89. Tour de France:Champion der Herzen

Sie nennen in Jaja oder Papa Panda: Laurent Jalabert hat die Franzosen mit seinen Rücktrittsabsichten und seinem Engagegement noch mehr für sich eingenommen.

Andreas Burkert

(SZ vom 22.07.2002) - Die Augen, in die Frankreich nun seit zwei Wochen schaut, sie sind mokkabraun, und die Franzosen finden, Laurent Jalabert schaut aus diesen Augen, über denen dichte Brauen liegen, wie ein melancholischer Pandabär. Papa Panda nennen sie ihn, auf seinem Weg hinauf zum Mont Ventoux standen wieder zahlreiche dieser Stofftiere, Pandabären mit dunklen Augen. Samstag in Béziers hat man ihn wieder so gesehen, melancholisch und ein wenig traurig, denn erneut hatten ihn die anderen nicht zum Etappensieg entkommen lassen. Die Franzosen feiern ihn trotzdem.

jalabert_dpa

Der Liebling der Franzosen

"Ich kann die Tour nicht gewinnen"

"Bravo Laurent!" rief der Streckenfunk in sein Mikrophon, drei Tage lang, an denen ihr Mann insgesamt 429 Kilometer allein vor dem Feld rollte, als einsamer Animateur. "Jalaberts Tour d'honneur" formulierte L'Équipe am Sonntag Den Ventoux erreichte er gestern weit hinter Landsmann Richard Virenque. Doch die Huldigungen für den 33-Jährigen haben längst bizarre Ausmaße angenommen.

Diese Saison wird seine letzte sein, das hatte Jalabert voriges Jahr angekündigt, "denn ich habe daheim ein Versprechen abgegeben". Zu Hause am Genfer See warten seine Frau Sylvie mit den Töchter Pauline und Charlotte. Die Familie erlebt am Fernseher, wie der gelernte Weinbauer nach seinen zwei Tageserfolgen im letzten Jahr nun endgültig in den Herzen der Franzosen eingetroffen ist. Das ist eine schöne Ironie, dass ihm dies ausgerechnet bei der Tour gelungen ist, die er immer gehasst hat, weil er von ihr sagen musste: "Ich kann sie nicht gewinnen."

"Ich habe mich mit der Tour arrangiert"

1995 schien er als Gesamtvierter, Etappensieger und Gewinner des Grünen Punktetrikots Frieden mit ihr geschlossen zu haben. Doch es folgten Enttäu-schung auf Enttäuschung und bei der Skandaltour '98 seine peinliche Rolle als Streikführer. Wie die übrigen spanischen Teams kehrte auch sein Once- Team dem Rennen den Rücken. Jalabert schimpfte auf die Ermittler, den Verband, die Tour.

Er verabschiedete sich ins Schweizer Exil und verkündete 1999, nicht mehr in Frankreich zu starten. 2000 kehrte er zurück, jetzt sagt er: "Ich habe mich mit der Tour arrangiert." Geholfen hat ihm Bjarne Riis, für dessen dänischen Rennstall CSC Tiscali fährt Jalabert im zweiten Jahr. Riis lässt ihm alle Freiheiten."

"Ich möchte das Bergtrikot gewinnen"

Weiterhin trägt er das Bergtrikot, das er schon voriges Jahr gewann, weil er die Punkte früh am Tag als Solist einsammelt. "Ich möchte das Bergtrikot gewinnen", sagte Jalabert, "damit sie mich König der Berge nennen können, obwohl ich das vielleicht gar nicht bin." Als größte Erfolge hat er Siege bei Mailand - San Remo und der Vuelta (jeweils '95) '97 vorweisen. Lance Armstrong sagt: "Er ist eine Legende." Das ist er. Ein Champion der Herzen.

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