4:0-Sieg von Bayern München:Unwichtiges Spiel liefert wichtige Antworten

Bayern München - Olympiakos Piräus

Die Bayern feiern ihren lockeren Sieg.

(Foto: dpa)

Aus dem Stadion von Sebastian Fischer

Plötzlich schallte ein Seufzer kollektiver Überraschung durchs Stadion. Robert Lewandowski hatte den Ball soeben mit der Stirn gestreichelt wie ein Seelöwe, dann hatte er ihn mit dem Spann gestoppt, als wäre der Ball dort festgeklebt und sich an zwei Verteidigern vorbei gewunden. Alles ganz normal. Doch dann geschah das Unglaubliche. Lewandowski schoss den Ball am Tor von Olympiakos Piräus vorbei. Einfach so.

Man muss wissen, dass der Dienstagabend für die Fußballer des FC Bayern mal wieder so einer war, an dem eigentlich alles funktionierte. Als Lewandowski in der 24. Minute das Tor verfehlte, war bereits dreimal die Anfangsmelodie von "Seven Nation Army" verklungen. "Seven Nation Army" spielen sie in der Fröttmaninger Arena bekanntlich nach Toren der Heimmannschaft, und in der 24. Minute führte die Heimmannschaft gegen Piräus 3:0. Am Ende brachte sie ein 4:0 (3:0) in die Wertung, in Unterzahl.

Bayern sichert sich den Gruppensieg

Der FC Bayern hat nun Platz eins in der Gruppe F sicher und steht im zwölften Jahr in Serie im Achtelfinale. "Es ist immer wichtig, dass man Erster wird. Das bringt einem im Achtelfinale den Vorteil, dass man das Rückspiel zu Hause hat. So kann man das Jahr abschließen", sagte Kapitän Philipp Lahm.

Bayerns Trainer Pep Guardiola hatte dieses handelsüblich daherkommende Champions-League-Heimspiel mit der ihm eigenen Intensität aufgeladen, es handele sich um das "wichtigste Spiel der Saison", ja: "ein Finale". Zu seiner Verteidigung war am Dienstag zu sagen, dass die Begegnung mit dem griechischen Dauermeister tatsächlich ein paar spannende Fragen beantworten sollte.

Die wichtigste war eine, auf deren Antwort Guardiola keinen Einfluss hatte. Es war der erste Spieltag in der Königsklasse nach den Anschlägen von Paris, deshalb galten rund um die Arena erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. Fast 1000 Beamte seien im Einsatz, twitterte die Münchner Polizei. Bayerische Hooligans hatten am vergangenen Bundesligaspieltag beim Spiel in Schalke randaliert, mehr als 4000 Fans aus Piräus waren nun angereist. Die wichtigste Antwort: Rund ums und im Stadion blieb alles friedlich.

Guardiolas Studien des griechischen Meisters, der noch immer gute Chancen auf das Achtelfinale besitzt, hatten offenbar eine große Schwäche im Spielaufbau von Olympiakos ausgemacht. Der Trainer stellte fünf Stürmer auf: Robert Lewandowski, Arjen Robben, Thomas Müller, Douglas Costa und, etwas überraschend, auch den Franzosen Kingsley Coman. Guardiola wies alle wild fuchtelnd an, die Außenverteidiger früh unter Druck zu setzen.

Bayern überrollen Piräus in 20 Minuten

So ergab sich ein Spiel, bei dem die Gäste noch weniger als erwartet mitspielten. Die Bayern stellten die gegnerische Hälfte zu, und so stand zwangsläufig immer dort, wo der Ball hinprallte, ein Münchner. Zunächst in der achten Minute, als Douglas Costa nach einem Fernschuss von Jérôme Boateng den Abpraller in die rechte Ecke schoss, 1:0. Genauso acht Minuten später, als Lewandowski in der Schussbahn von Coman stand. Der Pole hatte wohl Kleber an seinen Stutzen angebracht, anders war es nicht zu erklären, dass der Ball nicht wegsprang, sondern an seinen Beinen haften blieb, 2:0. Weitere vier Minuten später drückte Müller nach Vorlage von Robben den Ball zum 3:0 ins Tor. In der 33. Minute wechselte Guardiola den Niederländer gegen Joshua Kimmich aus, eine Vorsichtsmaßnahme wegen muskulärer Beschwerden. Das Spiel war ja schon gewonnen.

Weil die Griechen nach der Halbzeit noch nicht die Heimreise antraten, sondern mürrisch wieder auf den Platz trabten, blieb Zeit für die Beantwortung weiterer Fragen. Es geht für die Leitung des Rekordmeisters ja in diesen Tagen ja auch darum, an der Mannschaft der Zukunft zu feilen. Bei der Jahreshauptversammlung am Freitag soll die Vertragsverlängerung von Verteidiger Boateng bis 2021 als erste Erfolgsmeldung verkündet werden, das machte am Dienstagmorgen die Runde.

Boateng gab dazu später keine Auskünfte, er stellte lediglich fest, dass man "wieder eine konzentrierte Leistung" erbracht und bewiesen habe, "dass wir zu Recht da oben stehen".

Während der Partie durfte dann noch ein weiterer Verteidiger, dem in München eigentlich die Zukunft gehören sollte, mal wieder von Beginn an spielen. Erstmals seit 217 Tagen stand Holger Badstuber in der Startelf. Nun würde niemand an der Tauglichkeit des Nationalspielers für die Münchner Zukunft zweifeln. Würden in seiner Krankenakte nicht eine Schambeinreizung, zwei Kreuzbandrisse, ein Sehnenriss und ein Oberschenkelmuskelriss stehen. Würde er nicht schon älter wirken als seine 26 Jahre.

Badstuber liefert die unerfreuliche Fußnote

Badstubers Geschichte war die unerfreuliche Fußnote unter dieses Spiel aus Münchner Sicht: In der 53. Minute wurde er nicht zum ersten Mal überlaufen. Und anstatt ihm die Möglichkeit zum 3:1 zu gestatten, rangelte Badstuber in vollem Lauf mit dem Angreifer, sah die rote Karte; auch wenn sein Gegenspieler Ideye Brown erst gefallen war, als Badstuber seinen Arm zurückgezogen hatte. Er lief dennoch hadernd in den Kabinengang, er weiß: Der FC Bayern der Zukunft verzeiht keine Fehler, nicht beim Gegner und nicht bei sich selbst.

Piräus spielte danach noch ein bisschen mit, was Guardiola später wohl zu folgendem Urteil verleitete: "Mit dem Ball waren wir heute nicht perfekt, wir haben viele einfache Bälle verloren." Wobei den Münchnern ja nie die Kontrolle entglitt, selbst in Unterzahl. Coman traf in der 70. Minute per Kopfball zum 4:0, die "Seven Nation Army" dröhnte durchs Stadion. Allerdings mit einer Minute Verzögerung. Als wäre es ihnen selbst irgendwie unangenehm.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: