2. Runde im DFB-Pokal:Besiegt vom Ehemaligen

Der frühere Münchner Sascha Rösler ist an allen drei Düsseldorfer Toren gegen seinen alten Klub 1860 beteiligt. Gladbach fällt gegen Drittligist Heidenheim über 120 Minuten kaum etwas ein - dann sichert Torhüter ter Stegen Lucien Favres Team doch noch das Weiterkommen. Der FCA spielt bei RB Leipzig lange Zeit ebenso einfallslos, ehe ein Konter mit dem Siegtreffer für die Schwaben endet.

Natürlich war es ein ehemaliger Sechziger. Es gibt sie schließlich überall in Deutschland, man könnte einen guten Bundesligisten aus ihnen zusammenstellen. Diesmal scheiterte 1860 München also an Sascha Rösler. 18 Monate lang, bis Juni 2010, hatte der bald 34-Jährige das Trikot der Weißblauen getragen, doch inzwischen ist er bei Fortuna Düsseldorf gelandet und vermutlich ein gutes Stück glücklicher. Am Dienstagabend leistete er seinen Beitrag, um gegen seinen einstigen Klub 3:0 (2:0) zu gewinnen, denn an allen Toren war er beteiligt.

Es war keine Überraschung, Fortuna ist derzeit die vermutlich heimstärkste Mannschaft Europas: Sie ist daheim seit September 2010 nun 21 Mal in Serie unbesiegt, wobei ihr 20 Siege gelangen (nur gegen Paderborn gab es ein 0:0). In dieser Saison wurde jedes der sechs Zweitligaspiele mit mindestens zwei Toren Unterschied gewonnen, darunter im August das 3:1 gegen 1860. Es ist also keine Schande, in Düsseldorf zu verlieren. "Es war eine verdiente Niederlage", gab Benjamin Lauth zu, "aber sie war zu hoch." Und "unglücklich", fand Trainer Rainer Maurer. Und sogar vermeidbar.

Nachdem die Münchner das Spiel fast übermotiviert begonnen hatten - zwei Fouls innerhalb der ersten halben Minute, Gelb gegen Schindler nach 26 Sekunden -, sahen sie sich ein paar Minuten lang überfallartigen Angriffen der Düsseldorfer ausgesetzt. Da diesen aber die Präzision fehlte, kamen die Münchner allmählich besser ins Spiel. Man merkte ihnen nicht an, dass sie zuletzt vier Spiele lang keinen Sieg feiern konnten. Schon in der siebten Minute tauchte Lauth am gegnerischen Strafraum auf, steckte den Ball durch zu Kevin Volland, der aus spitzem Winkel übers Tor schoss. Wenig später unterschätzte die Düsseldorfer Deckung eine Hereingabe von Arne Feick, doch Stefan Aigner erwischte sie nur mit dem Knie, weshalb er den Ball nicht genau kontrollieren konnte.

Doch die Fortuna ist daheim ein Biest, das man nicht ärgern sollte. Just in dieser Phase bekam Rösler den Ball in der eigenen Hälfte, öffnete das Feld mit einem Querpass. Links sprintete Oliver Fink durch den freien Raum und bediente van den Bergh. Dessen Querpass am Fünfmeterraum versuchte Collin Benjamin zu klären, doch stattdessen fälschte er den Ball zum 0:1 ins eigene Tor ab.

Danach wiederholte sich der Spielverlauf der ersten Minuten. Die Sechziger kombinierten solide und hatten dank Daniel Bierofka einige gefällige Momente im Mittelfeld, immer aber wenn es in den Strafraum ging, wurden die Aktionen zu ungenau. Oder der Abschluss fehlte - wie in der 25. Minute, als ein scharfer Eckball von Benjamin Lauth an allen Spielern vorbei durch den Fünfmeterraum flog. Kurz darauf durfte Feick den Ball fast seelenruhig links am Strafraumeck annehmen, doch auch sein Schuss strich über ein Meter über das Düsseldorfer Tor.

Ungleich effektiver waren die Gastgeber, vorneweg Rösler. Der Freigeist hatte ein paar Pausen eingelegt und minutenlang Pech mit seinen Pässen in die Spitze gehabt, doch in der 39. Minute gewann er in der eigenen Hälfte einen Zweikampf. Während Feick am Boden liegen blieb, zeigte Rösler im Laufen an, nicht gefoult zu haben, leitete den Konter über Bröker ein, der seinerseits bemerkte, dass der Passgeber ihm gefolgt war und diesen links schickte. Am Strafraumeck angelangt, hatte Rösler im Grunde nur eine ernsthafte Option: eine Flanke auf den einzigen mitgelaufenen Teamkameraden, Maximilian Beister.

Rösler setzte mit seinem gefürchteten linken Fuß an, doch statt zum Elfmeterpunkt segelte der unterschnittene Ball tückisch Richtung Tor, wo er sich hinter dem verdutzten Torwart Gabor Kiraly und kurz vor Pfosten ins Netz senkte. Rösler, der damit in jedem der letzten zehn Heimspiele mindestens einmal traf, lächelte verschämt ("Ich hatte mich schon geärgert, weil mir der Ball versprungen war"), und die Fortuna hatte das Kunststück fertig gebracht, ohne eine ernsthafte Möglichkeit zwei Tore erzielt zu haben. "Das Tor ist sinnbildlich für dieses Spiel", sagte Lauth, "und für eine Mannschaft, die Selbstvertrauen hat."

Maurer musste sein Team in der Halbzeit aufbauen ("Sie waren down!"), aber man konnte den Gästen nicht vorwerfen, dass sie sich in ihr Schicksal gefügt hätten. Sie hatten mehr Ballbesitz, auch weil die Fortuna sich relativ weit zurückzog und auf Konter lauerte. Dennoch kam nicht viel mehr heraus als ein paar Halbchancen, sieht man einmal von einem Kopfball ab, den Benjamin nach einem Lauth-Freistoß nur knapp neben den Pfosten setzte (81.).

Als alle auf den Schlusspfiff warteten, durfte Sascha Rösler noch einmal ran. Er hatte ein paar gefährliche Freistöße getreten und sich noch mehr Kunstpausen gegönnt als vor dem Wechsel, aber in der Nachspielzeit profitierte er davon, dass Benjamin den durchgeeilten Adriano Grimaldi im Strafraum foulte. Während der Münchner nach dieser Notbremse den Platz verlassen musste, besprach sich Rösler mit Grimaldi ("Ich musste ihn schon ein bisschen bearbeiten"), nahm sich den Ball und vollstreckte locker zum 3:0-Endstand. "Es war ein bitterer Abend für uns", resümierte Trainer Rainer Maurer, "aber ich finde, man muss heute unterscheiden zwischen dem Ergebnis und unserer Leistung." (Milan Pavlovic)

Gladbach duselt sich weiter

Was wäre das für eine Welt, wenn es den DFB-Pokal nicht gäbe? All die Wunder, Heldengeschichten und Großtaten mutiger Kleiner hätte es nie gegeben. Auch in der Ostalb, das liegt im Schwäbischen, hatten sie an diesem Abend auf einige solcher lichter Momente gehofft, doch es wurde nichts draus. Der Drittligist 1. FC Heidenheim unterlag am in der zweiten Runde des DFB-Pokals Borussia Mönchengladbach mit 3:4 (0:0, 0:0) im Elfmeterschießen, nachdem nach 120 Minuten keine Tore gefallen waren.

Favre, coach of Borussia Moenchengladbach, gestures during their DFB second round German soccer cup match in Heidenheim

Gerade noch davongekommen: Gladbachs Trainer Lucien Favre freut sich über den knappen Sieg gegen Heidenheim. 

(Foto: REUTERS)

In der ersten Runde hatte die Mannschaft von Trainer Frank Schmidt durch einen 2:1-Erfolg gegen Werder Bremen bundesweit Schlagzeilen geschrieben. Für den wenig überzeugenden Tabellensiebten, der damit zum zweiten Mal nacheinander das Achtelfinale erreichte, verwandelte Martin Stranzl den entscheidenden Strafstoß und Torhüter Marc-Andre ter Stegen hielt zwei Elfmeter.

Heidenheim war kein unbekannter Gegner für die Gäste aus Nordrhein-Westfalen. Im Sommer gewannen der Bundesligist schon einmal in Württemberg - im Testspiel mit 3:1. Doch damals war Marc Schnatterer mit dabei. Der Heidenheimer Kapitän, der ein Tor erzielte und auch beim Sieg gegen Bremen mit zwei Treffern auffälligster Spieler war, saß gegen Gladbach aber auf der Tribüne. Er leidet an den Folgen eines Mittelfußbruchs. Mit dem Ergebnis des Vorbereitungsspiels wäre Gladbachs Trainer Lucien Favre diesmal im mit 10.000 ausverkauften Albstadion sehr zufrieden gewesen.

Denn die Heidenheimer sind in der dritten Liga nicht irgendeine Mannschaft, sondern Tabellenvierter und seit sechs Pflichtspielen ungeschlagen. Entsprechend couragiert begann das Team die Partie. Doch die beste Chance hatte der Erstligist, der gegenüber der 0:1-Niederlage zuletzt in Hoffenheim mit drei neuen Akteuren in der Startelf spielte. Der Schuss von Nationalspieler Marco Reus ging allerdings an den linken Pfosten (25.), nachdem Heidenheims Torhüter Frank Lehmann den Ball von Roman Neustädter nur vor die Füße von Reus gefaustet hatte. Gladbach war ballsicherer, technischer besser als die Heidenheimer, die erst zum dritten Mal in der Vereinshistorie zu einem DFB-Pokalspiel antraten.

Der Außenseiter beschränkte sich allerdings nicht nur auf die Verteidigung des 0:0. Heidenheim spielte auch geschickt und mutig nach vorne. In Andreas Spann und Nico Frommer konnte die Heimelf auch zwei Spieler mit Bundesligavergangenheit aufbieten. Und Ironie des Schicksals war, dass die beiden Stürmer schon einmal für Mönchengladbach spielten. Ausgerechnet. Und Spann hatte in der 33. Minute mit einem Schlenzer auch eine gute Tormöglichkeit. Die beste hatte allerdings drei Minuten später Richard Weil nach feinem Doppelpass mit Christian Essig. Sein Abschluss im Strafraum war allerdings zu harmlos, sodass Marc-Andre ter Stegen den Ball sicher fangen konnte.

Auch nach dem Seitenwechsel gelang des den Gladbachern nicht, ihre spielerischen Vorteile in zwingende Torchancen umzuwandeln. Sie kombinierten zwar ganz ansehnlich, aber die Heidenheimer Abwehrspieler konnten sie so nicht in Verlegenheit bringen. Am gefährlichsten war es noch, als Reus in der 77. Minute einen Haken zu viel machte. Drei Minuten später hätte dann Sandro Sirigu der Held des Abends werden können.

Der rechte Außenverteidiger lief allein auf ter Stegen zu, doch der Torhüter ahnte den Heber des Heidenheimers voraus. Nach 90 Minuten blieb es beim 0:0, sodass die 30-minütige Verlängerung die Entscheidung bringen musste. Die Extraspielzeit verlief ohne größere Höhepunkte, wenn man mal vom Schüsschen von Reus absieht. Logische Folge: Elfmeterschießen. Dort sicherte dann Gladbachs Torhüter ter Stegen das Weiterkommen.

Erfolg der Augsburger Rumpftruppe

RB Leipzig v FC Augsburg - DFB Cup

Der Moment, als Leipzig geschlagen war: Augsburgs Daniel Brinkmann erzielt das 0:1.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Wer RB Leipzig immer noch für einen humorfreien Retortenklub hält, der sollte sein Urteil allmählich mit der Realität abgleichen. In den vergangenen Tagen hat der Verein in der Stadt der scheinbar ewigen Fußballtristesse Badelatschen verkauft, die "Augsburger Pokalschlappen" hießen. Es hat in diesem Land schon schlechtere Marketingideen gegeben. Und man hat in der zweiten Runde des DFB-Pokals auch schon wesentlich langweiligere Regionalligateams erlebt. Der Bundesligist FC Augsburg hat sich bei seinem glücklich herbeigewürgten 1:0 in Leipzig jedenfalls überaus schwer getan. Über weite Strecken sah es sogar so aus, als hätten die Augsburger sich nichts sehnlicher als ein Paar Pokalschlappen gewünscht.

Schon der Blick auf die Aufstellung des FCA gab Anlass zu derartigen Spekulationen: Entweder war Trainer Jos Luhukay so frei, das Gastspiel beim Viertligisten mit einer B-Elf zu bestreiten. Oder aber er war in dieser Bundesligasaison bislang stets mit einer B-Elf angetreten, um seine eigentlichen Topkräfte für dieses Pokalspiel in Leipzig zu schonen. Von der Mannschaft, die am Freitag in Bremen gepunktet hatte, fand sich diesmal jedenfalls einzig und allein der Niederländer Lorenzo Davids in der Startelf wieder. Neben den Verletzten Simon Jentzsch und Axel Bellinghausen waren auch die Unverletzten Uwe Möhrle, Daniel Baier und Sascha Mölders erst gar nicht mit angereist. Mutig war Luhukays Strategie in jedem Fall, zumal RB Leipzig in der ersten Pokalrunde bekanntlich die A-Elf des VfL Wolfsburg besiegt hatte und es sich bei diesem Klub ohnehin nicht um einen klassischen Viertligisten handelt: Er spielt in einem erstklassigen Stadion, hat inzwischen zumindest ein zweitklassiges Publikum (am Dienstag kamen 34.341 Zuschauer), und während die Augsburger Startelf mit der Erfahrung von insgesamt 191 Bundesligaeinsätzen in diese Partie Spiel ging, brachte es die Leipziger Anfangsformation immerhin auf stolze 203 Erstligaspiele.

Der vermeintliche Außenseiter übernahm angetrieben vom Bundesligaveteranen Timo Rost, 33, von Beginn an die Initiative. Seine glänzende Glatze war so etwas wie das Orientierungslichtlein, sie tauchte überall auf, wo es gerade spannend zu werden drohte. Der in Wolfsburg als Pokalschreck bekannte Daniel Frahn strahlte zumindest in der ersten Halbzeit mehr Torgefahr aus als ganz Augsburg zusammen. Die Gäste gaben vor der Pause keinen einzigen nennenswerten Schuss in Richtung des ehemaligen Bremer Keepers Pascal Borel ab.

Im zweiten Teil des Abends relativierte sich dieser Eindruck zumindest teilweise. Und als es Luhukays Rumpftruppe dann doch einmal nach 71 Minuten mit einer strukturierten Offensivaktion versuchte musste man sich sogleich fragen: Warum nicht gleich so? Andererseits stellte sich so Überraschungseffekt ein, einen solch feinen Steilpass wie den von Tobias Werner hatte die Leipziger Hintermannschaft den Gästen offenbar nicht mehr zugetraut. Einzig der Augsburger Daniel Brinkmann glaubte noch an ein derartiges Kunststück aus dem Kreis seiner Mitspieler, und wie er dann den Ball im Netz versenkte, das war schon fast wieder erstligatauglich.

Der Regionalligist ließ sich trotzdem nicht entmutigen, er spielte weiter wacker nach vorne und schnürte Augsburg am Ende regelrecht ein. Rockenbach da Silva hatte zehn Minuten von dem Ende eine von zahlreichen Ausgleichsmöglichkeiten auf dem Fuß. Sein Schuss strich nur Zentimeter am linken Pfosten vorbei. "Man hat heute keinen Klassenunterschied erkennen können", sagte Timo Rost. Das stimmte nicht ganz. In der Schlussviertelstunde war RB Leipzig eine Klasse besser. Luhukay räumte derweil ein: "Ich hätte mir mit dieser Aufstellung sicher einiges anhören müssen, wenn es nicht geklappt hätte." Das stimmte wohl. (Boris Herrmann)

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