1860-Präsidentschaftskandidat Cassalette:Mit Neugier und Stofflöwe

TSV 1860 München

Robert von Bennigsen (li.) und Karl-Christian Bay (re.) vom 1860-Verwaltungsrat sowie die Kandidaten Hans Sitzberger (2.v.l.) und Peter Cassalette.

(Foto: Stefan Matzke/sampics)
  • 1860 stellt den Präsidentschaftskandidaten Peter Cassalette vor.
  • Der setzt das Verhältnis zu Investor Hasan Ismaik auf die Agenda.
  • Von 15. November an, sofern ihn die Mitglieder wählen, ist er dann Präsident.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Zur Vorstellung seines Präsidentschaftskandidaten lud der Fußball-Zweitligist TSV 1860 München in ein innovatives Bürogebäude nach Sendling, einen so genannten "Co-Working-Space", der laut Eigenwerbung ein "Arbeitsraum für Neugierige mit Ideen, Projekten und Haltung" ist. Das setzte Peter Cassalette, 62, natürlich ein bisschen unter Zugzwang. Dass er neugierig ist, steht fest, sonst hätte ihn das Amt wohl eher abgeschreckt. Ob er Haltung besitzt, wird sich weisen, aber es sieht gut aus - als Lieblingsspruch nannte er: "Sage, was du denkst, tue, was du sagst und sei, was du bist."

Was die Ideen und die Projekte anging, tat sich Cassalette hingegen noch schwer - er ist ja nach einem langen Casting durch den Verwaltungsrat erst seit Montag Kandidat und erst ab 15. November, sofern ihn die Mitglieder dann wählen, Präsident. Er setzte sich in dem Auswahlprozess unter anderem gegen den MAN-Betriebsratsvorsitzenden Saki Stimoniaris durch.

"Herausfordernde Aufgabe" in einer unsicheren Situation

Also saßen nun Cassalette, der frühere FTI-Geschäftsführer, und Sponsor Hans Sitzberger als vorgesehener Vizepräsident an vielleicht hipstermäßigen, jedenfalls aber viel zu kleinen Tischchen, die an einen Elternsprechtag in der Grundschule erinnerten. Cassalette hatte einen der über 20 Stofflöwen mitgebracht, die er nach eigenen Angaben besitzt ("ich habe auch ein Casting gemacht und mich für diesen entschieden"). Sein Name werde ohne das zweite e gesprochen, das wisse er, obwohl er nicht gut Französisch spreche: "Der geht über Generationen zurück auf die Hugenotten, aber das will ich jetzt nicht vertiefen."

Sitzberger erzählte von Radi Radenkovic und erweckte Mitleid mit der Aussage: "Sechzig ist für mich Lebensqualität - wenn es Sechzig schlecht geht, geht es mir auch nicht gut." Ganz hinten in der letzten Bank des Auditoriums befand sich Noor Basha, der KGaA-Geschäftsführer und Vertreter des jordanischen Investors Hasan Ismaik. Zum Geschehen wollte er nicht viel sagen: "Das ist ja eher ein e.V.-Thema."

Wenn er sich da mal nicht täuschte. Natürlich präsentierte sich Cassalette als umgänglicher, freundlicher Typ. Und natürlich ist das Präsidium für Schwimmer, Boxer und Skifahrer zuständig. Trotz allem ist der Verein aber immer noch auch Miteigner seiner Profifußballabteilung und entsendet zwei Mitglieder in deren Beirat. Es war nach den einleitenden Anekdoten selbstredend schnell das zentrale Thema, wie Cassalette das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern wahrnimmt. Darauf spielte auch Verwaltungsratschef Karl-Christian Bay an, als er sagte, der Neue übernehme "eine herausfordernde Aufgabe in einer von Unsicherheit geprägten Situation".

Das Verhältnis zu Ismaik sei "nicht unproblematisch und nicht zufriedenstellend", sprach Cassalette, "man muss schauen, ob man einen Weg findet, wie auch immer der dann aussieht". Er wünschte sich ein zeitnahes Treffen, "idealerweise noch vor der Mitgliederversammlung" (was schwierig werden dürfte, weil Cassalette jetzt erst einmal eine Woche nach Mallorca fliegt und sich danach noch den Fanklubs vorstellt). Er kenne Ismaik bislang nicht. "Ich kenne nur Geschichten. Ich will wissen: Ist er zuverlässig in Zukunft, können wir uns darauf verlassen, dass er auch in die Mannschaft investiert? Dann muss man zügig einen Weg in die eine oder andere Richtung finden." Zwei Richtungen sieht Cassalette also - eine gedeihlichere Zusammenarbeit, die sich allerdings schon viele Präsidenten vergeblich wünschten, oder einen Anteilsverkauf Ismaiks, den das vergangene Präsidium auch schon forcieren wollte, bis es entnervt abtrat.

"Knecht des FC Bayern und von Arena One"

Viel wird zunächst, wie immer, von den Sympathiewerten Cassalettes in Abu Dhabi abhängen. "Grundsätzlich komme ich mit allen Menschen relativ gut klar, egal wo sie herkommen", sagte er. Kann nicht schaden. Ismaik wird demnächst mal wieder dringend gebraucht, um durch die Umwandlung von Darlehen in Genussscheine eine Geldstrafe durch die Deutsche Fußball-Liga abzuwenden - dieses Geld wäre nach einem möglichen Anteilsverkauf, im Gegensatz zu Darlehen, für den Investor verloren. Der Jordanier hatte betont, er wolle mal abwarten, wer der neue Präsident werde, und einen Wunsch geäußert: Der e.V. solle nicht so viel in der KGaA mitschnabeln.

Das hat Cassalette auch nicht vor: "Aufs sportliche Tagesgeschäft werde ich nicht einwirken", kündigte er an. Zu den Aktualitäten wie der Frage nach einem Sportdirektor mit Berufserfahrung ("grundsätzlich ist das ein Thema") oder dem neuesten Angebot von Felix Magath ("grundsätzlich ist natürlich alles ein Thema") mochte Cassalette noch nichts Erhellendes sagen.

Deutlicher wurde er hingegen bei der Stadionfrage, die sich neuerdings ja auch Ismaik stellt, zumindest wenn man die Aussagen seines vergangenen Besuches nimmt. "Wir sind im Moment ein Knecht des FC Bayern und von Arena One", sagte Cassalette, "ich bin überzeugt, dass wir ein eigenes Stadion brauchen. Aber dazu brauchen wir einen Investor."

Ismaik, der im August ankündigte, im September mit Oberbürgermeister Dieter Reiter über das Thema sprechen zu wollen, hat dies auch im Oktober nicht getan. Cassalette wird sich also bald neugierig in Abu Dhabi erkundigen - nach Ideen, Projekten und Haltung.

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