bezwang den Olympia-Fünften Kanada mit 5:3. Vor vier Jahren hatten die USA das Endspiel mit 5:1 gewonnen.

Lokalmatadorin Wu Yingyu hat die erste Taekwondo-Entscheidung gewonnen. Die Weltmeisterin bezwang im Finale der Klasse bis 49 kg Buttree Puedpong aus Thailand. Die Bronzemedaillen sicherten sich Daynellis Montejo aus Kuba und Dalia Contreras Rivero aus Venezuela, die Europameisterin Sumeyye Gulec aus Nürnberg in der ersten Runde ausgeschaltet hatte. Der Mexikaner Guillermo Perez hat sich die erste Medaille bei den Männern gesichert. Der Vize-Weltmeister gewann im Finale nach Kampfrichterentscheid gegen Yulis Gabriel Mercedes aus der Dominikanische Republik, der seinem Land die dritte Medaille bei Olympischen Spielen sicherte.

Im Finale der Beachvolleyballer kommt es zum Gold-Duell der Topfavoriten. Die an Nummer eins gesetzten Weltmeister Philip Dalhausser/Todd Rogers aus den USA bekommen es am Freitag mit dem brasilianischen Duo Marcio Araujo/Fabio Luiz zu tun. Die Südamerikaner setzten sich am Mittwoch gegen ihre Landsmänner und Athen-Olympiasieger Ricardo Santos/Emanuel Rego mit 22:20, 21:18 durch und greifen nach dem größten Erfolg seit ihrem WM-Sieg 2005 in Berlin.

Zum Auftakt des olympischen Turniers mussten die deutschen Taekwondoka zwei Niederlagen hinnehmen. Bei den Frauen unterlag Europameisterin Sümeyye Gülec in der Klasse bis 49 kg gegen Dalia Contreras Rivero aus Venezuela. Die 18-jährige Nürnbergerin verlor 2:4. Auch der dreimalige EM-Titelträger Levent Tuncat aus Laar startete mit einer Niederlage in den Wettbewerb. Gegen Rohullah Nikpai aus Afghanistan gab es ein 3:4. Beide deutschen Taekwondoka müssen nun darauf hoffen, dass ihre Gegner ins Finale einziehen, sodass sie noch über die Trostrunde eine Möglichkeit auf Bronze erhalten.

Zum Wetter: Der zwölfte Wettkampftag hat mit Sonnenschein begonnen. Am Himmel über der chinesischen Hauptstadt waren am Mittwochmorgen keine Wolken zu sehen. Die Temperaturen sollen am Nachmittag auf Spitzenwerte knapp über 30 Grad steigen. Auch die Langstreckenschwimmer an der Kanu-Rennstrecke hatten an ihrem ersten Wettkampftag hochsommerliche Bedingungen. Die Luftfeuchtigkeit liegt zwischen 70 und 80 Prozent. Für die Entscheidungen der Leichtathleten am Abend wurde ein bewölkter Himmel über dem Pekinger Nationalstadion prognostiziert. Die Segler in Qingdao müssen sich bei Sonnenschein auf Flaute einstellen. Erst am Donnerstag frischt der Wind dort wieder deutlich auf. In Peking sind dann einzelne Gewitter bei niedrigeren Temperaturen um 20 Grad vorhergesagt.

Zu Olympia kompakt vom Vortag Zu Olympia kompakt vom 10. Wettkampftag

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