1860-Präsident Dieter Schneider:Botschaft an die Putschisten

Schneider 1860

Unter Druck: 1860-Präsident Dieter Schneider.

(Foto: imago sportfotodienst)

Gezielte Indiskretionen im Umfeld machen 1860-Präsident Dieter Schneider nach der Auseinandersetzung mit Investor Hasan Ismaik sichtlich zu schaffen. Seine Gegner wittern die Chance, Schneider zu isolieren - doch der Präsident hat Unterstützer.

Von Gerald Kleffmann und Markus Schäflein

Am Donnerstag verfolgte Dieter Schneider in Belek, was in der Heimat über ihn berichtet wurde. Was er las, konnte ihm nicht gefallen. Von "Intrigen gegen den Präsidenten", wurde geschrieben, dass es "einsam" um den "Ober-Löwen" werde, dass er den Kompromiss mit 1860-Miteigentümer Hasan Ismaik "mit seiner Blockadehaltung beinahe zum Scheitern gebracht" hätte. Zudem wurde das Aus von Sportchef Florian Hinterberger zum Saisonende vermeldet. "Ich kommentiere das nicht", sagte Schneider im Trainingslager telefonisch, hielt aber fest: "Ich bin mehr als überrascht, dass nicht das eingehalten wird, was im Aufsichtsrat beschlossen wurde: dass keine Informationen, welcher Art auch, nach außen gehen."

So muss er es über sich ergehen lassen, dass nach dem im e.V. abgenickten Kompromiss mit Löwen-Investor Hasan Ismaik wieder scharf geschossen wird. Denn dass vor allem der Präsident diskreditiert werden soll, ist offensichtlich. Das, was da abläuft, ist als ein Putschversuch aus dem Hinterhalt zu werten. Absender? Sie gehen nicht aus der Deckung. Er sei "nicht mehr tragbar" - so etwas wird nun von Klubkollegen gestreut. Willkommen bei 1860.

Neu ist nicht, dass sich Schneider als Gesicht des Mehrheitsgesellschafters 1860 und Ismaik als Gesicht des Minderheitsgesellschafters seit Beginn ihrer Partnerschaft aneinander reiben. Neu ist auch nicht, dass die Investorenseite Schneider gerne los wäre. Bisher konnte der 65-Jährige Versuche des Geschäftsmanns aus Abu Dhabi abwehren, der schon zwei Mal auf den Rücktritt seines Gegenspielers hinarbeitete. Zuletzt eskalierte die Lage wieder, Ismaik drohte mit Zahlungsstopp zugesagter Darlehen, sollten Forderungen (Schneider weg, Sven-Göran Eriksson als Trainer, kostspieliger Strategiewechsel) nicht erfüllt werden. Um der abgesicherten Zukunftsplanung willen gestand die Klubseite Ismaik einiges zu, etwa Eriksson als Trainer (Verhandlungen laufen immer noch); der einst beschlossene Business Plan bis 2015 soll dafür wieder greifen. Rücktritte verlangt Ismaik offiziell nicht mehr.

Doch wer dachte, es wird ruhig, täuscht sich. Offenbar wittern interne Gegner die Chance, im Sog des Dauertheaters Schneider zu isolieren. Und es ist offenkundig nicht nur eine Sache, die sich im e.V. abspielt. Auch Hamada Iraki, der Ismaik zu 1860 brachte, ihn vertrat und als Löwen-Aufsichtsrat zurücktrat, ist wieder aktiv. Als eine Art Vermittler, der aber dem Investorenlager zuzuordnen ist. Mit Ismaik besitzt Iraki, der auch mal mit Schneider über Kreuz lag, die 1860-Vermarktungsagentur H.I. Squared.

Als Vorlage der Kritik erweist sich immer mehr jene schicksalhafte Aufsichtsratssitzung des e.V. vom Montag. Aufgrund seiner sturen Haltung zu Forderungen Ismaiks hätte Schneider fast eine Einigung platzen lassen, wird lanciert. Auch dazu wollte Schneider keine Stellung nehmen, er wirkte angeschlagen nach dem Vorwurf, er sei "der Blockierer" und nur von Vize Franz Maget flankiert. "Dann sollte man mich auch zu den Blockierern zählen", bekundet nun der zweite Vizepräsident Wolfgang Hauner und bricht eine Lanze dafür, dass Schneider in dem Verhandlungsmarathon genervt habe. "Es gibt wegen der 50+1-Regel viel zu beachten, das kann man nicht so durchwinken", erklärte er. Die Regel der Deutschen Fußball Liga soll Klubs vor kompletter Fremdbestimmtheit etwa durch Investoren schützen.

Präsidentenwahl steht an

Dass diese Sicht nicht alle so streng haben, ist anzunehmen. Otto Steiner, Chef des e.V.-Kontrollgremiums, winkte Tage vor der Sitzung das Kompromisspapier aus seinem Urlaub in Indien quasi durch ("gangbarer Weg") und teilte direkt vor dem Krisentreffen mit: "Ich hoffe, dass wir bis um zehn fertig sind." Es wurde drei Uhr morgens, was Schneider angekreidet wird. Dabei gab es tatsächlich heikle Punkte. Wie durchsickerte, enthält das Papier explizit Personalwünsche des Investors, die nicht nur Schneider und Maget moniert hätten, sondern auch andere wie Rätin Beatrix Zurek, Mitglied der 1860-Skifraktion: Eriksson soll Cheftrainer werden, Hinterberger gehen und durch einen Mann ersetzt werden, der die Liga kennt.

Die Finanzierung Erikssons, der stets viel verdiente, soll nicht klar geregelt worden sein. Solange der e.V. zu allem steht, dürfte die DFL freilich keine widrige Einflussnahme des Investors sehen. Dass Schneider jedoch Probleme sieht, ist offensichtlich. Zu Eriksson etwa äußerte er sich wenig begeistert. Schneider ist bekanntlich ein Anhänger des jetzigen Trainers Alexander Schmidt, dessen Engagement er eigenmächtig für die Rückrunde verlängert hat.

Schneider hat sich, das ist die andere Komponente, intern auch angreifbar gemacht. Und das wird offenbar ausgenutzt, weshalb schon Namen von möglichen Nachfolgern fallen. Der Boulevard nannte als Kandidaten die Räte Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien - und natürlich Steiner. Der TV-Unternehmer gilt trotz Dementis stets als Präsidentschaftsanwärter.

Klar ist: Für den Präsidenten wird es auch auf die Hinterbänkler im e.V-Rat ankommen, wie die zu ihm stehen. In dem Gremium sitzen noch Klaus Hagl, Klaus Leipold, Hep Monatzeder, Robert von Bennigsen, Christian Waggershauser, Zurek und der ausgefuchste Siegfried Schneider, der vom Präsidenten abgerückt sein soll. Der Zufall will es, dass just in den nächsten Wochen die Amtszeit des Präsidiums endet und der Aufsichtsrat (der nach der Umstellung vom System der Delegierten- auf die Mitgliederversammlung Verwaltungsrat heißt) den TSV-Mitgliedern ein Präsidium zur Wahl vorschlagen wird. Der ideale, weil letzte Moment zum Putschen?

Für Hauner indes gilt nach wie vor der Stand vom 21. Dezember. Von der konstituierenden Aufsichtsratssitzung wurde ihm berichtet, "dass Steiner im Namen des Rates den Wunsch ans Präsidium herantrug, weiterzumachen". Nun will der Kontrollchef nicht mehr das Präsidium, das er sonst stets lobt, bewerten. "Dazu will ich nichts sagen. Da würde ich eine Art Castingbewertung abgeben", sagte der Chefkontrolleur am Donnerstag. In einer Sache ist er mit dem Präsidenten aber einer Meinung: "Was mich frappiert, ist, wie viele interne Details nach außen gelangt sind".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: